Die Frist zur Einreichung einer Beschwerde beträgt einen Monat und kann auf Antrag verlängert werden. Ein eingebrachter Fristverlängerungsantrag entfaltet dabei eine hemmende Wirkung, dh die Monatsfrist pausiert und beginnt erst mit Wegfall des Hemmungsgrundes wieder weiter zu laufen. Hinsichtlich der Berechnung des Fristenlaufs bzw der nach Wegfall der Hemmung noch bestehenden Restfrist gab es bisher unterschiedliche Zugänge. In einem Erkenntnis vom 5.3.2020, Ro 2019/15/0008 beschäftigt sich der VwGH nunmehr ua mit der genauen Berechnung des Fristenlaufes und beseitigt die bestehenden Unklarheiten.
Am 21.8.2013 wurde eine (nunmehrige) Beschwerde gegen die dem Revisionswerber am 9.7.2013 zugestellte Bescheide eingebracht. Am vorletzten Tag der gesetzlichen Beschwerdefrist stellte die steuerliche Vertreterin einen Antrag auf Fristverlängerung. Im Fristverlängerungsantrag wurde dabei als Begründung angeführt, dass die steuerliche Vertreterin urlaubsbedingt bis 16.8.2013 abwesend sei. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 13.8.2013 abgewiesen. Am 16.8.2013 erfolgte hierfür ein Zustellversuch. Die Verständigung über die Hinterlegung wurde an der Adresse der steuerlichen Vertreterin eingelegt, wodurch der 19.8.2013 zum ersten Tag der Abholfrist wurde. Nach ihrer Rückkehr vom Urlaub brachte die steuerliche Vertreterin das Rechtsmittel am 21.8.2013 ein, welches vom BFG wegen Ablauf der gesetzlichen Rechtsmittelfrist zurückgewiesen wurde.
Im Hinblick auf die Berechnung des Fristenlaufes bzw der Restfrist war bisher der Beginn der Hemmungswirkung strittig. Gem eines Teils der Rechtsprechung des VwGH und der Literatur sei der Tag der Antragstellung nicht in die Hemmungswirkung miteinzurechnen. Die Hemmung beginne demnach erst mit Ablauf des Tages der Antragstellung. Bei Einbringung des Fristverlängerungsantrags am vorletzten Tag der Rechtsmittelfrist stünde daher lediglich ein Tag nach Wegfall der Hemmungswirkung als Restfrist zur Verfügung. Unter Umständen werde ausnahmsweise – bei Einbringung am letzten Tag – eine Restfrist von einem Tag gewährt. Dem gesetzlichen Wortlaut zufolge beginne die Hemmung mit dem Tag der Einbringung, wodurch der Tag der Antragstellung in die Hemmungswirkung (also in die Restfrist) miteingerechnet werde. Bei Postaufgabe am vorletzten Tag stünden somit noch zwei Tage nach Wegfall des Hemmungsgrundes zu.
Der VwGH stellte anhand des gesetzlichen Wortlauts fest, dass für das Ende der Hemmungswirkung jener Tag maßgeblich sei, an dem die Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag dem Antragsteller zugestellt werde. Da im Anlassfall die Beantwortung der Sachverhaltsfrage (wirksame Zustellung am 19.8.2020 oder 20.8.2020) im Ergebnis keine Auswirkung hatte, ließ der VwGH diesen Punkt offen. Jedenfalls beginne die offene Beschwerdefrist am nächsten Tag („[…] mit Ablauf des Tages, an dem die Hemmung des Fristenlaufes endet […]“).
Im Hinblick auf den Beginn der Hemmungswirkung, verwies der VwGH ebenfalls auf den gesetzlichen Wortlaut wonach die Hemmung des Fristenlaufes doch bereits mit dem Tag der Einbringung des Antrags auf Fristverlängerung beginne. Demzufolge seien im Falle des Revisionswerbers – bei Einbringung der Beschwerde am vorletzten Tag – noch zwei Tage der Beschwerdefrist offen gewesen. Der Hemmungsgrund sei in diesem Fall frühestens mit Ablauf des 19.8.2013 weggefallen, wodurch die Einbringung des Rechtsmittels am 21.8.2013 jedenfalls rechtzeitig war.
Für den Beginn der Hemmungswirkung stellt der VwGH klar auf den gesetzlichen Wortlaut – den Tag der Einbringung des Fristverlängerungsantrags – ab. Wird daher ein Fristverlängerungsantrag am letzten Tag der Rechtsmittelfrist gestellt, bleibt nach Zustellung der Entscheidung über den Antrag noch ein Tag als Restfrist offen. Eine Einbringung des Rechtsmittels am Folgetag der Zustellung wäre daher noch rechtzeitig.
Stefanie Jeegers ist Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Abgabenverfahrensrecht und Rechtsmittelverfahren.