Posted: 31 Mar. 2020 8 min. read

STUNDUNG VON ABGABEN UND SV-BEITRÄGEN, FRISTVERLÄNGERUNGEN – ERLEICHTERUNGEN AUFGRUND COVID-19 IM ÜBERBLICK

Die behördlichen Auflagen zur Bekämpfung von COVID-19 werden bei vielen Unternehmen zu Liquiditätsengpässen führen. Der Gesetzgeber, das BMF und die Sozialversicherungsträger lassen Erleichterungen für die Stundung und Herabsetzung von Abgaben und Beiträgen zu. Hierfür müssen Unternehmen in den meisten Fällen jedoch selbst aktiv werden und einen Antrag stellen.

Überdies wurden für die kommenden Monate Erleichterungen bei verfahrensrechtlichen Fristen beschlossen.

Im Folgenden erfahren Sie mehr über die hierfür relevanten Hintergründe, Maßnahmen und Rechtsvorschriften.Stundung und


Herabsetzung von Steuerzahlungen

Bei einer Glaubhaftmachung von Liquiditätsengpässen aufgrund von COVID-19 kann die Herabsetzung von Steuervorauszahlungen, die Stundung oder Ratenzahlung einer Abgabe sowie die Nichtfestsetzung von bereits festgesetzten Säumniszuschlägen beantragt werden. Zur Formulierung der Glaubhaftmachung können Textbausteine, welche vom BMF veröffentlicht wurden, verwendet werden. Mittelbar betroffene Unternehmen haben ihre konkrete Betroffenheit ergänzend zu begründen.

Zusätzlich hat das BMF ein eigenes Formular zur Verfügung gestellt, mit dem steuerliche Erleichterungen beantragt werden können. Der Antrag kann entweder per E-Mail gesendet oder über FinanzOnline hochgeladen werden.

Die Abgabenbehörden sind dazu angehalten, derartige Anträge sofort zu erledigen. Betreffend die Stundungsanträge hat das BMF verlautbart, dass bei Vorliegen von konkreter Betroffenheit eine Stundung bis 30.9.2020 zu gewähren ist. Bei konkreter Betroffenheit sollen auch keine Stundungszinsen festgesetzt werden. Bei bloß mittelbarer Betroffenheit sollte der Antrag auf Nichtfestsetzung von Stundungszinsen ausführlicher begründet werden. Details zu den Informationen des BMF finden Sie hier.

Trotz dieser Erleichterungen ist es jedenfalls erforderlich, dass Abgabenerklärungen – etwa die monatlichen bzw quartalsweisen Umsatzsteuervoranmeldungen – in richtiger Höhe und fristgerecht (15. des zweitfolgenden Monats) abgegeben werden und daher auch die Abgabenschuld ordnungsgemäß in voller Höhe bekanntgegeben wird. Anstatt der vollständigen Zahlung kann jedoch zum Fälligkeitsdatum ein Stundungsantrag eingebracht werden und gegebenenfalls nur ein Teilbetrag einbezahlt werden. Dies ist grundsätzlich auch bei Lohnabgaben oder Einkommen- bzw Körperschaftsteuervorauszahlungen möglich.

Ein (teilweises) Nichtentrichten von Abgaben ohne entsprechende Anträge kann unangenehme Folgen haben: Neben Säumniszuschlägen (2% der Abgaben) können finanzstrafrechtliche Konsequenzen drohen. Ein proaktives Tätigwerden jedes Steuerpflichtigen ist daher dringend erforderlich. Bei Säumniszuschlägen bestehen jedoch Nachsichtsmöglichkeiten.

Die entsprechenden Anträge auf Stundung bzw Nichtfestsetzung von Stundungszinsen sowie Säumniszuschlägen  können seit 15.3.2020 auch per E-Mail an folgende Adresse übermittelt werden: corona@bmf.gv.at (Achtung: die Antragstellung per E-Mail ist nur bis 31.5.2020 vorgesehen). Wie zuvor bereits erwähnt, sind auch Anträge auf Herabsetzung von ESt- und KöSt-Vorauszahlungen von der Möglichkeit zur Antragstellung per Email  umfasst. Zu beachten dabei ist, dass das Original des Anbringens vor Einreichung zu unterfertigen und aus Beweisgründen sieben Jahre aufzubewahren ist.


Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen

Betrieben, die von der Schließungsverordnung oder einem Betretungsverbot betroffen sind, werden die Beiträge zur Sozialversicherung von der ÖGK automatisch für die Beitragszeiträume Februar, März und April 2020 gestundet. Sonstige Betriebe mit COVID-19-bedingten Liquiditätsproblemen können bei der ÖGK (bei der regional zuständigen Stelle) einen formlosen Antrag auf Stundung oder Ratenzahlung stellen. Für diese gestundeten Beitragszeiträume gilt Zinsfreiheit.

Auch die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) lässt Stundungen und Ratenzahlungen für Versicherungsbeiträge auf Antrag zu. Beitragsvorauszahlungen können überdies herabgesetzt werden. Entsprechende Anträge können per E-Mail oder mit entsprechenden Formularen (auch online) gestellt werden. Details dazu finden Sie auf der Homepage der SVS .

Bei nicht fristgerechter Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen können ua Verzugszinsen festgesetzt werden. Darüber hinaus ist die Einbehaltung von Sozialversicherungsbeiträgen vom Dienstnehmer und deren Nichtabfuhr an den Versicherungsträger strafbar. Es ist daher dringend zu empfehlen, bei Liquiditätsengpässe Zahlungserleichterungen zu beantragen.


Fristen für Abgabe von Steuererklärungen bis 31.8.2020 verlängert

Die Frist für die Abgabe von Jahressteuererklärungen 2019 betreffend die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte wird allgemein bis 31.8.2020 erstreckt. Darüber hinaus werden Verspätungszuschläge bis 31.8.2020 automatisch nicht verhängt.

Auch für die Abgabe von Jahressteuererklärungen 2018 werden die Fristen bis 31.8.2020 für alle Abgabepflichtigen erstreckt, die von einem Steuerberater vertreten werden. Die sogenannte Quotenregelung wird ausgesetzt und noch nicht eingereichte Steuererklärungen für 2018 (auch wenn diese bereits abberufen sind) müssen erst bis Ende August 2020 eingereicht werden.


Unterbrechung von Fristen im Abgabenverfahren sowie im Finanzstrafverfahren bis 1.5.2020

Um die Abgabepflichtigen in der derzeitigen Situation davor zu bewahren, aufgrund eines Fristenversäumnisses einen steuerlichen bzw finanzstrafrechtlichen Nachteil zu erleiden, wurden die Bundesabgabenordnung und das Finanzstrafgesetz angepasst. Der Fristenlauf von bestimmten, gesetzlich expliziert definierten Fristen wird unterbrochen. Von dieser Maßnahme sind folgende abgabenrechtlichen bzw finanzstrafrechtlichen Fristen umfasst:

  • die Frist zur Einbringung einer Beschwerde (sowohl im Abgaben- als auch im Finanzstrafverfahren);
  • die Frist zur Einbringung eines Einspruchs;
  • die Frist zur Anmeldung einer Beschwerde;
  • die Frist zur Einreichung eines Vorlageantrags; sowie
  • die Frist zur Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde.

Zusätzlich wurden mit  dem 3. COVID-19-Gesetz folgende weitere finanzstrafrechtliche Fristen unterbrochen: die Frist zur Einbringung eines Antrags auf Wiederaufnahme, die Frist zur Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie die Frist zur Erhebung von Einwendungen zur Niederschrift.

Fristen zur Einbringung von Stundungsanträgen sowie Fristen zur Einbringung eines Antrags auf Aufhebung eines Abgabenbescheides gemäß § 299 BAO (binnen eines Jahres ab Zustellung) werden jedoch nicht unterbrochen.

Die vorgesehenen Maßnahmen betreffen Fristen, die am 16.3.2020 noch offen waren bzw deren Fristenlauf zwischen 16.3.2020 und 30.4.2020 begonnen hat bzw beginnt. Die hiervon umfassten Fristen werden bis 1.5.2020 unterbrochen und beginnen mit 1.5.2020 neu zu laufen. Für den Fall, dass die derzeitigen von der Bundesregierung getroffenen Vorkehrungen iZm COVID-19 länger als bis zu diesem Zeitpunkt andauern, kann die Fristenunterbrechung mittels BMF-Verordnung verlängert werden.

Zu beachten ist, dass die Abgaben- bzw Finanzstrafbehörden unter bestimmten Voraussetzungen im jeweiligen Verfahren aussprechen können, dass eine von dieser Unterbrechung umfasste Frist nicht für den genannten Zeitraum unterbrochen werden soll. Dies bedarf jedoch einer expliziten Mitteilung an die betroffenen Verfahrensbeteiligten sowie der Festsetzung einer neuen angemessenen Frist.


Steuerbefreiungen für Zuwendungen iZm COVID-19

Mit dem 3. COVID-19-Gesetz wurden Zuwendungen, die Abgabepflichtige aufgrund der aktuellen Situation erhalten, steuerfrei gestellt. Die Steuerbefreiung gilt sowohl für Mittel aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds als auch aus dem Härtefallfonds sowie sämtliche Zuwendungen, die für derartige Zwecke zB von den Bundesländern, Gemeinden oder Interessenvertretungen geleistet werden. Hiervon umfasst sind Zuwendungen und Zuschüsse, die seit dem 1.3.2020 gewährt wurden.


Ihr Kontakt

Mag. Robert Rzeszut

Mag. Robert Rzeszut

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Mag. Robert Rzeszut ist Steuerberater und Partner im Bereich Tax Litigation bei Deloitte Österreich in Wien. Er ist Experte für Abgaben-Verfahrensrecht und führt insbesondere komplizierte und umfangreiche Beschwerden und Revisionen an die Verwaltungsgerichte, an Höchstgerichte sowie internationale Verständigungsverfahren. Als zertifizierter Finanzstrafrechtsexperte ist er überdies auf Selbstanzeigen und finanzstrafrechtliche Verteidigung spezialisiert.Als stv. Leiter der Arbeitsgruppe Verfahrensrecht im Fachsenat für Steuer- und Sozialrecht der Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (KSW) ist Mag. Rzeszut bestens mit akteullen Entwicklungen in seinen Spezialgebieten betraut. Darüber hinaus ist Mag. Rzeszut Herausgeber des KSW-Leitfadens für Betriebsprüfungen sowie des großen „Stoll“-Kommentars zur Bundesabgabenordnung (BAO). Weiters ist Mag. Rzeszut Autor zahlreicher Fachpublikationen im Steuerrecht und als Fachvortragender tätig. Als solcher leitet er den renommierten Lehrgang zum Verfahrensrecht auf der Akademie der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen.