Posted: 20 Mar. 2020 9 min. read

VORÜBERGEHENDES HOMEOFFICE: GEFAHR EINER BETRIEBS-STÄTTENBEGRÜNDUNG?

Auf Grund des COVID-19 Virus sind derzeit viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu aufgefordert im Homeoffice zu arbeiten. Dank der europäischen Integration befindet sich in der heutigen Zeit jedoch das Zuhause oft nicht im selben Staat wie der Arbeitgeber bzw die Arbeitgeberin. In ganz Europa gibt es grenzüberschreitende Pendlerinnen und Pendler, welche aktuell dazu angehalten sind im Homeoffice zu arbeiten. Dabei stellt sich im Zusammenhang mit dem Arbeiten im Homeoffice stets die Frage, ob hierdurch eine ertragssteuerliche Betriebsstätte für den Arbeitgeber bzw die Arbeitgeberin begründet werden kann. Es sei darauf hingewiesen, dass in diesem Artikel ausschließlich die Begründung von ertragssteuerlichen Betriebsstätten diskutiert wird, nicht jedoch bspw auf die Begründung von Lohnsteuer-Betriebsstätten eingegangen wird.
 

Wohnung als Betriebsstätte

Grundsätzlich wäre die Wohnung einer Mitarbeiterin bzw eines Mitarbeiters als feste örtliche Einrichtung unter gewissen Voraussetzungen dazu geeignet eine Betriebsstätte zu begründen. Entsprechend des OECD Musterkommentars muss eine feste örtliche Einrichtung die folgenden Kriterien erfüllen, um eine abkommensrechtliche Betriebsstätte zu begründen:

  • Verfügungsgewalt der Arbeitgeberin bzw des Arbeitgebers;
  • Dauerhaftigkeit; und
  • unternehmerische Tätigkeit.

Während letzteres Kriterium wohl durch die Tätigkeit für die Arbeitgeberin bzw den Arbeitgeber stets erfüllt ist, sind die beiden anderen Kriterien näher zu untersuchen.
 

Verfügungsgewalt

Die österreichische Finanzverwaltung legt das Kriterium der Verfügungsmacht der Arbeitgeberin bzw des Arbeitgebers üblicherweise derart aus, dass schon das Tätigwerden für ein Unternehmen ausreicht, um dieses Kriterium zu erfüllen.

Im Vergleich zu dieser, in der Literatur als überschießend angesehenen Meinung der Finanzverwaltung, stellt die OECD in ihrem letzten Update des Musterkommentars klar, dass eine derart weite Auslegung grundsätzlich abzulehnen ist. Vielmehr sollte im Einzelfall beurteilt werden, ob die Arbeitgeberin bzw der Arbeitgeber eine gewisse tatsächliche Verfügungsmacht hat. Diese wird wohl bspw dann gegeben sein, wenn das Arbeiten in der eigenen Wohnung verlangt wird.

In der derzeitigen Situation wird zwar von der österreichischen Regierung empfohlen Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter ins Homeoffice zu senden, die letztendliche Entscheidung liegt jedoch faktisch bei der Arbeitgeberin bzw beim Arbeitgeber (und bei der Arbeitnehmerin bzw Arbeitnehemer). Auch wenn die Verfügungsgewalt im Einzelfall zu beurteilen ist, wird wohl derzeit in vielen Fällen davon auszugehen sein, dass dieses Kriterium auch im Sinne der Auslegung durch den OECD Musterkommentar erfüllt sein kann.
 

Dauerhaftigkeit

Von einer dauerhaften Einrichtung im Sinne des Musterkommentars ist im Normalfall dann auszu-gehen, wenn geplant ist, diese für eine Dauer von mehr als 6 Monaten zu nutzen.

Auch hierzu ist wieder eine Analyse im Einzelfall nötig. Es ist zu prüfen, welche Intention die Beteiligten verfolgen. Werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur vorübergehend ins Homeoffice geschickt und kann am Beginn davon ausgegangen werden, dass die 6 Monatsfrist nicht überschritten werden wird, dann wird das Kriterium der Dauerhaftigkeit wohl selbst bei tatsächlicher Überschreitung der 6 Monatsfrist nicht erfüllt sein.

Werden hingegen während des nicht auf Dauer geplanten Homeoffice die Vorteile des Teleworkings bewusst und wird beschlossen, dass künftig immer im Homeoffice gearbeitet werden soll, dann kann das Kriterium der Dauerhaftigkeit bereits von Anfang an erfüllt sein. In dieser Konstellation wäre im Einzelfall jedoch auch nochmals zu prüfen, ob das Kriterium der Verfügungsgewalt noch erfüllt ist, da das Homeoffice eventuell nicht mehr angeordnet, sondern nur noch angeboten wird. Weiters wird in einer derartigen Konstellation auch die Aufteilung der Tätigkeit zwischen Homeoffice und Präsenzarbeit am eigentlichen Unternehmensstandort zu würdigen sein; auch dies könnte im Zweifelsfall den Ausschlag gegen die Begründung einer abkommensrechtlichen Homeoffice Betriebsstätte geben.
 

Ausgenommene Hilfstätigkeiten

Im OECD Musterabkommen werden gewisse Tätigkeiten angeführt, welche grundsätzlich nicht zur Begründung von Betriebsstätten führen. Für Tätigkeiten im Homeoffice kommen insbesondere die Ausnahme für eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen anderer Tätigkeiten auszuüben, die vorbereitender Art sind oder eine Hilfstätigkeit darstellen, zum Tragen.

Hierunter wird in der Literatur bspw wissenschaftliches Forschen, das Bewerben des Unternehmens und dessen Produkte sowie das Erteilen von Informationen subsummiert. Der Ausnahmenkatalog iSd jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens ist im Einzelfall zu prüfen.
 

Conclusio

Im Regelfall wird wohl davon auszugehen sein, dass vorübergehend angeordnetes Homeoffice, wie bspw derzeit auf Grund des COVID-19 Virus nicht zur Begründung von Betriebsstätten führen wird. Werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hingegen nicht nur vorübergehend ins Homeoffice gesendet, dann sollte im Einzelfall beurteilt werden, ob hierdurch eine ertragssteuerliche Betriebs-stätte der Arbeitgeberin bzw desArbeitgebers begründet wird.


Ihr Kontakt

Daniel Gloser, MSc (WU)

Daniel Gloser, MSc (WU)

Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Daniel Gloser ist seit 2017 Berufsanwärter in der Steuerberatung bei Deloitte. Als Teil des Verrechnungspreis Teams unterstützt er in der Beratung von multinational agierenden österreichischen Unternehmen und österreichischen Geschäftseinheiten ausländischer Unternehmensgruppen. Der Tätigkeitsumfang reicht hierbei von der Erstellung über die Dokumentation bis hin zur Verteidigung von Verrechnungspreissystemen in Außenprüfungen.