Posted: 15 Dec. 2020 7 min. read

EIGENKAPITALERSATZ - KREDITGEWÄHRUNG IM KONZERN

Der OGH setzte sich in seiner Entscheidung 6 Ob 154/19v vom 23.4.2020 mit der Frage auseinander, ob Downstream-Kredite im Konzern bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen unter die Konzernbestimmung des Eigenkapitalgesetz (EKEG) fallen und wie der Begriff der „Weisung“ im Sinne des EKEG auszulegen ist.
 

Sachverhalt

Die A Bau GmbH erhielt von ihrer Großmuttergesellschaft (A Holding GmbH) mehrere Darlehen iHv gesamt rd EUR 285 Millionen. Alleinige Gesellschafterin der A Holding GmbH war die beklagte Partei (eine spanische Konzerngesellschaft), die auch einen geringen Anteil an der A Bau GmbH (Kreditnehmerin) direkt hielt. Nachdem über das Vermögen der A Bau GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, bestritt der Masseverwalter der A Bau GmbH (Kreditnehmerin) die Darlehensforderung der A Holding GmbH (Kreditgeberin) mit dem Hinweis, dass die Darlehen in der Krise der A Bau GmbH gewährt worden seien und somit Eigenkapitalersatzcharakter im Sinne des EKEG aufweisen würden.

Nachdem auch über das Vermögen der A Holding GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, begehrte der Kläger (Masseverwalter der A Holding GmbH) die Rückzahlung der Darlehen gegen die beklagte Partei, da diese als Muttergesellschaft der A Holding GmbH eine Weisung zur Darlehensgewährung erteilt habe und die A Holding GmbH daher einen Ersatzanspruch gemäß dem EKEG habe.
 

Entscheidung des OGH

Gemäß den Bestimmungen des EKEG ist ein Kredit, den eine Gesellschafterin bzw ein Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise gewährt Eigenkapital ersetzend. Um eine Umgehungskonstruktion durch die Einschaltung von Konzerngesellschaften zu vermeiden, erstreckt das EKEG die genannte Regelung mittels einer eigenen Konzernbestimmung auch auf die Kreditgewährung im Konzern. Zudem steht in diesem Fall der kreditgebenden Gesellschaft ein Anspruch auf Erstattung der Kreditsumme gegen die Obergesellschaft zu, sofern diese eine Weisung auf Kreditgewährung erteilt hat.

Nach einhelliger Auffassung ist von dieser Regelung jedenfalls die Kreditgewährung zwischen Schwestergesellschaften auf Weisung der Konzernobergesellschaft umfasst. Strittig war jedoch bislang, ob auch die im gegenständlichen Fall vorliegende Konstellation, sprich bei einer von oben nach unten in gerader Linie stattfindenden Kreditvergabe auf Weisung einer Obergesellschaft (Downstream Kreditvergabe), die an der Kreditnehmerin direkt (geringfügig) beteiligt ist, vom EKEG erfasst ist und ein Erstattungsanspruch gegenüber der Weisung erteilenden Obergesellschaft besteht.

Der OGH kommt in der vorliegenden Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Downstream Kreditvergabe der Konzernbestimmung des EKEG unterliegt und ein Erstattungsanspruch der kreditgebenden Gesellschaft gegen die Obergesellschaft besteht, sofern die Obergesellschaft die Weisung erteilt hat, den Kredit an eine Konzerngesellschaft zu geben. Der OGH verlangt dafür keine ausdrückliche (formale) Weisung, sondern eine nach außen tretende Willensäußerung der Obergesellschaft, die den Handlungsspielraum der kreditgebenden Gesellschaft einschränkt. Entscheidend ist die gewollte und tatsächliche Einflussnahme auf den Handlungsspielraum der kreditgebenden Gesellschaft (eine bloße Billigung des Kredits wäre nicht ausreichend).

Der OGH führt ergänzend aus, dass der Erstattungsanspruch einen Sonderfall des gesellschaftsrechtlichen Ersatzanspruchs iZm einer verbotenen Einlagenrückgewähr darstellt, hält aber ausdrücklich fest, dass die Voraussetzungen einer Einlagenrückgewähr für einen Erstattungsanspruch nach dem EKEG nicht vorliegen müssen.
 

Fazit

Die Entscheidung des OGH, dass Downstream Kredite bei Vorliegen der Voraussetzungen von der Konzernbestimmung des EKEG umfasst sind, entspricht den strengen Gläubigerschutzbestimmungen in Österreich. Andernfalls könnte der durch das EKEG gewährte Gläubigerschutz im Konzern relativ einfach durch Zwischenschaltung einer weiteren Gesellschaft unterlaufen werden. Der Gesetzgeber wollte jedoch mit der „Konzernbestimmung“ im EKEG gerade solche Umgehungskonstruktionen vermeiden.
 

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MMag. Andreas Bonelli

MMag. Andreas Bonelli

Deloitte Legal | Jank Weiler Operenyi RA

Andreas Bonelli ist Rechtsanwalt bei Deloitte Legal / Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte, der österreichischen Rechtsanwaltskanzlei im globalen Deloitte Legal Netzwerk. Sein Tätigkeitsschwerkpunkt liegt im Bereich Banking & Finance sowie Corporate/M&A, insbesondere in der Beratung von Banken und Unternehmen im Zusammenhang mit Finanzierungen und der Restrukturierung von Finanzierungen. Zudem ist Andreas Bonelli Autor von Fachpublikationen.