Das Bundesfinanzgericht (BFG) erwog im Erkenntnis vom 28.2.2019, RV/4100578/2015 darüber, ob im gegenständlichen Fall bei der Veräußerung eines Grundstücks die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Hauptwohnsitz- bzw Herstellerbefreiung gegeben waren und somit die entsprechenden Einkünfte von der ImmoESt befreit waren oder nicht. Entscheidend war dabei, ob einerseits der Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstückes oder jener der tatsächlichen Aufgabe des Hauptwohnsitzes maßgeblich ist und andererseits, ob die getätigten Aufwendungen seitens der Beschwerdeführerin für die Inanspruchnahme der Herstellerbefreiung ausreichend waren.
Die Beschwerdeführerin erwarb ein Wohnobjekt im Wege einer Schenkung auf den Todesfall, in welchem sie sodann ihren Hauptwohnsitz begründete und zu dessen Veräußerung sie sich in weiterer Folge entschloss. Beim Abschluss des Kaufvertrags wurde die Aufgabe ihres Wohnsitzes zu einem späteren Zeitpunkt bedungen. Die tatsächliche Nutzungsdauer war jedoch länger als bis zum vereinbarten Zeitpunkt. Laut Beschwerdeführerin waren die zwischen dem Tag des Erwerbs und der (tatsächlichen) Aufgabe des Hauptwohnsitzes die für die Hauptwohnsitzbefreiung erforderlichen „fünf aus zehn“ Jahren verstrichen und die Veräußerung aus ihrer Sicht steuerfrei. Des Weiteren brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die an dem Objekt durchgeführten Sanierungsmaßnahmen (Fundamentbetonierung, Errichtung von Zwischenmauern, Neuverlegung sämtlicher Leitungen sowie Tragung des Bauherrenrisikos durch die Beschwerdeführerin) derart umfangreich waren, dass ein Fall der Herstellung des Wohnhauses vorlag. Es galt nun zu klären, welcher Zeitpunkt als jener der Veräußerung maßgeblich war, ob tatsächlich eine Herstellung vorlag und ob ihr deshalb nun die Hauptwohnsitz- oder Herstellerbefreiung zustand oder nicht.
Das Finanzamt verneinte das Vorliegen der Hauptwohnsitzbefreiung. Begründet wurde dies damit, dass als Zeitpunkt der Veräußerung der Abschluss des (schuldrechtlichen) Verpflichtungsgeschäfts und nicht jener der sachenrechtlichen Übergabe maßgeblich war und somit die Frist nicht erfüllt war. Aus Sicht des Finanzamtes war somit der Tatbestand der Veräußerung bereits mit dem Tag des (Kauf-)Vertragsabschlusses über das Wohnobjekt erfüllt und dessen Nutzung als Hauptwohnsitz nach der Veräußerung für die Fünfjahresfrist unbeachtlich. Die Herstellerbefreiung wurde ebenso verneint, da das Gebäude lediglich einer umfangreichen Sanierung (inklusive Erhaltung der Außenmauern) unterzogen wurde und kein Abriss samt darauffolgender Neuerrichtung stattfand.
Das BFG folgte der Meinung des Finanzamts und verwies im gegenständlichen Fall auf die ständige Rechtsprechung des VwGH. Um den Beginn bzw das Ende des Zeitraums von zehn Jahren zu definieren, sei auf den Zeitpunkt der schuldrechtlichen Veräußerung abzustellen. Der Gesetzeswortlaut ließe keine andere Interpretation zu. Im Streitfall endete der Beobachtungszeitraum somit, wie auch schon vom Finanzamt festgestellt, mit Abschluss des Kaufvertrags. Die Beibehaltung des Hauptwohnsitzes über den Stichtag hinaus war für die Fristberechnung unerheblich und die Hauptwohnsitzbefreiung war nicht anzuwenden. Zur Herstellerbefreiung führte das BFG aus, dass ein selbst hergestelltes Gebäude nur dann vorliegen könne, wenn Baumaßnahmen nach der Verkehrsauffassung als Errichtung eines Gebäudes (Hausbau) und nicht als Haussanierung oder -renovierung angesehen werden. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Maßnahmen (vgl oben) waren nicht ausreichend, um die Herstellerbefreiung geltend zu machen.
Bei Geltendmachung der Hauptwohnsitzbefreiung ist im Hinblick auf die maßgebliche Frist der Tatbestand der Veräußerung bereits mit Vertragsabschluss erfüllt. Eine längere, tatsächliche Nutzungsdauer des entsprechenden Wohnobjekts ist unbeachtlich und verlängert die Hauptwohnsitzdauer nicht. Will man sich dagegen erfolgreich auf die Herstellerbefreiung berufen, bedarf es der erstmaligen Errichtung eines Objektes (Hausbau). Umfangreiche Renovierungsarbeiten an einem reparaturbedürftigen Gebäude oder beispielsweise Dachbodenausbauten oder die Herstellung von Dachgeschosswohnungen sind nicht ausreichend und führen zu keiner Befreiung.
Mag. Johanna Kloner ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien und ist auf die Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Familienunternehmen, Privatstiftungen sowie der Beratung im Bereich Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung spezialisiert. Sie ist weiters Autorin diverser Fachbeiträge.