Posted: 12 Feb. 2020 7 min. read

KEINE KEST-ENTLASTUNG AN DER QUELLE FÜR DRITTSTAAT-HOLDINGS

Vorgeschichte

Im Jahr 2019 hat der VwGH festgehalten, dass eine Quellensteuerrückerstattung auf Basis der Mutter-Tochter-Richlinie bei Dividendenzahlungen an funktionslose EU-Holdinggesellschaften zu gewähren ist, sofern hinter der Holdinggesellschaft ausschließlich operativ tätige oder geschäftsleitende EU-Gesellschaften stehen (VwGH 27.3.2019, 2018/13/004). Das BMF hielt in einer EAS, ebenfalls im Jahr 2019 (EAS 3431, 3.7.2019), fest, dass in derartigen Fällen bei Einhalten aller Formalvoraussetzungen auch eine Entlastung an der Quelle möglich ist und der Gesellschafter daher nicht die Bürden des Rückerstattungsverfahrens tragen muss. Die notwendige Substanzerklärung kann diesfalls durch die operativ tätige Muttergesellschaft erfolgen (siehe unsere Tax & Legal News vom 9.9.2019 ). Nunmehr hatte das BMF einen vergleichbaren Fall mit Holdinggesellschaften in Drittstaaten zu beurteilen und kommt hierbei zu einem abweichenden Ergebnis.

EAS 3422

Eine österreichische GmbH schüttet Dividenden an ihre Muttergesellschaft, eine in den USA ansässige Holding, aus. Die US Holding übt wirtschaftliche Funktionen aus und qualifziert daher als Nutzungsberechtigter der Dividenden. Gesellschafter der US Holding ist eine operativ tätige, börsennotierte US-Gesellschaft. Angefragt wurde beim BMF, ob für diese Dividenden eine Quellensteuerreduktion auf den im DBA Ö-USA festgesetzten Höchstsatz iHv 5% an der Quelle möglich ist.


Keine Entlastung an der Quelle mangels Substanznachweis

Das BMF kommt zum Ergebnis, dass der US Holding keine Entlastung an der Quelle zusteht, sondern die KESt nur im Rückerstattungsverfahren zurückerlangt werden kann. Eine Entlastung an der Quelle scheitert nach Ansicht des BMF daran, dass die US Holding den nach der DBA-Entlastungs-VO erforderlichen Substanznachweis nicht vorlegen kann, wenn sie selbst keiner über die Vermögensverwaltung hinausgehenden Tätigkeit nachgeht. Anders als im EAS 3414 zum vergleichbaren EU-Sachverhalt erachtet es das BMF somit nicht als möglich, dass der Substanznachweis von der dahinterstehenden operativ tätigen US-Muttergesellschaft erbracht wird. Die Tatsache, dass die Holding die Limitation of Benefits (LOB)-Klausel im DBA Ö-USA erfüllt – wofür ebenso eine operative Tätigkeit durch die US-Muttergesellschaft ausreicht – und daher abkommensberechtigt ist, ändert hieran nichts. Ein Anerkennen der Abkommensvorteile als Ergebnis der LOB-Prüfung ist nämlich nach Ansicht des BMF nicht mit einer Glaubhaftmachung der Abkommensberechtigung im Rahmen der nationalen DBA-Entlastungs-VO gleichzusetzen.


Bewertung

Eine Quellensteuerentlastung von Dividenden an Drittstaatsgesellschaften erfolgt auf Basis des DBA-Rechts (nicht der Mutter-Tochter-Richtlinie). Auf Basis dieser unterschiedlichen Rechtsgrundlagen sieht es das BMF offenbar als gerechtfertigt an, unterschiedliche Maßstäbe für die Entlastung an der Quelle anzulegen. Fehlt es an einer eindeutigen Regelung im DBA, so bleibt es nach herrschender Auffassung den Vertragsstaaten überlassen, ob der Abkommensvorteil der Quellensteuerreduktion bereits an der Quelle oder im Rahmen der Rückerstattung gewährt wird. Die Lösung des BMF ist daher abkommenskonform, verkompliziert aber die Rechtsanwendung. Die Ungleichbehandlung führt zudem zu einem Cash-Flow-Nachteil für Drittstaatsdividenden im Vergleich zu EU-Dividenden, was im Lichte der Kapitalverkehrsfreiheit bedenklich erscheint.


Fallgestaltungen

Zukünftig sind bei der Quellensteuerentlastung von Dividenden mit zwischengeschalteten Holdinggesellschaften folgende Fälle zu unterscheiden:

  • EU-Holding mit operativ tätiger EU-Muttergesellschaft:
    Eine Entlastung an der Quelle ist im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie möglich. Die EU-Muttergesellschaft muss hierfür nicht im selben Mitgliedstaat wie die Holding ansässig sein.

    Hinsichtlich der Nachweise für eine Entlastung an der Quelle ist zu unterscheiden:

    • Holding mit wirtschaftlicher Funktion: Formular ZS-EUMT durch die Holding; zusätzlich Ansässigkeitsbescheinigung und Substanzerklärung der Muttergesellschaft.
    • Funktionslose Holding: Formular ZS-EUMT durch die operative Muttergesellschaft; zusätzlich Erklärung der Holding, dass ihr die Dividenden nicht zuzurechnen sind.
  • Drittstaat-Holding mit operativ tätiger Drittstaat-Muttergesellschaft: Eine Entlastung an der Quelle ist nach Ansicht des BMF nicht möglich. Ein Rückerstattungsantrag ist einzureichen.
  • EU-Holding mit operativ tätiger Drittstaat-Muttergesellschaft: EAS 3431 spricht dafür, dass in diesem Fall keine Entlastung an der Quelle zusteht, da der Verdacht des „Directive Shopping“ im Raum steht. Auch das Formular ZS-EUMT kann in diesem Fall nicht ordnungsgemäß vorgelegt werden, wenn die EU-Holding keine über die Vermögensverwaltung hinausgehende Tätigkeit entfaltet.
  • Drittstaat-Holding mit operativ tätiger EU-Muttergesellschaft: Das BMF hat für diesen Fall bisher keine Aussage getroffen. Eine Entlastung an der Quelle im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie scheint denkbar, wenn die Drittstaats-Holding funktionslos ist und die Dividenden daher der EU-Muttergesellschaft zuzurechen sind.



Ihr Kontakt

Univ. Prof. Dr. Karoline Spies

Univ. Prof. Dr. Karoline Spies

Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Univ. Prof. Dr. Karoline Spies ist Manager bei Deloitte Wien und Professorin am Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht der WU Wien. Ihr Schwerpunkt liegt im Umsatzsteuerrecht und Rechtsfragen im Bereich des Europäischen Steuerrechts.