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Neue Betriebsmodelle im Vermögensmanagement

Vermögensverwalter und Privatbanken passen ihre Betriebsmodelle rasant an die seismischen Verschiebungen in geschäftskritischen Bereichen an. Für viele gewinnen alternative Beschaffungsmodelle zunehmend an Attraktivität.

Die Studie1 zum Business Process Outsourcing (BPO), die wir in Zusammenarbeit mit leitenden Vermögensverwaltern aus über 65 Finanzinstituten2 durchgeführt haben, hat zehn Erkenntnisse ergeben:

 

1. Vermögensverwalter haben das starke Bedürfnis, standardisierte Prozesse aufzugeben, um sich stärker auf die Wertschöpfung konzentrieren zu können

Rund 56% der Institutionen erachten die Verringerung des Aufwands für standardisierte Prozesse als wichtige Priorität, um sich stärker auf Mehrwert bringende Prozesse konzentrieren zu können. Weniger als ein Zehntel der Teilnehmer gab an, dass dies für ihr Unternehmen nicht von Interesse ist.

Evolving operating models in wealth management

2. Konzentration auf das Kerngeschäft ist der größte BPO-Antriebsfaktor

Unter allen potenziellen Faktoren, die Outsourcing begünstigen, steht der Wunsch, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren, an erster Stelle. 85% der Teilnehmer bewerten diesen Faktor als wichtig oder sehr wichtig. (Dementsprechend bietet nur gut ein Zehntel der Institutionen Vergleichsunternehmen BPO-Dienste an oder zieht dies in Erwägung.)

3. Datensicherheit ist von höchstem Belang, dicht gefolgt von Qualität und Effizienz

Die zweit- und drittwichtigsten Faktoren, die Institutionen zu BPO bewegen, sind der Zugang zu erstklassigen Prozessen (82%) und die Verbesserung der Effizienz durch Industrialisierung (80%). Die Datensicherheit ist für Vermögensverwalter jedoch von höchster Bedeutung: 69% zählen Datensicherheit zu den wichtigsten drei Risikofaktoren.

4. Firmen setzen auf Effizienzgewinne von mindestens 20%

Bei der Bewertung des BPO-Geschäftsfalls würden über neun von zehn (93%) Institutionen Effizienzgewinne von mindestens 20% anstreben, um einen Vertrag einzugehen, und 58% der Teilnehmer sogar 30% oder mehr.

5. Beziehungspflege, Investmentberatung und CRM werden nicht aus der Hand gegeben

Knapp neun von zehn (89%) Teilnehmern vergeben Relationship Manager, CRM und Beraterarbeitsplätze nicht extern. Die Umfrage ergab auch, dass man zurückhaltend ist, Investmentberatungsprozesse und Portfoliomanagement auszulagern. 86% bzw. 83% der Teilnehmer halten diese Aktivitäten im eigenen Betrieb.

Es überrascht daher nicht, dass mehr als die Hälfte (52%) angibt, dass Beziehungspflege und Qualitätsservice die Bereiche sind, in denen ihr Unternehmen Kunden die größte Wertschöpfung bietet. In Großbritannien und Asien und bei Teilnehmern von Privatbanken ist diese Überzeugung sogar noch größer.

6. Kundenbezogene Elemente sind am stärksten maßgeschneidert

Portfoliomanagement gilt bei knapp der Hälfte der Teilnehmer (48%) als maßgeschneiderte/stark maßgeschneiderte Aktivität, dicht gefolgt von Investmentberatungsprozessen (47%) und Produktmanagement und Dienstleistungen (46%).

7. Zahlungen, Corporate Actions und Wertpapiertransaktionen sind reif für BPO

Die am stärksten standardisierten Prozesse in Institutionen sind die Abwicklung von Zahlungen (gilt bei 70% als standardisiert/stark standardisiert), die Bearbeitung von Corporate Actions (68%); die Verfolgung von Wertpapiertransaktionen (66%) und Bankbuchhaltung sowie regulatorischen Meldungen/Steuermeldungen (63%).

Bei Kundenmeldungen gehen die Teilnehmer der Umfrage davon aus, dass sich Outsourcing-Anbieter hier am stärksten hervortun könnten; trotzdem wird Outsourcing hier nur zurückhaltend angenommen.

8. Kosteneinsparungen durch alternative Beschaffung werden für kundenbezogene Technologien verwendet

Die Umfrage weist darauf hin, dass knapp die Hälfte (43%) der Institutionen etwaige Kosteneinsparungen und Kapazitätsverbesserungen durch BPO vorrangig für kundenbezogene Technologien verwenden würden. Bei 72% der Teilnehmer steht dies mit an oberster Stelle. Für 29% der Teilnehmer war eine verbesserte Technologie die Spitzenoption, 74% nannten dies als wichtiges Ziel. Die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen ist bei den Teilnehmern mit 34% eine starke dritte Wahl (bei 71% lag diese Option unter den ersten drei).

Insgesamt ergibt sich, dass die Verbesserung der Technologie für Kunden und Berater sowie die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen zu den drei wichtigsten Prioritäten für 70–74% der Teilnehmer zählen.

9. Steuerdienstleistungen und standardisierte Prozesse stehen an oberster Stelle der Outsourcing-Rankings

Laut der Studie werden folgende Aktivitäten mit am häufigsten komplett ausgelagert: Steuerdienstleistungen (37%); Kundensteuermeldungen (36%); Referenzdaten- und Marktdatenmanagement (31%); Verfolgung und Abwicklung von Wertpapiertransaktionen (32%); digitale Kanäle für Kunden, wie z. B. E-Banking oder mobile Lösungen (29%).

10. Zwei Drittel der Teilnehmer lagern IT zumindest teilweise aus; Verbesserungspotenzial besteht bei kundenbezogenen digitalen Kanälen

Zieht man partielles Outsourcing mit in Betracht, ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Zwei Drittel (65%) der Teilnehmer lagern zumindest einen Teil aus. Dabei steht IT ganz oben, aber auch Investmentrecherche steht hoch im Kurs (52%).

Auch wenn die Studie relativ hohe Outsourcing-Werte bei kundenbezogenen digitalen Kanälen ergab, scheinen diese kein besonders hohes Ansehen zu genießen. Überraschenderweise bewerten 61% der Teilnehmer, die digitale Kanäle vollständig auslagern, das Gesamtangebot entweder als unreif oder sehr unreif.

 

Deloitte‘s Industrialisierung’s Framework

Diese Erkenntnisse zeigen auch, wie wichtig eine Industrialisierung im Bankenbereich ist, um dem zunehmenden Kostendruck Rechnung zu tragen. Auch wenn die Industrialisierung im Bankenbereich kein neues Konzept ist, sind ihre Vorteile bisher noch nicht vollständig verwirklicht worden, da sie bei vielen Banken keine besonders hohe Priorität geniesst.

Monitor Deloitte Financial Services Schweiz hat neun Faktoren ermittelt, wie Banken ihre Industrialisierungsbemühungen verbessern und beschleunigen können. Lesen Sie dazu den Bericht "Evolving operating models in wealth management" [Neue Betriebsmodelle im Vermögensmanagement], der auch den Faktor "Neugestaltung der Wertschöpfungskette" beinhaltet. Diese Faktoren ermöglichen es den Banken, sich zu vollständig industrialisierten Finanzinstituten zu entwickeln, ihre Produktivität zu erhöhen, beträchtliche Einsparungen zu erzielen und gleichzeitig die Fehlerquote zu verringern.

Monitor Deloitte Financial Services Schweiz führt zurzeit eine umfassende Studie zum Grad der Industrialisierung bei Schweizer Banken durch. Führungskräfte aus mehr als 30 Banken nehmen an der Studie teil und geben Informationen aus erster Hand zu Auswirkungen, Vorteilen und Umsetzungsaufwand der einzelnen Faktoren. Die Erkenntnisse aus der Studie werden voraussichtlich im dritten Quartal 2016 veröffentlicht.

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1 Neue Betriebsmodelle im Vermögensmanagement, Mai 2016, WealthBriefing in Kooperation mit Avaloq und Deloitte

2 Geographischer Split: GB: 42%, Schweiz/Luxemburg: 15%, Hong Kong/Singapur: 23%, Andere: 20%

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