Das Bundesfinanzgericht (BFG) hatte in einer Rechtsache betreffend einer Organisationsänderung zur Erwirkung von Synergieeffekten zwischen nahestehenden Unternehmen (die Verbindung der nahestehenden Unternehmen bestand über eine natürliche Person, die Gesellschafter beider Gesellschaften war), die nachträglich als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert wurde (BFG 21.6.2019, RV/5100830/2011) zu entscheiden. Dabei kam es zwischen diesen nahestehenden Unternehmen zu einer Funktionsrückstufung und gleichzeitiger Funktionsverlagerung, die laut BFG nicht dem Fremdvergleich standhielt, was eine steuerpflichtige verdeckte Gewinnausschüttung zur Folge hatte.
Herr A war im beschwerdegegenständlichen Jahr 2004 und weiter bis 2010 zu 95% Gesellschafter der A GmbH (Beschwerdeführerin) sowie deren alleiniger Geschäftsführer. An der B KG war Herr A 2004 und 2005 alleiniger Kommanditist bzw bis 2010 unmittelbar und mittelbar über die B GmbH zu 100% an der B KG beteiligt. Ebenso war er 2004 und 2005 bzw bis 2010 alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer des geschäftsführenden Komplementärs B GmbH.
Bis 31.12.2004 wurden von der A GmbH die Rohstoffe und die Gebinde für die Produktion von Mineralwässern (Li-monaden) eingekauft und nach Produktion und Füllung die Waren selbst vertrieben. Die Waren wurden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verkauft. Zudem gab es bis zum 31.12.2004 auch Lohnabfüllungen für fremde Dritte.
Zum 31.12.2004 wurden sämtliche Lagerbestände (Rohstoff- und Fertigwarenlager) der A GmbH zum Buchwert an die B KG übertragen.
Ab 01.01.2005 wurde Werbung, Vertrieb und die Fakturierung (die im Namen und auf Rechnung der der B KG er-folgt) von der B KG übernommen. Die B KG ist die einzige Auftraggeberin der A GmbH, welche für die B KG nun-mehr lediglich abfüllt und dafür ein Dienstleistungsentgelt erhält. Die dafür erforderlichen Rohstoffe und Gebinde sowie das Fertigprodukt bleiben dabei im Besitz der B KG. Die A GmbH wird daher ab 01.01.2005 nur mehr als Lohnfüller für die B KG tätig. Damit ist auch der Kundenstock der A GmbH auf die B KG übertragen worden. Formal verblieben jedoch bspw die Markenrechte und die Nutzungsrechte der Quellen (Verträge mit Gemeinden) bei der A GmbH. Zu klären war nun, ob im gegenständlichen Fall eine verdeckte Gewinnausschüttung der A GmbH aufgrund einer Verlagerung des Kundenstocks von der A GmbH (über Herrn A) in die B KG vorliegt?
Entsprechend der Entscheidung des BFG wurde zunächst die vertragliche Beziehung zwischen der A GmbH und der B KG gewürdigt. Hierbei wurde festgestellt, dass keine schriftlichen Verträge zwischen A GmbH und B KG in Bezug auf den dargestellten Sachverhalt vorlagen, weshalb iSd Angehörigenjudikatur des VwGH die wirtschaftliche Bezie-hung zwischen den beiden Gesellschaften im Rahmen der Beweiswürdigung zu ergründen ist. In diesem Sinne schlussfolgerte das BFG, dass eine Übertragung des Kundenstocks stattgefunden hat.
Das BFG führte weiters aus, dass zwischen fremden Dritten keine derartige Entreicherung einer Gesellschaft ohne entsprechende Gegenleistung stattfinden würde und schenkte dem Argument der A GmbH kein Gehör, wonach diese jederzeit wieder selbst mit der Belieferung der (vormals eigenen) Kunden beginnen könnte, da sie ja weiterhin sämtliche Markenrechte hält. Dieses Argument wurde vom BFG als Einwand hypothetischer Natur gewertet, da die organisatorische Änderung gerade deshalb durchgeführt wurde, um eine – letztlich auch eingetretene – Ergebnisver-besserung bei der A GmbH herbeizuführen, weshalb eine Rückgängigmachung als realistische Variante auszu-schließen ist. In diesem Sinne schlussfolgerte das BFG, dass von einer dauerhaften Umstrukturierung auszugehen sei.
Das BFG führte auch aus, dass es vor dem Hintergrund der intendierten Umstrukturierung in keiner Weise fremdüb-lich erscheint, dass die A GmbH der B KG die Markenrechte in Form einer prekaristischen Leihe (Bittleihe) überlas-se; es gab keinen schriftlichen Vertrag in dem diese Bittleihe – vor dem Hintergrund der Angehörigenjudikatur – hin-reichend objektiviert worden wäre. Daher schlussfolgerte das BFG (in wirtschaftlicher Betrachtungsweise), dass die B KG eine hinreichende sichere Rechtsposition zur langfristigen Nutzung der Markenrechte und bzgl der Nutzungs-rechte an den Quellen hat. All diese Argumente veranlassten das BFG letztlich dazu von einer dauerhaften Übertra-gung des Kundenstocks auszugehen, was unter fremden Dritten zu einer entsprechenden Vergütung geführt hätte.
Da zwischen der A GmbH und der B KG kein Verkaufspreis für den Kundenstock vorlag, ging das Finanzamt von einer Schätzungsbefugnis aus. Im Zuge des Verfahrens wurde eine Unternehmensbewertung von der A GmbH zum Stichtag 31.12.2004 erstellt. Dieses Bewertungsgutachten wurde vom Finanzamt nicht vollumfänglich anerkannt, weshalb es zu Anpassungen kam und letztlich ein Wert für den Kundenstock iHv EUR 200.000 festgesetzt und vom BFG übernommen wurde. Letztlich bestätigte das BFG die Position des FA, wonach im gegenständlichen Fall eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlag.
Das Erkenntnis des BFG zeigt, dass bei Umstrukturierungen zur Erzielung von Synergieeffekten Vorsicht an den Tag zu legen ist. Bei der Ausführung solcher Maßnahmen sollten (neben betriebswirtschaftlichen Überlegungen) auch ertrags- und umsatzsteuerrechtliche Auswirkungen mitbedacht werden. Außerdem ist es empfehlenswert ausdrückli-che und vor allem schriftliche Vereinbarungen zu treffen, besonders im Lichte einer nachträglichen Überprüfung der Sachverhaltselemente und der Beweiswürdigung iSd Angehörigenjudikatur. Ein besonderes Augenmerk sollte bei durch Umstrukturierungen entstehende Funktionsverlagerungen auf eine eventuelle verdeckte Gewinnausschüttung gelegt werden.
Claudia Synek ist Berufsanwärterin in der Steuerberatung von Deloitte Wien. Neben der laufenden steuerlichen Beratung nationaler und internationaler Unternehmen unterstützt sie multinational agierende Unternehmen bei verrechnungspreisspezifischen Fragestellungen.