Posted: 20 Dec. 2019 6 min. read

VWGH: GEWERBLICHER GRUNDSTÜCKSHANDEL BEI TEILWEISER VERMIETUNG UND TEILWEISEM VERKAUF VON WOHNUNGEN?

Der VwGH (3. 9. 2019, Ra 2018/15/0015, 0016) beschäftigte sich vor Kurzem erneut mit der Thematik des gewerblichen Grundstückshandels. Im konkreten Fall musste er beurteilen, ob nach der Errichtung eines Wohngebäudes mit Wohneinheiten ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen kann, wenn ein Teil der Einheiten veräußert, die Mehrheit dagegen vermietet wird.
 

Sachverhalt & Feststellungen des Finanzamtes

Die Revisionswerber errichteten im Jahr 2004 auf einem Grundstück auf eigene Kosten ein Gebäude mit insgesamt 14 Wohneinheiten. In den folgenden zwei Jahren wurden sechs davon verkauft. Dabei machten sie gleichzeitig die Herstellerbefreiung geltend. Mit den restlichen acht Wohnungen wurden Mieteinkünfte erzielt. Im Jahr 2008 erfolgte die Errichtung eines weiteren Gebäudes mit zwölf Wohneinheiten. Drei dieser Wohnungen wurden wiederum zum Zweck der Finanzierung des Gesamtprojekts veräußert. Das Finanzamt bewertete den Sachverhalt als gewerblichen Grundstückshandel, weil bereits einer der Revisionswerber einige Jahre zuvor ein ähnliches Projekt verwirklichte und im Jahr 2010 ein weiteres Objekt angeschafft wurde. Die Revisionswerber entgegneten, dass der Rahmen der Vermögensverwaltung nicht überschritten wurde, da unter anderem der Verkauf an Einzelpersonen erfolgte, keine Fremdmittel eingesetzt wurden und sie einen wesentlichen Teil der Verkäufe für die Finanzierung des ersten Projekts verwendeten. Von insgesamt 39 Wohnungen wurden 13 veräußert, der verbleibende (mehrheitliche) Anteil vermietet.
 

Rechtansicht des BFG

Dem BFG zufolge lag nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Vermögensverwertung im Vordergrund. Die Verkäufe erfolgten auf planmäßige Art und Weise (und nicht bloß unter Ausnutzung sich zufällig ergebener Möglichkeiten), weil der Verkauf bereits im Errichtungszeitpunkt beworben und vertraglich abgehandelt wurde. Ebenso sprach die sofort nach der Fertigstellung erfolgte Veräußerung und der Zeitraum zwischen Erwerbs- und Veräußerungsgeschäften für eine gewerbliche Tätigkeit. Verkäufe einzelner Wohneinheiten stünden gemäß der VwGH-Rechtsprechung zudem der Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels nicht entgegen. Gegen die Entscheidung des BFG erhoben die Revisionswerber in weiterer Folge (außerordentliche) Revision an den VwGH.
 

Entscheidung des VwGH

Der VwGH bejahte im konkreten Fall einen gewerblichen Grundstückshandel. Dies begründete er damit, dass die Steuerpflichtigen von Beginn an planten, zumindest einen Teil der Wohnungen in weiterer Folge veräußern zu wollen und gesamt betrachtet mehrere ähnlich gelagerte Projekte verwirklicht wurden. Darüber hinaus sollte der Veräußerungserlös für den Erwerb weiterer Grundstücke verwendet werden, was als Indiz für einen gewerblichen Grundstückshandel gilt. Betreffend der mehrheitlichen Vermietung von Eigentumswohnungen entgegnet der VwGH mit Verweis auf seine ältere Rechtsprechung, dass auch einzelne Eigentumswohnungen einer gesonderten steuerlichen Beurteilung zugänglich sind. Auf das (prozentuale) Verhältnis zwischen veräußerten und vermieteten Eigentumswohnungen kommt es dabei laut VwGH nicht entscheidend an. Die Einstufung als gewerblichen Grundstückshandel wurde als gerechtfertigt angesehen.
 

Fazit

Grundsätzlich liegt ein gewerblicher Grundstückshandel dann vor, wenn die Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang deutlich jenes Ausmaß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist. Die Vermögensnutzung tritt durch Fruchtziehung in den Hintergrund und die Vermögensverwertung steht entscheidend im Vordergrund, was im Wege einer Einzelfallbetrachtung nach dem objektiven Gesamtbild des jeweiligen Sachverhaltes zu beurteilen ist. Letzteres führte im konkreten Fall dazu, dass ein gewerblicher Grundstückshandel ebenso bei einer verhältnismäßig untergeordneten Anzahl an Verkäufen verglichen mit der Vermietungstätigkeit vorliegen kann, wobei mehrere Faktoren, wie die planmäßige Art und Weise der Verkäufe und die einzelnen Projekte in ihrer Gesamtbetrachtung, ausschlaggebend waren.


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Mag. Johanna Kloner

Mag. Johanna Kloner

Managerin Steuerberatung | Deloitte Österreich

Mag. Johanna Kloner ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien und ist auf die Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Familienunternehmen, Privatstiftungen sowie der Beratung im Bereich Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung spezialisiert. Sie ist weiters Autorin diverser Fachbeiträge.