Die österreichischen Zollbehörden haben verschiedene Maßnahmen erlassen, um Unternehmen bei Schwierigkeiten durch COVID-19 zu unterstützen.
Bei diversen Zollverfahren können Fristen verlängert werden. Kann im Versandverfahren die Gestellungsfrist nicht eingehalten werden, verlängert sich diese automatisch, sofern der Frachtführer oder Verfahrensinhaber bei der Bestimmungszollstelle (auch nachträglich) eine einfache schriftliche Erklärung abgibt, dass die Verspätung durch COVID-19 bedingt ist. Fristverlängerungsanträge aufgrund pandemiebedingter Umstände können bei Erstattung bzw Erlass, bei besonderen Verfahren sowie bei der vorübergehenden Verwendung gestellt werden. Kann die 3-Jahresfrist zur Wiedereinfuhr bei Rückwaren aufgrund des Corona Virus nicht eingehalten werden, gilt dies als besonderer Grund und ist nachzusehen. Die Zollämter heben für die Bearbeitung von pandemiebedingten Fristüberschreitungen keine Verwaltungsabgaben ein.
Unternehmen, die eine Gesamtsicherheit geleistet haben (wie zB für das Zahlungsaufschubkonto für die Bewilligung der aktiven Veredelung oder bei Zolllagern) können die Gesamtsicherheit auf Antrag anpassen, sofern sich die zu leistende Sicherheit pandemiebedingt geändert hat.
Sofern ein Antragsteller pandemiebedingt nicht innerhalb von 30 Tagen zu einer Entscheidung des Zollamts Stellung nehmen kann, teilt er dies dem verfahrenszuständigen Zollamt mit. Das Zollamt kann dann die Frist um weitere 30 Tage verlängern.
Die Zollbehörden können Zahlungserleichterungen wie zB Ratenzahlungen für Zollschulden gewähren, sofern das Unternehmen nachweist, dass es durch die Pandemie erheblichen wirtschaftlichen oder sozialen Schwierigkeiten ausgesetzt ist.
Verzugszinsen aufgrund nicht fristgerechter Zahlung werden bis zum 31.5.2020 pandemiebedingt generell ausgesetzt.
Ausfuhr- oder Versandbegleitdokumente müssen bei der Ausgangs- bzw Durchgangszollstelle nicht mehr physisch vorgelegt werden, sofern die MRN (eindeutige Registriernummer für Zollanmeldungen wie zB für die jeweilige Ausfuhr bzw den Versand) mittels anderer Medien wie zB SMS, E-Mail, WhatsApp bekanntgegeben wird.
Stundungen sind auch im Verbrauchsteuerbereich möglich. Anträge für Stundungen der Verbrauchsteuer können schriftlich an das Zollamt gestellt werden.
Durch den stark gestiegenen Verbrauch an Handdesinfektionsmittel dürfen Apotheken ab sofort unversteuerten Alkohol für die Herstellung von Desinfektionsmittel verwenden. Die steuerfreie Verwendung ist für Apotheken bereits ab Antragstellung möglich (und nicht erst ab Genehmigung durch die Zollbehörden).
Durch COVID-19 ist der Bedarf nach medizinischer Schutzausrüstung stark gestiegen. Um diese Nachfrage decken zu können, hat die EU eine Exportbeschränkung für medizinische Schutzausrüstung (Schutzbrillen und Visiere, Gesichtsschutzschilde, Mund-Nasen-Schutzausrüstung, Schutzkleidung, Handschuhe) eingeführt. Desinfektionsmittel sind von der Exportbeschränkung nicht erfasst. Bei der Ausfuhr dieser Produkte ist eine Ausfuhrgenehmigung vorzulegen. Die Genehmigungspflicht gilt ab dem 15.3.2020 für vorerst sechs Wochen. Von der Exportbeschränkung ausgenommen sind ua Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz.
Barbara Anzinger ist Managerin im Bereich Indirect Tax/Global Trade Advisory bei Deloitte in Wien. Als Zollrechtsexpertin verfügt sie über mehrjährige Erfahrung bei der Beratung von vorwiegend nationalen Unternehmen mit grenzüberschreitenden Handelsaktivitäten sowie multinationale Unternehmensgruppen. Ihre fachlichen Schwerpunkte liegen im europäischen Zollrecht, auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern sowie der Intervention in Betriebsprüfungs- und Rechtsmittelverfahren.