Die Tätigkeitsberichte der letzten Jahre geben unter anderem Aufschluss über die Erfolgsaussichten, im Instanzenzug Recht zu bekommen.
Die Anzahl der Erledigungen des BFG im Bereich Steuern und Beihilfen hielt sich zwischen 2016 und 2018 konstant bei über 11.000 mit einer leicht steigenden Tendenz, wobei davon nur in ca. 7.000 Verfahren eine Entscheidung in der Sache (materielle Erledigung, dh Stattgabe, teilweise Stattgabe/Abänderung oder Abweisung) erfolgte. Kommt es zu einer materiellen Erledigung, lag die Wahrscheinlichkeit einer (zumindest teilweisen) Stattgabe durchgehend bei knapp über 40 %, jene einer vollen Stattgabe bei 16-20 %.
Die nachfolgenden statistischen Werte beziehen sich auf alle Verfahren beim VwGH, zumal eine auf Abgabensachen beschränkte Veröffentlichung von Verfahrensdaten nicht erfolgt. Die mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle verfolgten Ziele, eine Entlastung des VwGH und eine Verfahrensbeschleunigung herbeizuführen, konnten zwar hinsichtlich der Verfahrensdauer erreicht werden. Zwischen dem Tag des Einlangens des Rechtsmittels und dem Tag der Entscheidung lagen im Jahr 2018 durchschnittlich 4,1 Monate; dieser Wert lag im Jahr 2016 noch bei 6,9 Monaten. Generell zeichnete sich beim VwGH jedoch ein Verfahrenszuwachs ab. Vor allem im Jahr 2017 nahm die Zahl neuer Verfahren besonders stark, nämlich um 43 %, zu. Dies ist insbesondere auf die steigende Anzahl von Asylverfahren zurückzuführen. Sehr hohe Anfallszahlen konnte im Jahr 2018 auch der Bereich des Glücksspielrechts verzeichnen.
Die Formalhürden, beim VwGH eine Entscheidung in der Sache zu erwirken, sind sehr hoch. Dies zeigt sich an der Zahl der Zurückweisungen, die durchgehend bei ca 40 % lagen. Diese umfassen auch Fälle, in denen der VwGH die Behandlung einer Revision ablehnt, weil dieser keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt. Dieses Recht kommt dem VwGH – anders als dem BFG – aufgrund seiner Stellung als Höchstgericht zu, welches nur für Grundsatzrechtsprechung zuständig ist. Lässt bereits das Verwaltungsgericht eine ordentliche Revision an der VwGH zu ist die Wahrscheinlichkeit einer Stattgabe deutlich höher als jene einer Abweisung. So wurde in den drei Jahren – statistisch betrachtet – ca jeder dritten ordentlichen Revision stattgegeben, gleichzeitig werden jedoch über ein Drittel der ordentlichen Revisionen zurückgewiesen. Ein Abwärtstrend ist jedoch erkennbar. Stattgaben von außerordentlichen Revisionen (wenn das Verwaltungsgericht eine Revision nicht zulässt) erfolgten nur in ca 20 % der Fälle, wobei die Zahl der Zurückweisungen bei außerordentlichen Revisionen bei bis zu zwei Drittel liegt.
Das BFG gab in den vergangenen Jahren konstant vier von zehn materiellen Erledigungen im Bereich Steuern und Beihilfen statt, wobei ein leichter Anstieg zu erkennen ist. Der VwGH hingegen gab, statisch betrachtet, über den Zeitraffer der drei Jahre nur jeder dritten ordentlichen und jeder fünften außerordentlichen Revision statt.
Mag. Robert Rzeszut ist Steuerberater und Partner im Bereich Tax Litigation bei Deloitte Österreich in Wien. Er ist Experte für Abgaben-Verfahrensrecht und führt insbesondere komplizierte und umfangreiche Beschwerden und Revisionen an die Verwaltungsgerichte, an Höchstgerichte sowie internationale Verständigungsverfahren. Als zertifizierter Finanzstrafrechtsexperte ist er überdies auf Selbstanzeigen und finanzstrafrechtliche Verteidigung spezialisiert.Als stv. Leiter der Arbeitsgruppe Verfahrensrecht im Fachsenat für Steuer- und Sozialrecht der Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (KSW) ist Mag. Rzeszut bestens mit akteullen Entwicklungen in seinen Spezialgebieten betraut. Darüber hinaus ist Mag. Rzeszut Herausgeber des KSW-Leitfadens für Betriebsprüfungen sowie des großen „Stoll“-Kommentars zur Bundesabgabenordnung (BAO). Weiters ist Mag. Rzeszut Autor zahlreicher Fachpublikationen im Steuerrecht und als Fachvortragender tätig. Als solcher leitet er den renommierten Lehrgang zum Verfahrensrecht auf der Akademie der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen.