Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Krise zu entschärfen, hat das BMF am 24.3.2020 eine Information zur erleichterten Beantragung von Steuerstundungen veröffentlicht. Die Vereinfachungen entbinden den Steuerpflichtigen allerdings nicht von seinen Sorgfaltspflichten, die auch in Zeiten von Covid-19 zu wahren sind.
Eine Zahlungserleichterung kann vom Finanzamt nur bewilligt werden, wenn die sofortige oder volle Entrichtung der Abgabe für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgabe durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Ein Antrag auf Zahlungserleichterungen bedarf daher einer Auseinandersetzung mit der weiteren Finanzplanung. In dieser besonderen wirtschaftlichen Situation ist es allerdings nur erschwert möglich, wirtschaftliche Entwicklungen vorherzusehen. Stellen sich Finanzplanungen als falsch heraus und werden bereits gestundete Abgaben später uneinbringlich, so stellt sich die Frage, inwiefern Geschäftsführer für Steuerstundungen mit ihrem Privatvermögen haften. Dies wird nachfolgend anhand zweier Praxisfällen erläutert, wobei die Annahme getroffen wird, dass alle weiteren Voraussetzungen für die Antragstellung (etwa die Rechtzeitigkeit des Anbringens, das Vorliegen einer erheblichen Härte) erfüllt sind.
Die Einbringlichkeit ist im Zeitpunkt der Antragstellung bereits gefährdet. Die Einbringlichkeit der Abgaben wird durch die Stundung gefährdet, weil sich die finanzielle Situation der Gesellschaft nach Antragstellung verschlechtert: Ein Nachweis über die nicht bestehende Gefährdung der Einbringlichkeit der gestundeten Abgaben, wie etwa eine detaillierte Finanzplanung der Gesellschaft, ist nicht vorhanden. Erwirkt der Geschäftsführer vor einem solchen Hintergrund eine Steuerstundung mit der Behauptung, die Einbringlichkeit einer Abgabe werde durch den Aufschub nicht gefährdet, obwohl dies nicht zutrifft und er diesen Umstand kannte bzw kennen hätte müssen, liegt eine Pflichtverletzung vor. Werden die gestundeten Abgaben später uneinbringlich, so kann es zum Eintritt der Geschäftsführerhaftung im Ausmaß der uneinbringlichen Abgaben kommen.
Die Gefährdung der Einbringlichkeit tritt nach Antragstellung ein. Die Einbringlichkeit der Abgaben ist zum Zeitpunkt der Antragstellung durch den Zahlungsaufschub nicht gefährdet (dies kann anhand einer detaillierten Finanzplanung nachgewiesen werden), jedoch verschlechtert sich die finanzielle Situation der Gesellschaft nach Bewilligung des Stundungsantrags, sodass die Abgaben schließlich uneinbringlich werden. Bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation wurde die Stundung zu Recht in Anspruch genommen; eine abgabenrechtliche Offenlegungs- oder Anzeigepflicht besteht bei späterer Gefährdung der Einbringlichkeit (nach Bewilligung der Stundung) nicht. Der Geschäftsführer kann – mangels Pflichtverletzung – nicht mit seinem Privatvermögen zur Haftung herangezogen werden. Es sei jedoch angemerkt, dass eine Haftung des Geschäftsführers dann infrage kommen kann, wenn die vertretene Gesellschaft nach Antragstellung zahlungsunfähig oder überschuldet wird und der Geschäftsführer die Insolvenzanmeldung schuldhaft verzögert.
Um im Insolvenzfall nachträglich nachweisen zu können, dass im Zeitpunkt der Antragstellung keine Gefährdung der Einbringlichkeit der gestundeten Abgaben gegeben war, sollte bereits vor Antragstellung eine detaillierte Planungsrechnung nach branchenüblichen Standards erstellt werden. Zu diesem Zweck eignet sich besonders die integrierte Finanzplanung, welche eine Gewinn- und Verlustrechnung, eine Bilanz sowie eine Cashflow-Rechnung umfasst. Dieses Instrument ermöglicht eine transparente Veranschaulichung der Einkommens- und Vermögensplanung, wie sie der VwGH fordert, und entspricht wohl dem höchsten Sorgfaltsmaßstab. Deloitte verfügt über ein eigenes Experten-Team für die integrierte Finanzplanung, das Ihnen hierbei gerne behilflich ist, um eine bestmögliche Haftungsvorsorge für Sie zu treffen.
Ist bereits im Zeitpunkt der Beantragung einer Stundung die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben gegeben und macht der Geschäftsführer im Stundungsantrag unrichtige oder unvollständige Angaben, so kann es zur Geschäftsführerhaftung kommen. Tritt hingegen die Gefährdung der Einbringlichkeit der gestundeten Abgaben erst nach Bewilligung der Steuerstundung ein und musste der Geschäftsführer auch nicht damit rechnen, so ist davon auszugehen, dass es grundsätzlich zu keiner Haftung kommt. Um nachweisen zu können, dass eine Steuerstundung zu Recht beantragt wurde, sollte der Steuerpflichtige über eine integrierte Finanzplanung verfügen, welche möglichst in zeitlicher Nähe zur Beantragung der Stundung erstellt wurde.
Mag. Robert Rzeszut ist Partner im Bereich Steuerberatung/Tax Litigation bei Deloitte Österreich in Wien. Als Steuerberater betreut er sowohl große nationale und international tätige Unternehmensgruppen als auch Familienunternehmen und Privatpersonen. Er ist Experte für Abgaben-Verfahrensrecht und führt insbesondere komplizierte und umfangreiche Beschwerden und Revisionen an die Verwaltungsgerichte, an Höchstgerichte sowie internationale Verständigungsverfahren. Als zertifizierter Finanzstrafrechtsexperte ist er überdies auf Selbstanzeigen und finanzstrafrechtliche Verteidigung spezialisiert.