Die Arbeitsinspektorate haben seit Dezember 2019 die Einhaltung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit rollierend zu prüfen. Folglich muss der gesetzlich vorgesehene 48-Wochenstundenschnitt in jedem beliebigen 17-Kalenderwochen-Zeitraum eingehalten werden.
Das Arbeitszeitgesetz (AZG) normiert, dass bei einer zulässigen Wochenarbeitszeit von mehr als 48 Stunden, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen 48 Stunden nicht überschreiten darf. Der Kollektivvertrag kann eine Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes bis auf 26 Wochen zulassen. Bei Vorliegen von technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen kann der Kollektivvertrag eine Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes bis auf 52 Wochen zulassen. In den Arbeitsaufzeichnungen sind Beginn und Dauer eines Durchrechnungszeitraumes festzuhalten.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hielt in seiner Entscheidung zu C-254/18 fest, dass die EU-Mitgliedstaaten zwar für die Berechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit feste Durchrechnungszeiträume vorsehen dürfen, aber dennoch sicherstellen müssen, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden auch in mit den festen Durchrechnungszeiträumen überschneidenden anderen Durchrechnungszeiträumen eingehalten wird. Sind daher in einzelnen Wochen Wochenarbeitszeiten von über 48 Stunden zulässig, muss jedenfalls rollierend durchgerechnet werden, da nur so sichergestellt werden kann, dass in jedem beliebigen Durchrechnungszeitraum der 48-Stunden-Schnitt eingehalten wird (siehe unsere Tax & Legal News vom 20.9.2019 ).
Das Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMASGK) hat mit Erlass vom 13.12.2019 (BMASGK 462.302/0007 VII/A/3/2019) die Arbeitsinspektorate angewiesen, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit ab sofort verpflichtend rollierend durchzurechnen. Die Arbeitsinspektorate haben daher die Einhaltung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit rollierend zu prüfen, sodass der 48-Stunden-Schnitt in jedem beliebigen 17-Kalenderwochen-Zeitraum eingehalten werden muss. Die Bestimmung, dass in den Arbeitsaufzeichnungen Beginn und Dauer eines Durchrechnungszeitraumes festzulegen sind, ist hierdurch überflüssig geworden und erfordert einer Änderung durch den Gesetzgeber.
Die Arbeitsinspektorate haben bei Kontrollen, die Zeiträume vor dem Erlass betreffen, die Einhaltung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit nur im Rahmen der festgelegten Durchrechnungszeiträume zu überprüfen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die bislang fixe Durchrechnungszeiträume festgelegt hatten, werden von den Arbeitsinspektoraten zunächst dahingehend beraten, dass ab sofort eine rollierende Durchrechnung zu erfolgen hat. Kommt es daraufhin zu keiner entsprechenden Anpassung, kann die Übertretung angezeigt werden.
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollten in Zukunft umso mehr darauf achten, dass sie sich an die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen halten und über ein funktionierendes Zeiterfassungssystem verfügen. Bei der Einführung und rechtlichen Gestaltung dieser Systeme unterstützen Sie unsere Expertinnen und Experten von Deloitte Legal sehr gerne.
Stefan Zischka ist Partner und leitet den Fachbereich Arbeitsrecht bei Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte (JWO), dem österreichischen Mitglied des globalen Anwaltsnetzwerkes Deloitte Legal. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen die Bereiche Arbeits- und Sozialrecht sowie Zivilprozessrecht (Litigation). Im Jahr 2017 schloss er sich JWO als Partner an. Vor JWO war Stefan Zischka als Rechtsanwalt in einer der größten Rechtsanwaltkanzleien Österreichs (CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte) und als Legal Counsel in der Erste Bank tätig.