Posted: 17 Jul. 2020 8 min. read

BMF-INFORMATION BETREFFEND DIE AUSLEGUNG VON DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN (DBA) IZM DER COVID-19 PANDEMIE

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) äußert sich im Zuge der BMF-Information vom 22.5.2020 zu folgenden Fragestellungen bezüglich der Auslegung und Anwendung von DBA iZm COVID-19:

  1. die Behandlung des Arbeitslohns iZm im Homeoffice geleisteten Tätigkeiten
  2. die Behandlung von Entgeltentschädigungen bei Kurzarbeit
  3. Homeoffice-Tätigkeiten als Betriebsstätten für ausländische Unternehmen
  4. COVID-19-bedingte Unterbrechungen bei Bauausführungen und Montagen

1. Die Behandlung des Arbeitslohns iZm im Homeoffice geleisteten Tätigkeiten

Zunächst ist festzuhalten, dass in Hinblick auf durch COVID-19 bedingtes Homeoffice grundsätzlich nach wie vor die allgemeinen Aufteilungsregeln gem OECD-Musterabkommen Anwendung finden. Hiernach sind Vergütungen der in einem Vertragsstaat ansässigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei einer Arbeitgeberin bzw einem Arbeitgeber im anderen Vertragsstaat tätig werden, grundsätzlich im Tätigkeitsstaat zu besteuern. Der Ansässigkeitsstaat der Arbeitnehmerin bzw des Arbeitnehmers hat die Vergütung - abhängig vom jeweiligen Methodenartikel - unter Progressionsvorbehalt freizustellen oder die Steuer des Tätigkeitsstaates bis zum jeweiligen Anrechnungshöchstbetrag auf die eigene Steuer anzurechnen. Wird eine solche Arbeitnehmerin bzw ein solcher Arbeitnehmer - bspw  aufgrund der Arbeitsausübung im Homeoffice - auch in ihrem bzw seinem Ansässigkeitsstaat tätig, ist die Vergütung grundsätzlich zwischen diesem und dem Tätigkeitsstaat entsprechend der in den jeweiligen Staaten ausgeübten Arbeitstage aufzuteilen.

Ausschließlich bei Vorliegen einer bilateralen Konsultationsvereinbarung hinsichtlich der Auswirkungen der COVID-19 Pandemie oder Anwendbarkeit einer im maßgeblichen DBA vorgesehenen Grenzgängerregelung darf von den vorstehenden Grundsätzen abgewichen werden. Wie in unseren Tax & Legal News vom 24.4.2020  berichtet, wurde eine diesbezügliche Konsultationsvereinbarung derzeit nur mit Deutschland abgeschlossen. Nach dieser Konsultationsvereinbarung können COVID-19 geschuldete Homeoffice-Arbeitstage als in dem Vertragsstaat verbrachte Arbeitstage behandelt werden, in dem die Arbeitnehmerinnen bzw Arbeitnehmer ihre Tätigkeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19 Pandemie verbracht hätten.

Gemäß der im DBA mit Liechtenstein vereinbarten Grenzgängerregelung darf grundsätzlich der Ansässigkeitsstaat die Einkünfte der Grenzgängerin bzw des Grenzgängers besteuern und der Tätigkeitsstaat eine Quellensteuer erheben, welche im Ansässigkeitsstaat unter Berücksichtigung des Anrechnungshöchstbetrags anzurechnen ist. Als Grenzgängerinnen bzw Grenzgänger gelten jene Personen, die in einem Vertragsstaat in der Nähe der Grenze ansässig sind, im anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort haben und sich „in der Regel an jedem Arbeitstag“ von ihrem Wohnort dorthin begeben. Das BMF hat nun klargestellt, dass COVID-19 bedingtes Homeoffice und der damit einhergehende Wegfall des „täglichen Pendelns“ nicht zum Verlust der Grenzgängereigenschaft führt. In Bezug auf die Anwendung und Auslegung der Grenzgängerregelung im Verhältnis zu Italien hat das BMF eine entsprechende Konsultationsvereinbarung mit der italienischen Finanzverwaltung abgeschlossen.


2. Die Behandlung von Entgeltentschädigungen bei Kurzarbeit

Nach dem österreichischen Kurzarbeitsmodell wird eine quasi teilweise Verdienstentgangsentschädigung von staatlicher Seite im Ausmaß der wegen Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitsstunden von der Arbeitgeberin bzw vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmerin bzw den Arbeitnehmer ausbezahlt. Eine solche Kurzarbeitsunterstützung ist im Anwendungsbereich eines dem OECD-Musterabkommens entsprechenden DBA aufgrund des Kausalitätsprinzips in jenem Staat zu besteuern, in dem die Tätigkeit, auf welche sich die Kurzarbeitsunterstützung bezieht, ausgeübt worden wäre.

Enthält ein DBA eine gesonderte Regelung für Einkünfte aus der gesetzlichen Sozialversicherung oder ähnliche Einkünfte, ist eine Entgeltentschädigung für Kurzarbeit jedoch grundsätzlich unter dieser Sonderregelung des DBA zu erfassen, welche das Besteuerungsrecht idR dem Kassenstaat zuteilt.

Bspw enthält das DBA mit Deutschland eine Sonderregelung betreffend Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung, welche ausschließlich im Kassenstaat zu besteuern sind.

Das würde für in Deutschland ansässige Steuerpflichtige mit einer österreichischen Arbeitgeberin bzw einem österreichischen Arbeitgeber, die grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Grenzgängerregelung des DBA Österreich-Deutschland fallen, und für welche aufgrund COVID-19 die Arbeitszeit herabgesetzt wurde, bedeuten, dass jener Anteil der Einkünfte, der auf die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung entfällt, weiterhin dem ausschließlichen Besteuerungsrecht Deutschlands unterliegt. Jener Anteil der Einkünfte, für den aus staatlichen Mitteln eine Kurzarbeitsunterstützung gewährt wird, darf hingegen nur im Kassenstaat Österreich besteuert werden.


3. Homeoffice-Tätigkeiten als Betriebsstätten für ausländische Unternehmen?

Vorneweg kann gesagt werden, dass COVID-19 bedingte Homeoffice-Tätigkeiten keine abkommensrechtliche Betriebsstätte für das ausländische Unternehmen begründen, sofern diese nicht zum Regelfall werden. Dazu fehlt es an einem ausreichenden Maß an Beständigkeit bzw Kontinuität sowie an einer ausreichenden Verfügungsmacht des Unternehmens über das Homeoffice.

Übt somit eine in Österreich ansässige Arbeitnehmerin bzw ein in Österreich ansässiger Arbeitnehmer eines im Ausland ansässigen Unternehmens während der COVID-19 Pandemie ihre bzw seine Tätigkeit aufgrund der von den jeweiligen Regierungen ausgesprochenen Empfehlungen im Homeoffice aus, so ist dies auf höhere Gewalt zurückzuführen und führt nicht zur Begründung einer Betriebsstätte.


4. COVID-19-bedingte Unterbrechungen bei Bauausführungen und Montagen

Im Hinblick auf eine Bauausführung oder Montage wird eine abkommensrechtliche Betriebsstätte in der Regel erst nach Überschreitung eines bestimmten Zeitraums - zumeist zwölf Monate - begründet. Vorübergehende Unterbrechungen der Bauausführung bzw Montage sind grundsätzlich in die Fristenberechnung einzubeziehen. Das BMF stellt klar, dass auch vorübergehende Unterbrechungen einer Bauausführung oder Montage aufgrund der COVID-19 Pandemie - vorbehaltlich einer allfälligen abweichenden bilateralen Vereinbarung - zu keiner Hemmung des Fristlaufs führen.     



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