Posted: 08 May 2020 4 min. read

VWGH ZUR ABZUGSFÄHIGKEIT VON NACHTRÄGLICHEN VERLUSTEN BEI GRUNDSTÜCKSVERÄUSSERUNGEN

Mit Erkenntnis vom 11.12.2019 entschied der VwGH darüber, inwieweit nachträgliche Aufwendungen bzw Erlösminderungen iZm Grundstücksveräußerungen mit anderen Einkünften ausgeglichen werden können. Der VwGH hält darin fest, dass nachträgliche Verluste aus Grundstücksveräußerungen insoweit mit anderen Einkünften ausgeglichen werden können, als bei der seinerzeitigen Veräußerung ein Gewinn erzielt wurde und dieser auch tatsächlich besteuert wurde. Darüber hinaus sind die regulären Verlustausgleichsbeschränkungen anwendbar.
 

Ausgangssachverhalt

Mit Kaufvertrag vom 4.4.2012 veräußerte die Beschwerdeführerin eine in ihrem Hälfteeigentum stehende Liegenschaft. Aus dem Verkauf resultierte ein Gesamtgewinn iHv EUR 14.567 welcher der Miteigentümerin im Ausmaß von 50 % - EUR 7.283,50 - zugerechnet wurde. In der Steuererklärung 2012 übte sie für den Gewinn aus der Grundstücksveräußerung die Regelbesteuerungsoption aus. Aufgrund ihrer niedrigen übrigen Einkünfte im Jahr 2012 ergab sich ein Gesamteinkommen von weniger als EUR 11.000 und folglich ein Steuersatz von 0 %. Die Einkommensteuer für das Jahr 2012 wurde daraufhin mit EUR 0 festgesetzt und die bei Veräußerung bereits einbehaltene Immobilienertragsteuer der Beschwerdeführerin rückerstattet.

Im Jahr 2016 kam es aufgrund von Mängeln am Verkaufsgegenstand zu einem Vergleich und einer Teilrückzahlung des Kaufpreises iHv insgesamt EUR 40.500. Den ihr zuzurechnenden Anteil iHv EUR 20.250 machte die Beschwerdeführerin in der Steuererklärung 2016 als negative Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die negativen Einkünfte mit der Begründung, dass nachträgliche Werbungskosten und Erlösminderungen in späteren Kalenderjahren nur dann mit anderen Einkünften auszugleichen sind, wenn der seinerzeitig aus dem Verkauf entstandene Gewinn einer effektiven Besteuerung unterlegen ist, nicht. BFG lässt Aufwendungen zu. Das BFG teilte die Ansicht des Finanzamts nicht und hielt fest, dass nachträgliche Aufwendungen im Abflussjahr insoweit mit sämtlichen Einkünften ausgeglichen werden können, als im Veräußerungsjahr ein Überschuss besteuert wurde. Es ließ einen Ausgleich der nachträglichen Rückzahlung des Kaufpreises bis zur Hälfte des bereits versteuerten Überschusses zu. Für jenen Teil der Erlösminderung, der in den Einkünften des Jahres 2012 keine Deckung fand, stand ein Verlustausgleich nach Ansicht des BFG nur zur Hälfte und nur mit positiven Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu.
 

Erkenntnis des VwGH

Nach Einbringung einer Amtsrevision befasste sich der VwGH mit der Frage, ob und inwieweit die nachträgliche Erlösminderung aus dem Grundstücksverkauf bei anderen Einkünften berücksichtigt werden kann. Bestätigt wurde zunächst, dass es bei der Einkommensteuer um die Besteuerung der im Einkommen zu Tage tretenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geht. Diese wird nur dann zutreffend erfasst, wenn eine Totalbetrachtung angewendet und die mit dem Geschäft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen oder Erlösminderungen als negative Einkommenskomponenten berücksichtigt werden, auch wenn diese erst in späteren Veranlagungszeiträumen angefallen sind. Das strenge Zufluss-Abfluss-Prinzip für die steuerliche Erfassung dieser Veräußerungsgeschäfte kommt daher nur eingeschränkt zur Anwendung. Vielmehr ist es verfassungsrechtlich geboten, nachträgliche Werbungskosten oder Erlösminderungen in späteren Kalenderjahren zum Ausgleich mit anderen Einkünften zuzulassen, wenn aus der seinerzeitigen Veräußerung ein Gewinn erzielt und dieser der Besteuerung unterworfen wurde. Andernfalls käme es insoweit zur Besteuerung von Einkommen, das gar nicht erzielt wurde. Das relative Verlustausgleichsverbot kommt demnach nur insoweit zur Anwendung, als ein Veräußerungsgeschäft gesamthaft betrachtet zu einem Verlust führt.

Dies gilt aber nur dann, wenn im Veräußerungsjahr ein Gewinn erzielt und dieser auch besteuert wurde. Nachdem sich im Beschwerdefall im Veräußerungsjahr ein positives Einkommen von weniger als EUR 11.000 ergeben hatte, führte der Veräußerungsgewinn zu keiner Besteuerung. Auch kam es zu keiner Kürzung potentiell vortragsfähiger Verluste aus dem Jahr 2012. Der VwGH kam daher zu dem Ergebnis, dass die nachträglichen Erlösminderungen im vorliegenden Fall nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden können.
 

Conclusio

Eine Verlustausgleichsbeschränkung darf nicht dazu führen, dass es zu einer Besteuerung fiktiver Veräußerungsgewinne kommt. Die Verrechnung nachträglich entstandener Verluste ist daher grundsätzlich bis zur Höhe des zuvor besteuerten fiktiven Gewinnes (bei Anwendung des besonderen Steuersatzes, wohl gekürzt auf 60 %) mit allen Einkunftsarten möglich. Kommt es jedoch im Veräußerungsjahr zu keiner Besteuerung des Veräußerungsgewinnes, sind auch nachträglich entstandene Verluste nicht mit anderen Einkunftsarten ausgleichsfähig. Für den insgesamt aus der Veräußerung entstehenden Verlust sind die Verlustausgleichsbeschränkungen, die (nach aktueller Rechtslage) eine Verlustverrechnung von 60 % lediglich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vorsehen, regulär anwendbar.


Ihr Kontakt

Marc Heschl, MSc (WU)

Marc Heschl, MSc (WU)

Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Marc Heschl ist im Bereich Business Process Services Payroll bei Deloitte am Standort Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen neben der Beratung von arbeits-, lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen auch in der Personalabrechnung von nationalen und internationalen Mandanten.