Im rechtskräftigen Erkenntnis vom 4.6.2019, RV/3100356/2019 entschied das BFG wieder zur Frage der grunderwerbsteuerlichen Beurteilung von Vertragserrichtungskosten bei einem Kaufvertrag über ein inländisches Grundstück und kam zum Ergebnis, dass diese ein Teil der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage waren.
Im entscheidungsgegenständlichen Sachverhalt war in einem am 9.7.2018 abgeschlossenen Kauf-, Bauträger- und Wohnungseigentumsvertrag vereinbart worden, dass die Verkäuferin als Eigentümerin einer Liegenschaft nach Abbruch eines Gebäudes sechs neue Gebäude mit 56 Appartements u.a. errichtet und dem Käufer Wohnungseigentum an einer Wohnung einräumt. Der Käufer beauftragte laut der Vereinbarung den Rechtsanwalt mit der Errichtung des Vertrages und beide Parteien bevollmächtigten diesen mit der grundbücherlichen Durchführung des Vertrages. Die Kosten der Vertragserrichtung sollten lt. Punkt 8.1. des Vertrages zur Gänze vom Käufer getragen und binnen 14 Tagen nach Vertragsunterfertigung gezahlt werden. Das Finanzamt schrieb dem Käufer Grunderwerbsteuer vom Kaufpreis zuzüglich der vom Käufer getragenen Vertragserrichtungskosten vor.
Grunderwerbsteuerlich ist bei einem Kauf die Gegenleistung der Kaufpreis „einschließlich der vom Käufer übernommenen Leistungen […]“. Dabei handelt es sich nach der Rechtsprechung des VwGH um Leistungen, die in innerem Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes stehen, die der Käufer übernimmt und die sich im Vermögen des Verkäufers zu dessen Gunsten auswirken, was idR eine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung des Verkäufers zu diesen Leistungen in Zusammenhang mit dem Grundstücksverkauf voraussetzt. Im vorliegenden Zusammenhang hat der VwGH ausgeführt, dass Vertragserrichtungskosten als vom Käufer übernommene Leistungen nur dann zur Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage zählen, wenn der Veräußerer dem Rechtsanwalt oder Notar den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt und der Erwerber sich dazu verpflichtet, diese Kosten zu tragen. Beauftragen dagegen beide Vertragsteile einen Rechtsanwalt oder Notar mit der Abfassung der Vertragsurkunde und sind sie zu deren anteilsmäßiger Entlohnung verpflichtet, gehören die Kosten nicht zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Nur in jenem Ausmaß, zu dem der Verkäufer seinen (aliquoten) Anteil der Rechtsanwaltskosten auf den Käufer überwälzt, liegt auch in diesem Fall eine vom Käufer übernommene Leistung vor, die der Grunderwerbsteuer unterliegt (VwGH 21.2.1985, 84/16/0228; 21.11.1985, 84/16/0205), was auch vom BFG im vorliegenden Fall geprüft wurde.
Im vorliegenden Fall hatte der Käufer den Rechtsanwalt als Vertragserrichter beauftragt, der Verkäufer schien bei formaler Betrachtung der Verträge im Außenverhältnis keine Verpflichtung dazu gehabt zu haben. Das BFG kam jedoch zum Ergebnis, dass in wirtschaftlicher Betrachtung eine Beauftragung des Rechtsanwaltes alleine durch den Verkäufer vorlag und daher die gesamten von diesem an den Käufer weiterbelasteten Vertragserrichtungskosten als Teil der Gegenleistung neben dem Kaufpreis für das Grundstück der Grunderwerbsteuer unterzogen wurden, weshalb die Beschwerde abgewiesen wurde.
Begründend wurde ausgeführt, dass bei der Durchführung von Wohnungsverkäufen im Rahmen der Errichtung von Wohnhausanlagen nach den Erfahrungen im Wirtschaftsleben nahezu ausschließlich im Zuge der Projektentwicklung die Veräußererseite an einen Rechtsanwalt oder Notar mit dem Auftrag zur Erstellung eines Mustervertrages herantrete. Diese werde dann – adaptiert hinsichtlich des jeweiligen Wohnungsverkaufes bzw. Miteigentumsanteils, Käufers und Kaufpreises – den einzelnen Kaufinteressenten zur Begutachtung und zur Unterfertigung vorgelegt. Soll dagegen von einer Beauftragung durch den Käufer ausgegangen werden, müsste sich der Käufer – wie bei Wohnungsverkäufen nach dem Bauträgervertragsgesetz unüblich – individuell um die Auswahl des Vertragsverfassers kümmern und diesen beauftragen. Im Ergebnis waren daher die gesamten vom Käufer übernommenen Vertragserrichtungskosten als sonstige Leistung Teil der GrESt- Bemessungsgrundlage (sowie analog der Grundbuchseintragungsgebühr), da von der Auftragserteilung allein durch die Verkäuferin auszugehen war.
Es ist zu erwarten, dass die vorliegende BFG-Entscheidung vor allem für ähnlich gelagerte Fälle wie dem des Ausgangsfalles Bedeutung haben wird, bei denen der Käufer de facto den Anwalt nicht einschaltet, sondern der Verkäufer den Vertragsverfasser in einer gesonderten Vereinbarung als Treuhänder bestellt und ihn mit der gesamten rechtlichen Durchführung des Projektes beauftragte. Als weiterer Gesichtspunkt erscheint jedoch erwähnenswert, dass die Bevollmächtigung des Verkäufers (mit der Beauftragung des Rechtsanwaltes) durch den Käufer erst im Kaufvertrag selbst stattfand, wozu vom BFG in der Urteilsbegründung zurecht moniert wurde, die Verkäuferin hätte auf diese Weise – im Fall der Nichtunterschrift des Käufers unter dem Kaufvertrag – zivilrechtlich das alleinige Kostenrisiko für den bereits errichteten Vertrag zu tragen gehabt. Dies erscheint ein verallgemeinerungsfähiger Grund zu sein, der das Risiko erhöht, den Veräußerer in wirtschaftlicher Hinsicht als alleinigen Auftraggeber des Rechtsanwaltes anzusehen, worauf bei der Ausgestaltung der Verträge geachtet werden kann (dazu schon VwGH 23.1.2003, 2001/16/0353).
Grundsätzlich gehören Vertragserrichtungskosten, zu deren Entrichtung der Käufer aufgrund Beauftragung eines eigenen Rechtsanwaltes verpflichtet ist, nicht zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Dabei zählt nicht nur die vertragliche Gestaltung, sondern ist eine wirtschaftliche Beurteilung vorzunehmen, wie das BFG im vorliegenden Urteil judiziert. Ist daher die Beauftragung des Vertragserrichters durch die Verkäuferseite offensichtlich (Erstellung von 56 Kaufverträgen für Appartements), so verhindert auch die formal im Kaufvertrag vorgenommene Beauftragung des Vertragserrichters durch den Käufer wirtschaftlich betrachtet nicht, dass von einer Beauftragung des Rechtsanwaltes durch den Verkäufer auszugehen ist. Die Bezahlung der Vertragserrichtungskosten durch den Käufer war daher entscheidungsgegenständlich eine zusätzliche grunderwerbsteuerpflichtige Gegenleistung des Käufers.
Daniel Blum ist Manager im Bereich Tax bei Deloitte Wien sowie Universitätslektor an der Wirtschaftsuniversität Wien. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit liegen in den Bereichen Konzernsteuerrecht, Quellensteuern und internationales Steuerrecht. Daniel Blum ist zudem regelmäßig als Fachautor und Fachvortragender tätig.