Posted: 08 Apr. 2020 8 min. read

UNTERLIEGEN DOPPEL- ODER ÜBERZAHLUNGEN DER UMSATZSTEUER?

Überblick

Bei Doppel- bzw Überzahlungen stellt sich die Frage, ob diese als Teil des Entgelts zu qualifizieren sind und somit umsatzsteuerbar sind oder ob diese wie Fehlüberweisungen zu behandeln sind und folglich nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Der VwGH hielt nun fest, dass bei Doppel- bzw Überzahlungen ein Zusammenhang zwischen der Leistung und der Zahlung besteht und diese somit umsatzsteuerbar sind (siehe VwGH v 24.10.2019, Ro 2018/15/0013).

Sachverhalt

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung wurde festgestellt, dass es im Prüfungszeitraum zu Doppel- oder Überzahlungen gekommen ist. Kunden der geprüften GmbH hatten Rechnungsbeträge oder Teile davon irrtümlich doppelt gezahlt. Da diese Zahlungen in einem Kausalzusammenhang mit den steuerbaren Lieferungen der GmbH standen, wurden diese seitens der Betriebsprüfung als Teil des Entgelts qualifiziert, sofern diese nicht von der GmbH wieder an die jeweiligen Kunden zurückbezahlt worden sind. Die GmbH brachte eine Beschwerde ein und argumentierte wie folgt:

  • Die Finanzverwaltung stützt ihre Ansicht auf Entscheidungen des BFH, wobei die korrespondierende Norm im deutschen Umsatzsteuergesetz von der österreichischen Bestimmung abweicht. Die Bestimmung im österreichischen Umsatzsteuergesetz stellt auf die Solleinnahme ab, wobei die Solleinnahme das vereinbarte – vertraglich zu zahlende Entgelt - ist. Die Doppel- bzw Überzahlung ist keine bedungene Einnahme.
  • Nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie setzt ein Entgelt einen unmittelbaren Zusammenhang mit der erbrachten Leistung voraus, welcher im vorliegenden Fall fehlt.
  • Die etwaige Mehreinnahme kann auch keine freiwillige Leistung sein, da es auch für eine freiwillige Leistung einen Zusammenhang zwischen Leistung und Zahlung bedarf, welcher bei Doppel- bzw Überzahlungen nicht vorliegt.
  • Eine Unterscheidung zwischen Fehlüberweisungen, welche nicht steuerbar sind, und Doppel- bzw Überzahlungen ist in der Praxis schwierig.

Das BFG gab der Beschwerde keine Folge und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Doppel- bzw Überzahlungen in einem Zusammenhang mit der erbrachten Leistung stehen. Eine ordentliche Revision wurde jedoch für zulässig erklärt, da noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur steuerlichen Behandlung von Doppel- oder Überzahlungen existierte.


VwGH Erkenntnis

In einem ersten Schritt führte der VwGH aus, dass der Wortlaut der Mehrwertsteuersystemrichtlinie für eine Anknüpfung des Entgelts an die tatsächlich erhaltene Gegenleistung spricht. Dies deshalb, da gemäß der Mehrwertsteuersystemrichtlinie zur Bemessungsgrundlage alles gehört, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder der Dienstleistungserbringer erhält oder erhalten soll. In einem zweiten Schritt geht der VwGH auf die nationale Bestimmung ein, und hält fest, dass nur das Entgelt ist, was in einer Zweckbindung zur Erlangung der Lieferung oder sonstigen Leistung steht. Sollte das vereinbarte Entgelt vom tatsächlich geleisteten Entgelt abweichen, ist maßgeblich, was wirtschaftlich tatsächlich zugeflossen ist, dh gezahlt wurde. Zum Schluss analysiert der VwGH noch den Unterschied zur echten Fehlüberweisung. Im Gegensatz zur echten Fehlüberweisung besteht bei einer Doppel- oder Überzahlung ein Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Leistung selbst, weil der Kunde – wenn auch irrtümlich – den Kaufpreis bezahlen möchte. Im Ergebnis ist somit die Doppel- oder Überzahlung Teil des Entgelts und somit grundsätzlich umsatzsteuerbar.


Fazit

Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs stellt nun klar, dass bei Doppel- oder Überzahlungen ein Zusammenhang zwischen der jeweiligen Zahlung und der Leistung besteht und diese somit Teil des Entgelts und steuerbar sind. Folglich sind diese Doppel- oder Überzahlungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Um dies zu vermeiden, sollte eine Doppel- bzw Überzahlung alsbald an den Kunden zurückgezahlt werden. Im Fall der Rückzahlung liegt eine Änderung der Bemessungsgrundlage vor.


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Mag. (FH) Verena Gabler

Mag. (FH) Verena Gabler

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Verena Gabler ist Partner im Bereich Steuerberatung und leitet die Tax Management Consulting Abteilung bei Deloitte Österreich. Die Umsatzsteuer-Spezialistin hat sich auf die Prozessberatung spezialisiert und unterstützt ihre Klienten bei der Entwicklung und Implementierung von Steuerkontrollsystemen. Dabei begleitet sie ihre Klienten bei der Analyse und Reduktion von steuerlich relevanten Risiken, der Optimierung von Prozessen und der Erhöhung des Automatisierungsgrades der Steuerfunktion durch den Einsatz von steuerrelevanter Software.