Am 14.11.2019 ist das Urteil betreffend das neuerlich vor dem EuGH anhängige Verfahren zur österreichischen Energieabgabenvergütung (ENAV) ergangen (Rs C-585/17). Der VwGH hatte dem europäischen Gerichtshof Fragen iZm der Zulässigkeit der Einschränkung der ENAV auf Produktionsbetriebe vorgelegt. Die Entscheidung des EuGH macht es wahrscheinlich, dass Dienstleistungsbetriebe rückwirkend ab 1.2.2011 von der ENAV ausgeschlossen werden.
Den Anlassfall bildete der Antrag auf ENAV der Dilly’s Wellnesshotel GmbH für das Jahr 2011. Der österreichische Gesetzgeber hat im Budgetbegleitgesetz 2011 vorgesehen, dass die ENAV – vorausgesetzt, dass dies durch die Europäische Kommission genehmigt werde – künftig nur noch Produktionsbetrieben zustehen solle. Durch den Verweis auf die Genehmigung wird auf die europarechtlichen Vorgaben zu staatlichen Beihilfen, welche nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden dürfen, abgestellt. Grundsätzlich sind diese Maßnahmen genehmigungspflichtig, im Anwendungsbereich sogenannter Gruppenfreistellungsverordnungen gelten jedoch weniger strenge Vorschriften. Der EuGH entschied im Jahr 2016, dass bei Einschränkung der EANV eine Genehmigung seitens der Kommission erforderlich war, jedoch nicht eingeholt wurde (C-493/14). Eine Genehmigung hätte bei Anwendbarkeit der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung unterbleiben können (VO (EU) Nr 800/2008, kurz AGVO alt) – die Voraussetzungen wurden jedoch nicht erfüllt.
Im Juli 2014 ist eine neue Gruppenfreistellungsverordnung (VO (EU) Nr 651/2014, kurz AGVO neu), welche die AGVO alt ersetzt, in Kraft getreten. Da diese andere Anwendungsvoraussetzungen enthält, stellte sich nunmehr erneut die Frage der Anwendbarkeit der Verordnung auf die Einschränkung der Energieabgabenvergütung. Der VwGH legte daher dem EuGH Fragen in Bezug auf die (rückwirkende) Anwendbarkeit der AGVO neu auf die Einschränkung der Energieabgabenvergütung auf Produktionsbetriebe vor.
Zentrales Element des Verfahrens vor dem EuGH bildete die Frage, ob aus der Übergangsvorschrift der AGVO neu (Art 58 der VO (EU) Nr 651/2014) ableitbar ist, dass deren geänderte Anwendungsvoraussetzungen bereits vor ihrem Inkrafttreten gewährte Beihilfen sozusagen rückwirkend genehmigen können. Dies ist laut EuGH grundsätzlich möglich. Der EuGH begründet seine Auskunft damit, dass die AGVO neu eine Lockerung gewisser beihilferechtlicher Vorschriften mit sich bringen sollte. Der Kommission solle es möglich sein, Prioritäten besser zu setzen und die ex ante-Prüfungen auf Fälle mit besonders großen Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu konzentrieren.
Das vorliegende EuGH-Urteil ist nun durch den VwGH umzusetzen und macht die Chancen für Dienstleistungsbetriebe auf Gewährung der ENAV deutlich geringer. Zu klären bleibt, wie mit der Übergangsvorschrift für die Einschränkung der ENAV in § 4 Abs 7 EnAbgVG umzugehen ist, da diese seit BBG 2011 unverändert auf die Genehmigung durch die Kommission abstellt, welche im Anwendungsbereich der Gruppenfreistellungsverordnung zumindest nicht explizit erteilt werden kann.
Edith Capek ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Verfahrens- und Finanzstrafrecht, Konzernsteuerrecht sowie europäischem Steuerrecht. Sie ist zudem als Fachautorin und Fachvortragende tätig.