Posted: 11 Nov. 2020 4 min. read

VWGH: WAHLRECHT ZUR ZURÜCKBEHALTUNG VON FREMDKAPITAL BEI ÜBERTRAGUNG VON BETEILIGUNGEN BEI TEILBETRIEBSABSPALTUNG IST NICHT ANZUWENDEN

Der VwGH hat im Fall der Zurückbehaltung von Fremdkapital bei der Abspaltung einer Beteiligung entschieden, dass ein diesbezügliches Wahlrecht nicht anwendbar sei, wenn der Kapitalanteil im Rahmen einer Teilbetriebsabspaltung übertragen wird(VwGH vom 17.7.2019, Ro 2016/13/0018). Folglich kann eine Beteiligung nur nach Ablauf einer siebenjährigen Betriebszugehörigkeit von der Finanzierungsverbindlichkeit getrennt werden.
 

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin, eine österreichische GmbH, erwarb in den Jahren 2006 und 2008 unter Aufnahme einer entsprechenden Fremdfinanzierung 100 % der Kapitalanteile an der italienischen S.r.l. Im Juni 2011 wurde ein Teilbetrieb der österreichischen GmbH, dem auch die Kapitalanteile an der S.r.l. zugeordnet waren, rückwirkend zum 31.12.2010 in die zuvor neu gegründete österreichische Tochtergesellschaft T-GmbH abgespalten. Die Finanzierungsverbindlichkeit aus dem Erwerb der zum Betriebsvermögen gehörenden italienischen Kapitalbeteiligung wurde dabei von der Beschwerdeführerin zurückbehalten.

Die Beschwerdeführerin machte sodann die Fremdkapitalzinsen als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt versagte den Zinsabzug jedoch mit der Begründung, dass aufgrund des betrieblichen Funktionszusammenhanges die Fremdfinanzierungsverbindlichkeit dem abgespaltenen Teilbetrieb und somit der T-GmbH zuzuordnen sei. In der vorgebrachten Beschwerde war demnach die Zulässigkeit der Ausübung des Wahlrechts zur Zurückbehaltung von zum Beteiligungserwerb aufgenommenem Fremdkapital bei Übertragung des qualifizierten Kapitalanteils im Rahmen einer Teilbetriebsabspaltung strittig.
 

Rechtsansicht des BFG und VwGH

Der Rechtsauffassung des Finanzamtes folgend entschied das BFG im Dezember 2015, dass die im Umgründungssteuergesetz vorgesehene Möglichkeit zur Abspaltung eines reinen Kapitalanteils nur dann anwendbar sei, wenn diese separat und demnach losgelöst von einer sonstigen Übertragung erfolge. Sollte die Beteiligung dahingegen einem abzuspaltenden Teilbetrieb zugeordnet sein und somit eine gemeinsame Übertragung erfolgen, könnten die Anschaffungsverbindlichkeiten iZm der Fremdfinanzierung nur bei bereits erfolgtem Ablauf einer siebenjährigen Betriebszugehörigkeit zurückbehalten werden, weil erst dann der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Kapitalanteil und Finanzierung aufgehoben wäre.

Da im gegenständlichen Fall seit dem fremdfinanzierten Beteiligungserwerb der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Abspaltung noch keine sieben Jahre vergangen waren und zudem von einem einheitlichen Übertragungsvorgang auszugehen sei, war eine Zurückbehaltung der Fremdfinanzierungsverbindlichkeit nicht möglich. Im Einklang mit der zum Thema ergangenen Rechtsprechung des EuGH, demnach eine schädliche Trennung von Wirtschaftsgütern jedenfalls dann gegeben ist, wenn der Betrag eines von der übertragenden Gesellschaft aufgenommenen Darlehens bei dieser verbleiben soll und lediglich die zugehörige Finanzierungsverbindlichkeit übertragen wird, schloss sich der VwGH in weiterer Folge der Rechtsauffassung des BFG an.
 

Fazit

Der VwGH hat sich der Rechtsmeinung des BFG angeschlossen und die Voraussetzungen für die Zurückbehaltung von Fremdkapital bei Übertragung von Kapitalanteilen geklärt. Demnach kommt die Zurückbehaltung einer Fremdfinanzierungsverbindlichkeit im Zuge einer Übertragung eines Kapitalanteils im Rahmen einer Teilbetriebsabspaltung erst nach Ablauf von sieben Jahren nach Anschaffung des Kapitalanteils in Betracht. Bei entsprechender Gestaltung sollte jedoch eine Trennung der Teilbetriebsabspaltung und der Übertragung des Kapitalanteils möglich sein, wodurch die sodann alleinstehende Abspaltung eines Kapitalanteils die Zurückbehaltung der Fremdfinanzierungsverbindlichkeit ermöglicht. Diese Voraussetzungen gelten analog für Übertragungen im Rahmen einer Einbringung.


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