Die zum Wegfall der Grunderwerbsteuer (GrESt) führende Rückgängigmachung eines Grundstücksverkaufs erfordert, dass der ursprüngliche Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangt, die er vor dem Vertragsabschluss innehatte. Dies ist laut VwGH ua dann nicht der Fall, wenn die Aufhebung des ursprünglichen Geschäfts nur erfolgt, um den Verkauf des Grundstücks an einen im Voraus bestimmten neuen Verkäufer zu ermöglichen (VwGH 21.1.2020, Ra 2019/16/0220).
Im Ausgangsverfahren hatte die Verkäuferin ihre Zustimmung zur Aufhebung des ersten Kaufvertrags in Bezug auf eine Grundstücksveräußerung an die Revisionswerberin als auch zum Abschluss des zweiten Kaufvertrags mit einer GmbH & Co KG, deren Kommanditistin die Revisionswerberin war, erteilt. Daraufhin beantragte die Revisionswerberin die Rückgängigmachung der GrESt-Vorschreibung.
Die GrESt wird ua dann nicht erhoben, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung (zB auch Rückerwerb mittels neuem Kaufvertrag), durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts rückgängig gemacht wird.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH setzt die Rückgängigmachung eines Kaufvertrags iSdGrEStG voraus, dass der ursprüngliche Verkäufer jene Verfügungsmacht wiedererlangt, die er vor dem Vertragsabschluss innehatte. Dies ist dann nicht der Fall, wenn ein Vertrag nur deshalb aufgehoben wird, um das Grundstück an einen im Voraus bestimmten neuen Käufer zu veräußern. Erfolgt die Aufhebung des alten Vertrags und der Abschluss des neuen Vertrags gleichsam „uno actu“, ist daher nicht davon auszugehen, dass der Verkäufer die Möglichkeit wiedererlangt, über das Grundstück anderweitig frei zu verfügen, nämlich insbesondere nicht die Möglichkeit, dieses an einen außenstehenden Dritten zu verkaufen.
Im vorliegenden Fall erfolgte die Zustimmung der ursprünglichen Verkäuferin zur Aufhebung des ersten Kaufvertrags sowie zum Abschluss des zweiten Kaufvertrags am selben Tag. Ebenso wurde von der Verkäuferin an diesem Tag der Kontoverfügungsauftrag als Treugeberin betreffend den zweiten Kaufvertrag unterzeichnet. Lediglich die Unterfertigung des zweiten Kaufvertrags durch die neue Käuferin erfolgte erst zwei Tage später.
Aufgrund des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Aufhebung des ersten Kaufvertrags und dem Abschluss des zweiten Kaufvertrags scheint es für den VwGH als erwiesen, dass zwischen den Vertragsparteien bereits vor Rückgängigmachung des ersten Kaufvertrags Einigkeit darüber bestand, dass das Grundstück an die zweite Käuferin übergehen soll. Die Verkäuferin hatte daher die ursprüngliche Verfügungsmacht nicht wiedererlangt, weshalb die Voraussetzungen für eine Rückgängigmachung der GrESt nicht vorlagen.
Bei der Rückabwicklung von Liegenschaftstransaktionen sollte daher stets sichergestellt werden, dass der Verkäufer freie Verfügungsmacht erlangt, bevor ein Verkauf an einen neuen Käufer erfolgt und dies auch entsprechend dokumentiert wird. Andernfalls kann eine geplante Rückabwicklung zu einer mehrfachen GrESt-Belastung führen.
Stefanie Miklos ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der laufenden steuerlichen Beratung nationaler und internationaler Unternehmen und Konzernen vor allem im Bereich der betrieblichen Steuern sowie in der Unterstützung bei Sonderprojekten und im Rahmen von Außenprüfungen.