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Die Zukunft des Maschinenbaus

Vier Fragen an Oliver Bendig, Partner bei Deloitte

Im Interview gibt Oliver Bendig einen Ausblick auf die Zukunft des Maschinenbaus und ordnet die Ergebnisse der Deloitte Szenario-Analyse „Wachstumsmotor Maschinenbau - Vier Szenarien für eine erfolgreiche Zukunft in 2030“ ein.

Losgelöst von den vier Szenarien „Wachstumsmotor Maschinenbau - Vier Szenarien für eine erfolgreiche Zukunft in 2030“: Steuert der Maschinenbau eher auf ein Unwetter oder auf eine sonnige Zukunft zu?

Oliver Bendig: Definitiv auf eine sonnige Zukunft! Klar, einzelne Gewitter gehören immer dazu, aber die sind auch wichtig, um sich kontinuierlich zu verbessern. Der Maschinenbau ist DER Wachstumsmotor der Wirtschaft in unserer Region – und damit einer der Kerntreiber für unseren Wohlstand. Auch in den letzten Jahrzehnten gab es immer wieder Krisen und Herausforderungen, an denen wir aber immer gewachsen sind. Ich glaube fest an den europäischen Maschinenbau – egal in welche Richtung wir uns entwickeln, die Unternehmen werden weiterhin als Technologieführer global erfolgreich sein und die besten Talente anziehen. Der Schlüssel dazu wird sein, bereits jetzt wichtige Weichen zu stellen, um auch in zehn Jahren noch Weltmarktführer in vielen innovativen Segmenten des Maschinenbaus zu sein.

 

Welches der vier Szenarien hat sie am meisten überrascht – und warum?

Oliver Bendig: Für mich ist Szenario D „Played by the Ecosystem“ hochgradig spannend. In dieser Welt ist der deutschsprachige Maschinenbau weiterhin mit spezialisierten und hochinnovativen Maschinen erfolgreich – aber: Spezifikationen dieser Maschinen werden zunehmend auch durch Dritte festgelegt. Dies stellt eine deutliche Parallele zur Automobilindustrie dar: Bereits heute machen sich viele OEMs Sorgen, dass Google in einigen Jahren definiert, welches Auto gebaut werden soll – egal ob ein Stern, vier Ringe oder ein anderes Emblem auf der Kühlerhaube ist.

Der Maschinenbau muss weiterhin radikal auf Innovation setzen und die konkreten Kundenbedürfnisse dabei in den Mittelpunkt stellen. Solange dies gelingt, wird die „Macht“ immer bei den Maschinenbauern bleiben – nicht bei Google und Co.

 

Auf was kann unser Maschinenbau in Deutschland, Österreich und der Schweiz aus Ihrer Sicht besonders stolz sein? 

Oliver Bendig: Der Maschinenbau steht wie keine zweite Industrie für die Innovationskraft unserer Wirtschaft. Über Jahrzehnte haben wir uns einen exzellenten Ruf und die Weltmarktführerschaft in vielen Sub-Sektoren erarbeitet. Und darauf können wir sehr stolz sein! Jetzt gilt es aber, auf dieser Position aufzubauen und gerade in den digitalen Wachstumsfeldern weiterhin innovativ zu sein. Im Gegensatz zu vielen Software-Unternehmen besitzen Maschinenbauer auch die inhaltliche und technische Tiefe und müssen deswegen auch klar die Richtung vorgeben. Wir dürfen uns nicht unter Wert verkaufen!

 

Welche der acht Handlungsempfehlungen halten Sie für am kritischsten?

Oliver Bendig: Ein starkes Ökosystem aufbauen! Der klassische Maschinenbau denkt immer noch zu oft innerhalb seiner „eigenen vier Wände“. Egal ob Forschung und Entwicklung, Produktion, Vertrieb oder HR, Unternehmen müssen viel mehr auf spezialisierte Partner setzen. Und ja, dies kann auch bedeuten, dass Wettbewerber zusammenarbeiten, damit zum Beispiel Kosten bei der Entwicklung einer IoT-Platform geteilt werden können oder das Risiko im Rahmen von Equipment-as-a-Service-Modellen geteilt werden kann. Der Aufbau einer „Maschinenbau AG“ nach dem Vorbild der früheren „Deutschland AG“ könnte die Stärken unser Maschinenbauer betonen, ohne die individuelle Identität zu vernachlässigen. Ich bin überzeugt, gemeinsam werden wir auch im Jahr 2030 weiterhin der Wachstumsmotor unserer Wirtschaft sein und die führende Maschinenbauregion in der Welt.