Angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie wächst auch bei heimischen Unternehmen der Druck, rechtzeitig Restrukturierungsmaßnahen zu ergreifen und Sozialpläne zu verhandeln. Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat im Erkenntnis vom 8.4.2020, RV/7100845/2020 entschieden, dass Sozialplanzahlungen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im System der „Abfertigung neu“ als freiwillige Abfertigungen einzustufen sind und folglich immer und zur Gänze dem steuerlichen Abzugsverbot unterliegen. Dies stellt vor allem in Hinblick auf die Finanzierbarkeit von Sozialplänen ein zusätzliches wirtschaftliches Risiko für Unternehmen dar. Vor dem Hintergrund eines stagnierenden operativen Geschäftsbetriebes auf Grund der COVID-19 Krise können betroffene Unternehmen COVID-19 bedingte Sozialplanzahlungen infolgedessen nämlich nicht als Betriebsausgaben geltend machen. Gegen das Erkenntnis des BFG wurde inzwischen Revision beim VwGH erhoben.
Mit dem Abgabenänderungsgesetz (AbgÄG 2014) wurden zwei neue Abzugsverbote eingeführt:
Sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zB freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen …) sind mit dem Steuersatz von 6 % zu versteuern. Dies gilt nur für jene Zeiträume, für die keine Anwartschaften gegenüber einer BV-Kasse bestehen.
Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Rahmen von Sozialplänen als Folge von den im Arbeitsverfassungsgesetz definierten Betriebsänderungen oder vergleichbarer gesetzlicher Bestimmungen anfallen, sind, soweit sie nicht mit dem Steuersatz von 6 % zu versteuern sind, bis zu einem Betrag von EUR 22.000 mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt, zu versteuern.
Die Beschwerdeführerin besteuerte Sozialplanzahlungen bis EUR 22.000 pro Dienstnehmerin bzw. Dienstnehmer zum halben Steuersatz und machte diese Sozialplanzahlungen darüber hinaus als Betriebsausgaben geltend.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung gelangte das Finanzamt allerdings zum Ergebnis, dass freiwillige Abfertigungen im Rahmen von Sozialplänen vom Abzugsverbot erfasst sind und nahm folglich eine Hinzurechnung zum Jahresergebnis der Beschwerdeführerin vor. Das Finanzamt begründete das Ergebnis der Prüfung damit, dass freiwillige Zahlungen, soweit sie nicht mit dem Steuersatz von 6 % zu besteuern sind, bei der Gewinnermittlung nicht abzugsfähig seien.
Zur Begründung führte die Beschwerdeführerin daraufhin aus, dass mit dem AbgÄG 2014 zeitgleich zwei Abzugsverbote eingeführt wurden, die aus diesem Grund auch als Einheit und nicht isoliert voneinander beurteilt werden müssten. Einerseits das Abzugsverbot für sogenannte „Managergehälter“ und andererseits das gegenständliche Abzugsverbot für freiwillige Abfertigungen. Dieses Abzugsverbot greift jedoch nur soweit die Bezüge bei der Empfängerin bzw beim Empfänger nicht mit dem Steuersatz von 6 % zu versteuern sind. Entsprechend den Gesetzesmaterialien sollte mit der Einführung des Abzugsverbotes von Managergehältern ein Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekt verfolgt werden. Demgegenüber ist der Sozialplan auf die soziale Unterstützung wirtschaftlich schwacher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgerichtet. Jene einkommensstarken Personengruppen, die der Gesetzgeber durch die Einführung des Abzugsverbotes von „Managergehältern“ und „Golden Handshakes“ erfassen wollte, können folglich auch niemals in den Geltungsbereich eines Sozialplanes fallen.
Das BFG führt in seiner Entscheidung aus, dass es sich hinsichtlich der Regelung zur begünstigten Besteuerung von sonstigen Bezügen, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen, um eine Generalklausel für alle sonstigen Bezüge handelt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder deren Rechtsnachfolger(n) bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zB freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen und Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume). Die Bestimmung zur begünstigten Besteuerung von Bezügen, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Rahmen von Sozialplänen anfallen, tritt lediglich ergänzend zu dieser Generalklausel hinzu und stellt keine eigenständige und abschließende Regelung für Sozialplanzahlungen dar. Beendigungskausale Abfertigungszahlungen aus Sozialplänen wie sie im Streitfall erfolgten, fallen folglich in den Anwendungsbereich der Generalklausel. Soweit beendigungskausale Auszahlungen aus Sozialplänen nicht dem 6 % Steuersatz zu unterwerfen sind, unterliegen sie somit dem Abzugsverbot für „Golden Handshakes“.
Freiwillige Abfertigungen, die an Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer ausgezahlt werden, die unter das System der “Abfertigung neu” fallen, sind von der Begünstigung des 6%-igen Steuersatzes ausgeschlossen. Da sie somit keiner begünstigten Besteuerung unterliegen, dem Grunde nach aber Abfertigungen im Sinne dieser Bestimmung darstellen, unterliegen sie immer und zur Gänze dem Abzugsverbot für Betriebsausgaben. Folglich wies das BFG die Beschwerde als unbegründet ab, ließ aber eine Revision zu.
In der Fachliteratur ist es äußerst umstritten, ob die Interpretation des BFG den tatsächlichen Zielvorstellungen des Gesetzgebers Rechnung trägt. Mit der Einführung des Abzugsverbotes für „Managergehälter“ und der Abschaffung von steuerlichen Begünstigungen für „Golden Handshakes“ wurde das gesellschaftspolitische Ziel verfolgt, dem Einkommensgefälle entgegenzuwirken und ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten. Es besteht nämlich ein gewisser Widerspruch darin, an die Gewährung von freiwilligen Abfertigungen im System der „Abfertigung neu“ nachteiligere Rechtsfolgen zu knüpfen als an Abgangsentschädigungen, die eine Auflösung des Dienstverhältnisses geradezu herbeiführen sollen. Angesichts der noch anhängigen Revision bleibt abzuwarten, ob der VwGH in seiner Entscheidungsfindung zu diesem Punkt den wahren Willen des Gesetzgebers ua auch darin erkennt, die Finanzierung von Sozialplänen nicht zu erschweren. Sollte der VwGH die Revision im Ergebnis hingegen abweisen, wird bisweilen auch über eine temporäre, gesetzliche Ausnahme vom Abzugsverbot für COVID-19 bedingte Sozialplanzahlungen nachgedacht.
Marc Heschl ist im Bereich Business Process Services Payroll bei Deloitte am Standort Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen neben der Beratung von arbeits-, lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen auch in der Personalabrechnung von nationalen und internationalen Mandanten.