Article

Sustainability-Risiken für Banken schließen auch Biodiversitätsverlust mit ein

Warum Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität für das Management finanzieller Risiken relevant sind

Der Verlust der Artenvielfalt ist neben dem Klimawandel eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, und wir als Gesellschaft müssen entscheiden, wie wir damit umgehen wollen. Der Biodiversitätsverlust hat große Auswirkungen auf unsere Wirtschaft. Stakeholder müssen darüber informiert werden, welchen Risiken ihre Investitionen durch Biodiversitätsverlust ausgesetzt sind und was Organisationen tun, um ihre strategische, operationelle und finanzielle Widerstandfähigkeit zu verbessern. Doch wie beeinflusst der Verlust der biologischen Vielfalt auch Finanzinstitute?

Laut dem Weltwirtschaftsforum gehört der Biodiversitätsverlust zu den größten globalen Risiken unserer Zeit. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, wirkt sich der Verlust von Artenvielfalt und Ökosystemen auch auf Finanzinstitute aus. Eine kürzlich von der De Nederlandsche Bank (DNB) publizierte Studie stellt fest, dass der niederländische Finanzsektor mit einem weltweiten Volumen von 510 Milliarden Euro sehr stark auf Biodiversität angewiesen ist. Erfahren Sie in diesem Artikel, welchen Risiken Finanzinstitute durch den Verlust der Artenvielfalt ausgesetzt sind und welche Herausforderungen zur Minimierung dieser Risiken bestehen.

Biodiversität & Ökosystemleistungen

Die Biodiversität und Ökosysteme sorgen für die Regulierung des Klimas, die Sicherung des Nährstoffkreislaufs, die Produktion von Biomasse und die Bindung von Kohlenstoff. Auch unsere Wasser- und Nahrungsmittelversorgung hängt stark von der Biodiversität ab. Eine Vielzahl tierischer und pflanzlicher Organismen ist für die Bestäubung von Pflanzen, die Filtrierung von Wasser und den Rückhalt von Wasser im Boden zuständig. Darüber hinaus ist ein gesunder Boden und ein intakter Nährstoffkreislauf grundlegend für die landwirtschaftliche Produktion. Dieser wiederum wird durch funktionsfähige Ökosysteme gewährleistet.

Die Existenz und das Fortbestehen mehrerer Sektoren wie der Textilindustrie, der Holzindustrie und der Fischereiwirtschaft hängen durch die kontinuierliche Nutzung natürlicher Ressourcen direkt von der Biodiversität ab (Dependencies). Indirekte Folgen des Verlusts biologischer Vielfalt können aber auch andere Sektoren negativ beeinflussen. Die Habitatzerstörung und der allgemeine Biodiversitätsverlust erhöhen das Risiko von Dürrekatastrophen, neu auftretenden Krankheiten, dem Verschwinden von Bestäubern und dem Zusammenbruch der Fischereiwirtschaft und der landwirtschaftlichen Erträge.

Dass der Biodiversitätsverlust gravierende Auswirkungen auf direkt davon abhängige Sektoren hat, steht außer Zweifel. Doch auch für Unternehmen, die auf diese Sektoren angewiesen sind, sind Verluste zu erwarten. Weiterhin haben Unternehmen aufgrund ihrer eigenen Geschäftstätigkeit großen Einfluss auf Biodiversität und die Gesundheit der Ökosystemdienstleistungen (Impacts). Der Ausstoß von bspw. CO2 oder Abwasseremissionen kann schwerwiegende Konsequenzen für die lokale und globale Umwelt haben.
 

Finanzielle Risiken für Finanzinstitute durch den Verlust der biologischen Vielfalt

Durch die Zusammenarbeit mit Kunden, deren wirtschaftliche Aktivitäten auf Biodiversität angewiesen sind, sind auch Kreditinstitute direkten und indirekten Risiken durch den Verlust der Artenvielfalt ausgesetzt, wobei zwischen Übergangsrisiken (transition risks) und physischen Risiken (physical risks) unterschieden wird.

Übergangsrisiken beinhalten etwa neue Gesetze und Vorschriften zur Sicherung einer nachhaltigeren Zukunft, da diese zur Einschränkung bestimmter wirtschaftlichen Aktivitäten führen könnten. Solche Einschränkungen könnten für Kunden deutliche Kosten verursachen oder einen Geschäftsausfall bedeuten, was zu Profitabilitätseinbußen führen würde. Beispielsweise ist Biodiversität bei den neuen Offenlegungsanforderungen wie der SFDR und der EU Taxonomy fest verankert. Auch das steigende Interesse an grünen Produkten könnte für Finanzinstitute zu einer reduzierten Profitabilität und somit zu einem erhöhten Risiko führen.

Physische Risiken hingegen treten auf, wenn Kunden von Ökosystemleistungen abhängig sind. Es ist wahrscheinlich, dass der Verlust an Biodiversität für diese Kunden mit einem Verlust an Profitabilität einhergeht. Eine reduzierte Profitabilität würde voraussichtlich auch zu einer verminderten Fähigkeit führen, finanziellen Verpflichtungen wie Kreditrückzahlungen nachzukommen. Das bedeutet, dass Banken höhere Ausfallraten, Wertberichtigungen, einen höheren Kapitalbedarf und letztlich auch einen Rückgang neuer Unternehmensgründungen verzeichnen würden.

Es ist daher wichtig, dass Banken Biodiversität und die konkreten Übergangs- und physischen Risiken in ihr finanzielles Risikomanagementsystem aufnehmen. Das Management der durch Biodiversitätsverlust verursachten finanziellen Risiken stellt Banken vor einer Reihe von Herausforderungen. Dazu gehört etwa die strategische Ausrichtung, die Risikoquantifizierung und die Sammlung von Daten zur Einschätzung der möglichen Auswirkungen.

  • Zu den strategischen Überlegungen gehören die Verknüpfung dieses Aspekts mit der Unternehmensstrategie und -Philosophie, die Festlegung der Risikobereitschaft und die Formulierung praktischer und messbarer KPIs, um Kunden beim Übergang zu einer nachhaltigeren und biologisch vielfältigen Wirtschaft zu unterstützen. Die TCFD (Task Force on Climate-related Financial Disclosures) oder auch die neue TNFD (Task Force on Nature-related Financial Disclosures) kann Finanzinstituten dabei als Orientierung dienen.

  • Die Risikoquantifizierung umfasst die Festlegung der erwarteten quantitativen Auswirkungen von Biodiversitätsverlust auf die Bank, wobei sowohl das aktuelle Risiko (Brutto-Risiko) sowie die Situation nach Durchführung möglicher Maßnahmen zur Begrenzung negativer Auswirkungen (Netto-Risiko) in Betracht gezogen werden sollten. Ein erster Schritt zur Sicherung einer nachhaltigeren Zukunft mit mehr Biodiversität ist, die Folgen eines Biodiversitätsverlusts zu verstehen. Szenarioanalyse und Stresstesting sind hilfreiche Tools, um die Auswirkungen zu bewerten, sollten aber durch Geschäftslogik und Kenntnisse über das Kundenportfolio ergänzt werden.

  • Eine Herausforderung ist, dass die Informationen, die für die Risikobewertung von Biodiversitätsverlust erforderlich sind, oft nicht verfügbar sind, da sie in der Vergangenheit von Banken und der Realwirtschaft kaum festgehalten wurden. Relevante Daten sind etwa die geographischen Gebiete, in denen das Risiko einer Störung der Artenvielfalt hoch ist, oder Informationen darüber, welche Geschäftsfelder die Biodiversität negativ beeinflussen.

Der Verlust der biologischen Vielfalt wird, wenn wir nichts dagegen unternehmen, einen wesentlichen Einfluss auf Finanzinstitute und deren Kunden haben. Es ist daher wichtig, dass Finanzinstitute jetzt handeln und das Risiko des Verlusts von Artenvielfalt und Ökosystemen für sich selbst bewerten. Nur so können sie diese Risiken rechtzeitig minimieren, zweckorientierter werden und zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beitragen.

Auch wenn es auf den ersten Blick einschüchternd wirken mag, sich mit den Auswirkungen des Biodiversitätsverlusts auf die eigene Organisation zu beschäftigen, so ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren. Wir empfehlen, klein anzufangen. Sprechen Sie mit Ihren Kunden und Stakeholdern über die Auswirkungen von Biodiversitätsverlust, versuchen Sie zu verstehen, wie sich die Biodiversität auf einzelne Regionen auswirkt, und bauen Sie dann darauf auf.

Wenn Sie über die Auswirkungen des Biodiversitätsverlusts auf Ihr Unternehmen und über mögliche Handlungsfelder zur Risikominimierung mit uns sprechen möchten, nehmen Sie gerne mit Hans-Jürgen Walter oder Wilhelm Koch Kontakt auf.
 

Fanden Sie diese Information hilfreich?