Das EStG normiert eine Sonderform der Einkommensteuer auf Leistungen beschränkt Steuerpflichtiger, bei welcher für gesetzlich bestimmte Leistungen ausländischer Dienstleisterinnen und Dienstleister vom auszuzahlenden Entgelt eine Abzugsteuer iHv 20% einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen ist. Obwohl eine Vielzahl von Leistungen davon betroffen ist, wird diese Verpflichtung in der Praxis oft übersehen.
Grundsätzlich sind Zahlungen für empfangene Dienstleistungen, welche von bestimmten Berufsgruppen wie Schriftstellern, Vortragenden, Künstlern, Sportlern, kaufmännischen oder technischen Beratern, Arbeitskräfteüberlassern, Lizenzgebern oder Aufsichtsräten mit ausländischer Ansässigkeit (Steuerausländer) erbracht werden, von der Abzugsteuerpflicht umfasst (sachlicher Tatbestand). Als Steuerausländer gelten natürliche oder juristische Personen, die weder einen Wohnsitz, noch einen gewöhnlichen Aufenthalt bzw weder die Geschäftsleitung noch den Sitz im Inland haben (persönlicher Tatbestand). Ist sowohl der sachliche als auch der persönliche Tatbestand erfüllt, haben inländische Auftraggeberinnnen und Auftraggeber im Zahlungszeitpunkt den Steuerabzug an der Quelle durchzuführen. Schuldner der Abzugsteuer ist der ausländische Zahlungsempfänger bzw die ausländische Zahlungsempfängerin, die Verpflichtung zur rechtmäßigen Abfuhr der Steuer trifft oftmals jedoch die inländischen Auftraggeberinnen und Auftraggeber. Das BMF hat hierzu in einer aktuellen EAS-Auskunft (EAS 3418, BMF-010221/0124-IV/8/2019) zur Abzugsteuerpflicht bei Vortragstätigkeiten im Bereich der Erwachsenenbildung näher Stellung genommen.
Eine in Frankreich ansässige natürliche Person, die Vortragstätigkeiten im Bereich der Erwachsenenbildung auf selbständiger Basis kurzzeitig (50 Tage pro Jahr nicht überschreitend) auch in Österreich ausübt, begründet laut Finanzverwaltung durch die einmalige temporäre Anmietung inländischer Räumlichkeiten keine feste Einrichtung (Betriebstätte) iSd des DBA Österreich-Frankreich. Demnach kann Österreich aus abkommensrechtlicher Sicht kein Besteuerungsrecht auf die im Zuge der Vortragstätigkeit generierten Einkünfte geltend machen. Aufgrund der im Inland ausgeübten selbstständigen Tätigkeit ist die Vortragende in Österreich jedoch beschränkt steuerpflichtig, wobei nach nationalem Recht die Steuer grundsätzlich durch Abzug an der Quelle einzuheben ist. Direkt im DBA normierte Befreiungsbestimmungen in Anspruch zu nehmen ist bei derartigen Einkünften nur bei Vorliegen der Voraussetzungen der DBA-Entlastungsverordnung (DBA-EVO) möglich. Der Abzugsverpflichtete hat dabei die Entlastungsberechtigung entsprechend zu dokumentieren. Die Berechtigung der Vortragenden kann grundsätzlich durch eine Ansässigkeitsbescheinigung oder – sollten die an den Einkünfteempfänger bzw die Einkünfteempfängerin geleisteten Vergütungen EUR 10.000 im Kalenderjahr nicht übersteigen und hierzulande kein Wohnsitz bestehen – durch eine schriftliche Erklärung der Vortragenden glaubhaft gemacht werden.
Nach nationalem Recht sind die Schuldner der Einkünfte (die zahlenden Kursteilnehmer) abzugsverpflichtet. Ob es sich beim Vergütungsschuldner um eine Privatperson oder ein Unternehmen handelt, ist hinsichtlich des Bestehens der Verpflichtung zum Steuerabzug sowie der Haftung zuerst einmal gegenstandlos. Demnach können auch private Kursteilnehmer Abzugsverpflichtete sein, wohingegen die Vortragende nur mittels Bescheid sowie bei Vorliegen einiger taxativ normierter Gründe haftbar gemacht werden kann (beispielweise wenn die Haftung beim Abzugsverpflichteten nur erschwert vollzogen werden kann). Die Finanzverwaltung geht dabei bei Privatpersonen davon aus, dass diese nicht zum Steuerabzug verhalten werden können und somit regelmäßig von einem erschwerten Vollzug aus.
Hat nach dem jeweiligen DBA ausschließlich der Ansässigkeitsstaat des Leistungserbingenden und nicht Österreich das Besteuerungsrecht, darf Österreich nach nationalem Recht dennoch – unter Einräumung der Rückerstattung - die Abzugsteuer einheben. Bei Vorlage des Formulars ZS-QU1 (für natürliche Personen) oder ZS-QU2 (für juristische Personen), die bestätigen sollen, dass der Ansässigkeitsstaat des ausländischen Unternehmers über die österreichischen Einkünfte informiert ist (vereinfachte Dokumentationsverpflichtung für Jahresvergütungen iHv max EUR 10. 000 pro Jahr kommt es zur Entlastung. Ansonsten ist eine Haftungsinanspruchnahme grundsätzlich geboten und der Leistungserbringende auf das Rückerstattungsverfahren zu verweisen. Bestehen keine Zweifel an der Abkommensberechtigung des Leistungserbingenden und ist daher abkommensrechtlich eine Entlastung in Österreich jedenfalls geboten, so soll dies aber die Ermessensübung bei der Haftungsinanspruchnahme entsprechend beeinflussen.
Auch wenn Österreich aufgrund DBA-rechtlicher Vorschriften kein Besteuerungsrecht geltend machen kann, unterliegt die in Österreich erfolgte Vortragstätigkeit einer im Ausland ansässigen natürlichen Person der beschränkten Steuerpflicht, wobei die Steuer in Österreich durch Steuerabzug zu erheben ist. Ausländische Vortragende wären in diesem Fall auf die Rückerstattung verwiesen, sofern die Entlastung nicht bereits an der Quelle erfolgt ist. Auch die Kursteilnehmer eines solchen Vortrags können dabei grundsätzlich Abzugsverpflichteter sein und zur Haftung herangezogen werden. Der Übergang der Haftung auf die Vortragenden ist jedoch insoweit denkbar, als es sich bei den Kursteilnehmern um private Personen handelt, die laut Finaznverwaltung regelmäßig nicht zum Steuerabzug verhalten werden können.
DDr. Patrick Weninger, LL.M. ist Partner in der Steuerberatung. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen die nationale und internationale Gestaltungs- und Strukturberatung, M&A, Quellensteuern und Betriebsstättenthemen sowie Tax Litigation. Er betreut internationale und österreichische Konzerne, große österreichische Familienunternehmen, Privatstiftungen und vermögende Privatpersonen, vorwiegend aus den Branchen Financial Services Industry, Energy & Resources und Aviation.