Posted: 25 Sep. 2020 5 min. read

VWGH: ZINSABZUG UND FIRMENWERTABSCHREIBUNG BEIM GESTAFFELTEN KONZERNERWERB VON BETEILIGUNGEN

Der VwGH (6.7.2020, Ro 2019/13/0018) hat jüngst über die von der Finanzverwaltung bisher restriktiv behandelte und vielfach diskutierte Frage des „gestaffelten“ oder auch „aufgespaltenen“ Konzernerwerbs entschieden. Dabei geht es um die Frage der steuerlichen Behandlung eines Beteiligungserwerbs, bei dem die österreichische Zielgesellschaft zunächst aus einer Gruppe von Zielgesellschaften herausgekauft wird, bevor die anderen (idR ausländischen Gesellschaften) erworben werden. Der Erwerber und Veräußerer sind in dieser Konstellation typischerweise zueinander fremde Dritte ohne konzernmäßiges Naheverhältnis. Die relevanten Steuerfolgen betreffen nunmehr vor allem die Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen, die aus einer Kaufpreisfinanzierung resultieren. Historisch war auch die Berechtigung zur Vornahme einer Firmenwertabschreibung im Rahmen der Gruppenbesteuerung eine mögliche Implikation, allerdings wurde diese Art der Firmenwertabschreibung durch den Gesetzgeber inzwischen beseitigt.
 

Sachverhalt

Im entschiedenen Fall erwarb im Jahr 2010 eine Unternehmensgruppe von einer fremden nicht verbundenen Verkäuferin eine andere Unternehmensgruppe (Zielgruppe). Dieser Erwerb wurde mittels aufschiebender Bedingungen von der Abfolge her so gestaltet, dass zunächst die Anteile einer bestimmten österreichischen Tochtergesellschaft aus der Zielgruppe übertragen wurden und erst danach die Anteile an der deutschen Spitzengesellschaft der Zielgruppe.

Die Erwerberin der Anteile an der österreichischen Tochtergesellschaft errichtete in der Folge eine körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppe mit dieser Gesellschaft und machte aus der Kaufpreisfinanzierung resultierende Fremdkapitalkosten steuerlich geltend sowie ferner eine Firmenwertabschreibung im Rahmen der Gruppenbesteuerung.

Das Finanzamt lehnte in der Folge den Abzug der Fremdkapitalkosten und der Firmenwertabschreibung ab. Dies mit der Begründung, dass die österreichische Tochtergesellschaft von einer konzernzugehörigen Verkäuferin erworben worden sei. Es folgte ein Beschwerdeverfahren vor dem BFG, das zugunsten der Steuerpflichtigen entschied. Gegen diese Entscheidung wurde sodann vom Finanzamt Amtsrevision an den VwGH erhoben.
 

Entscheidung des VwGH

Der VwGH erwog, dass die Anteile an der Zielgesellschaft von einem im Erwerbszeitpunkt konzernfremden Unternehmen erworben wurden. Die vom Finanzamt im Verfahren vorgebrachten Argumente gegen die Abzugsfähigkeit entsprachen im Wesentlichen jenen in den Körperschaftsteuerrichtlinien. Laut diesen liegt ein Erwerb von einer konzernzugehörigen Körperschaft auch dann vor, wenn der einheitliche wirtschaftliche Vorgang des Erwerbs eines Konzerns rechtlich derart aufgespalten wird, dass zunächst die inländischen Beteiligungen und erst danach die restlichen Konzerngesellschaften erworben werden.

Unter Bedachtnahme auf Meinungen in der Fachliteratur argumentierte der VwGH, dass in der vorliegenden Konstellation auch in wirtschaftlicher Betrachtung gerade kein Erwerb von einer konzernzugehörigen Verkäuferin erfolge. Auch der gleichzeitige Erwerb aller Konzerngesellschaften würde nämlich immer noch eine fremdbezogene Anschaffung darstellen, weil im Anschaffungszeitpunkt kein die Erwerberin einschließender Konzern vorläge. Dies entspreche auch der Absicht des Gesetzgebers, der lediglich eine künstliche Generierung von abzugsfähigen Zinsen durch Beteiligungsveräußerungen innerhalb des Konzerns verhindern wollte. Das von der Finanzverwaltung bisher restriktiv gehandhabte Konzept des „gestaffelten Konzernerwerbs wurde hiermit verworfen. Ein für die Abzugsfähigkeit schädlicher Konzernerwerb liege somit nur dann vor, wenn zum Zeitpunkt der Anschaffung der Beteiligung an der inländischen Zielgesellschaft bereits ein Konzernverhältnis zwischen veräußernder und erwerbender Gesellschaft bestand oder Käufer und Verkäufer zu diesem Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar von demselben Gesellschafter beherrscht wurden. Im Resultat wurden sowohl der Fremdkapitalzinsenabzug als auch die Firmenwertabschreibung zugestanden.
 

Schlussfolgerung

Die Klärung der Frage des gestaffelten Konzernerwerbs durch den VwGH ist sehr begrüßenswert. Dieses Erkenntnis erhöht die Rechtssicherheit hinsichtlich der Möglichkeit eines Fremdkapitalzinsenabzugs in Fällen, bei denen nicht nur eine österreichische Zielgesellschaft erworben wird, sondern die österreichische Zielgesellschaft Teil einer typischerweise ausländischen Zielgruppe mit mehreren Gesellschaften im In- und Ausland ist.


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Dr. Peter Grau

Dr. Peter Grau

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Dr. Peter Grau ist Partner in der Steuerberatung bei Deloitte in Wien. Er ist in den Bereichen M&A Tax, internationales Steuerrecht und Konzernsteuerberatung tätig. Er berät seine Klienten in steuerlichen Fragen bei Unternehmenskäufen (Due Diligence, Structuring, Vertragsgestaltung), bei nationalen und grenzüberschreitenden Umgründungen, der steuerlichen Gestaltung von Legal-Entity-Strukturen, Supply Chains und in laufenden Fragestellungen der Unternehmensbesteuerung in Österreich und im Ausland im Verbund mit dem führenden Expertennetzwerk von Deloitte Tax & Legal.