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Perspectives

Blockchain: Steuern an die Kette legen?

Fachbeitrag: Was kann die Technologie für den Bereich Steuern leisten?

Die Mehrheit deutscher Unternehmen sieht deutliche Vorteile in einer elektronischen Archivierung von steuer- und handelsrechtlichen Dokumenten. Allerdings werden sowohl Einführungskosten als auch verbliebene Rechtsunsicherheit als Hinderungsgründe für die flächendeckende Einführung digitaler Archivsysteme benannt. Durch die Blockchain-Technologie können insbesondere die beiden Vorbehalte bald der Vergangenheit angehören. Denn sowohl für Unternehmen als auch Finanzbehörden bietet sie zukünftig großes Potenzial.

Was kann diese Technologie für den Bereich Steuern leisten?

Arbeitserleichterung und Prozessoptimierung
Die Anwendung der Blockchain kann die tägliche Arbeit von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern von Grund auf verändern. Die revisionssichere Erstellung und Archivierung von Steuererklärungen ist nur ein Beispiel.

Die Möglichkeit einer automatisierten (Echtzeit-)Betriebsprüfung könnte so zur Realität werden. Dieses Szenario ist in näherer Zukunft allerdings höchst unwahrscheinlich. Ein etwas näherliegender Ansatz: Durch seine lückenlose Dokumentation sämtlicher Vorgänge könnte die Blockchain eine unterstützende Funktion bei Jahres- und Konzernabschlüssen einnehmen.

Selbiges könnte auch bald für die unveränderte Speicherung OCR-gescannter Belege und deren Verbuchung gelten. Zudem könnte eine Unterscheidung nach einfacher, fortgeschrittener und qualifizierter elektronischer Signatur obsolet werden.

Automatisierung im Transfer Pricing
Mithilfe der Blockchain ließe sich nachweisen, dass ein Gruppenunternehmen definierte Bandbreiten ständig eingehalten hat. Somit kann die Technologie für zahlreiche internationale Unternehmen bei der Ermittlung von Verrechnungspreisen hilfreich sein. Das Unternehmen könnte auf diese Weise mit dem Fiskus ein Advanced Pricing Agreement verhandeln - ohne oder nur mit inhaltlich begrenzter Verrechnungspreis-Dokumentation.

Ein weiteres Feld ist das sog. Transactional Matching von Intercompany-Forderungen und –Verbindlichkeiten. Heute ist dies in vielen Konzernen ein manueller und nicht revisionssicherer Prozess. Diese Vorgänge könnten künftig prüfungssicher automatisiert werden.

Transaktionsüberwachung
Die Blockchain kann auch überall dort von großem Nutzen sein, wo Transaktionen eine unmittelbare steuerliche Relevanz nach sich ziehen. Als Beispiel seien hier die indirekten Steuern genannt. Auch wenn es darum geht, bei bestimmten Transaktionen Quellensteuern einzubehalten und abzuführen, könnte die technologie hilfreich sein. Am Ende könnten Bereiche der Steuerdeklaration weitgehend automatisiert werden.

 
Wo liegen potenzielle Gefahren?

Europol und das Europäische Zentrum für Cyberkriminalität warnen davor, dass Bitcoin zur „Einheitswährung der Cyberkriminalität“ werden könnte. Grund: Die zugrunde liegende Blockchain-Technologie kann für Geldwäsche oder Verschleierung von Transaktionen genutzt werden. Damit wäre sie ein Vehikel für Steuerhinterziehungen.

Ein weiteres vielzitiertes Szenario ist die 51%-Attacke. Hierzu müsste es einem Angreifer gelingen, über 50% der Netzwerkteilnehmer (sog. „Miner“) zu stellen. Auf diese Weise könnte er erheblichen Einfluss auf die Transaktionen nehmen.

Hintergrund
In der Bitcoin-Sprache heißen Konten „Wallets“. Bitcoin-Transaktionen finden i.d.R. von einem Wallet zu einem anderen Wallet statt. Ein User kann nicht nur ein Wallet besitzen, sondern mehrere. Ein Bitcoin-Wallet ist schnell eingerichtet. Mangels zwingender Authentifizierung ist nicht ohne weiteres feststellbar, wer sich hinter dem Konto verbirgt.
So verwundert es nicht, dass Kommunen bisher den Bitcoin als Zahlungsmittel abgelehnt haben. Ausnahme: die Stadt Zug in der Schweiz.


Ausblick

Trotz des offenkundigen Potenzials fällt es Unternehmen und Privatpersonen schwer, der Blockchain zu vertrauen. Aufgrund ihrer Komplexität ist sie schwer zu verstehen. Zudem fehlen rechtliche Rahmenbedingungen.

„Öffentliche“ Blockchain
Konzepte für die notwendige Infrastruktur sucht man heute noch vergeblich. Diese sind jedoch notwendig, falls große Volkswirtschaften im großen Stil auf diese Technologie setzen sollten. Ob sich dann eine einzelne öffentliche, weltumspannende Blockchain durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.

Für eine große oder mehrere öffentliche Blockchains müsste entsprechende Rechenleistung und Speicherkapazität zur Verfügung stehen. Je nach Anbieter stellt sich hier allerdings die Frage nach der Unabhängigkeit der Technologie. Auch die anfallenden Energiekosten für die benötigte Rechenleistung wären nicht zu vernachlässigen.

„Private“ Blockchain
Der Einsatz der nicht-öffentlichen (privaten) Blockchain-Technologie in Unternehmen wird sich höchstwahrscheinlich rasant weiterentwickeln. Jedoch sollte der Gesetzgeber zeitnah Rahmenbedingungen schaffen, um für Unternehmen Investitions- und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Auch eine Unterscheidung von Blockchains nach Transaktions- bzw. Verwendungsarten oder Industrien wäre vorstellbar.


Fazit

Aus heutiger Sicht scheinen die Vorteile für Unternehmen zu überwiegen. Sie müssen sich deshalb rechtzeitig mit der neuen Technologie vertraut machen.

 

Autor: Michael Kurschildgen


Dieser Artikel ist angelehnt an den Beitrag „Künstliche Intelligenz und Blockchain – neue Technologien in der Besteuerungspraxis“, DER BETRIEB Beilage 04 zu Heft Nr. 47 25.11.2016, S. 35 ff.. Die Ausgabe mit dem vollständigen Beitrag können Sie hier erwerben.