Besondere Auswirkungen hat die aktuelle durch COVID-19 hervorgerufene Situation auf Geschäfts- und Betriebsstätten. Im Folgenden soll ein Überblick gegeben werden, welche Betriebe vom behördlichen Betretungsverbot betroffen sind und was zurzeit bei der Schließung der Betriebe zu beachten ist.
Gemäß einer Verordnung des Gesundheitsministers ist bis inkl 13.4.2020 das Betreten des Kundenbereiches bestimmter Betriebsstätten des Handels und bestimmter Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zum Zweck des Erwerbes von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben untersagt. Die Betriebsstätten dürfen für die Dauer der Verordnung nicht mehr für den Kundenverkehr benützt werden. Restaurants müssen geschlossen bleiben.
Die Verordnung sieht jedoch einige Ausnahmen vor, darunter insbesondere: Apotheken, Lebensmittelhandel, Drogerien, Tankstellen, Banken, Tabakfachgeschäfte und Zeitungskioske, Verkauf von Tierfutter, Verkauf von Medizinprodukten, Verkauf und Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten und Agrarhandel. Ebenso werden auch abweichende Öffnungszeiten für bestimmte Verkaufsbetriebe festgesetzt: So dürfen Geschäfte des Lebensmittelhandels (ausgenommen Verkaufsstellen von Lebensmittelproduzenten), Drogerien, der Medizinprodukthandel, Tierfuttergeschäfte, Geschäfte zum Verkauf und der Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten sowie Agrarhandelsbetriebe nur in der Zeit zwischen 7.40 h und 19.00 h geöffnet sein.
Auch Restaurants ist die Bewirtung ihrer Gäste vor Ort weiterhin verwehrt. Durch die letzte Novelle der Verordnung wurde jedoch klargestellt, dass nicht nur der Lieferbetrieb aufrechterhalten werden kann, sondern auch die Abholung vorbestellter Speisen durch Kunden zulässig ist, sofern dabei ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten wird.
Bisher haben lediglich verschiedene landesgesetzliche Verordnungen einzelner Bundesländer (wie zB Tirol und Salzburg) Betretungsverbote für Beherbergungsbetriebe (Hotelbetriebe, Appartementhäuser, Chalets, Airbnb, Privatzimmervermietungen und dergleichen sowie Campingplätze) vorgesehen. Nunmehr wurde auch ein bundesweites Betretungsverbot von Beherbergungsbetrieben ab 4.4.2020 erlassen, wobei jedoch eine Ausnahme für bereits aufgenommene Gäste während der Dauer des ursprünglich vereinbarten Aufenthalts gilt. Für Beherbergungsbetriebe dauert das Betretungsverbot im Übrigen bis zum Ablauf des 23.4.2020 an.
Ein Verstoß ist mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 3.600 zu bestrafen. Sorgt der Inhaber einer Betriebsstätte nicht dafür, dass der Kundenbereich nicht betreten wird, droht ihm eine Geldstrafe von bis zu EUR 30.000.
Vom behördlich angeordneten Betretungsverbot sind vor allem Restaurants, Geschäfte und Dienstleistungsunternehmen mit Kundenbereichen, sowie Sport- und Freizeitbetriebe betroffen. Flächen, die nicht für den Kundenbereich von Handels- und Dienstleistungsbetrieben bestimmt sind, wie zB die für Mitarbeiter bestimmten Bereiche, sowie Büros, Werkstätten, Produktionsbetriebe und Küchen von Restaurants, sind vom Verbot grundsätzlich nicht umfasst. Restaurants dürfen daher weiterhin Speisen zubereiten und ausliefern. Produktionsbetriebe dürfen weiterhin produzieren. Lediglich die Kundenbereiche sind geschlossen zu halten. Hier gilt allerdings, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden muss, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
Allerdings ist grundsätzlich darauf zu achten, dass eine berufliche Tätigkeit vorzugweise außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen soll, sofern dies möglich ist und Arbeitgeberinnen bzw Arbeitgeber und Beschäftige darüber ein Einvernehmen finden. Die Möglichkeit, dass die berufliche Tätigkeit außerhalb der Arbeitsstätte erfolgt, wird überwiegend für Büros zutreffen. Die Verordnung sieht jedoch keine Verpflichtung zum Home-Office vor. Bisher hat die Bundesregierung lediglich dazu aufgerufen, von der Möglichkeit des Home-Office zur Eindämmung der Pandemie Gebrauch zu machen. Ebenso gab es zwischenzeitlich Ankündigungen der Bundesregierung, dass eine gesonderte Verordnung folgen wird, die Home-Office zumindest für Risikogruppen verpflichtend macht.
Im Gegensatz zum Betretungsverbot für die Kundenbereiche von Handels- und Dienstleistungsunternehmen ist sohin die Ausübung der nicht mit Kundenverkehr verbundenen Unternehmen erlaubt und nicht mit Strafe bedroht.
Ab 14.4.2020 können kleine Geschäftslokale für den Verkauf von Waren und Handwerksbetriebe unter den folgenden Bedingungen öffnen:
Bau- und Gartenmärkte können ebenfalls bereits ab 14.4.2020 aufsperren, unabhängig von der Größe der Verkaufsfläche – die weiteren Vorrausetzungen gelten jedoch auch für sie. Für Einkaufszentren soll gelten, dass sich die 400 m² Grenze auf die gesamte Verkaufsfläche im Center bezieht. Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte in Einkaufszentren sind jedoch von der 400m² Grenze ausgenommen.
Ab 1.5.2020 sollen alle Geschäfte für den Verkauf von Waren sowie Friseure unter strengen Auflagen, die noch zu determinieren sind, wieder öffnen dürfen. Alle anderen Dienstleistungsbereiche inkl Hotels und Gastronomie werden bis Ende April evaluiert mit dem Ziel ab Mitte Mai eine stufenweise Öffnung zu ermöglichen.
Diese Auskunft beruht auf den bisherigen Ankündigungen der Bundesregierung. Stand 8.4.2020 wurde dieser Fahrplan noch nicht rechtsverbindlich in einer Verordnung des Gesundheitsministers umgesetzt. Es ist zu erwarten, dass es hier noch zu punktuellen Abweichungen kommt, zumal bereits jetzt von mehreren Seiten die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung verschiedener Branchen eingewendet wird.
Viele der vom Betretungsverbot umfassten Unternehmen haben Mietverträge über ihre Geschäfte abgeschlossen. Wenn der Mietgegenstand aufgrund des behördlichen Betretungsverbotes nicht benützt werden kann, besteht keine Betriebspflicht. Der Mieter muss das Geschäftslokal daher nicht betreiben. Konsequenterweise bestehen auch keine Schadenersatzansprüche. Auch Pönaleverpflichtungen, die ja pauschalierter Schadenersatz sind, gehen wohl ins Leere.
Etwas Anderes könnte gelten, wenn ein Betrieb, der von einem Betretungsverbot ausgenommen ist (zB ein Drogeriemarkt), freiwillig schließt. Hier könnte der Mieter Gefahr laufen, gegen mietvertragliche Bestimmungen zu verstoßen. Es ist daher zu empfehlen, hier die vertraglichen Bestimmungen einer genauen Prüfung zu unterziehen.
Der Mieter ist verpflichtet, den Bestandgegenstand eines vom Betretungsverbot betroffenen Betriebes gesichert zu hinterlassen. So hat er jene Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich sind, um ernste Schäden hintanzuhalten und Versicherungsleistungen zu wahren. Wie bei jeder längeren Abwesenheit muss der Mieter bspw den Hauptwasserhahn abdrehen. Solange es zumutbar und rechtlich möglich ist, ist der Mieter auch verpflichtet, in gewissen Abständen den Zustand des Bestandobjektes auf ernste Schäden hin zu überprüfen.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, eine Entschädigung aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds aufgrund von Maßnahmen zur Abfederung von Einnahmenausfällen in Folge der Krise zu erhalten. Hier bleibt allerdings abzuwarten, welche speziellen Regelungen diesbezüglich noch erlassen werden. Beabsichtigt ist, 15 Milliarden Euro in die Notfallhilfe zu investieren, um Branchen zu unterstützen, die besonders hart von der COVID-19-Krise getroffen werden. Ob auch Vermieter, die aufgrund der drohenden Gefahr des Ausfalls von Mietzahlungen ebenfalls schwer getroffen sind, Entschädigungen erhalten werden, bleibt abzuwarten.
Das COVID-19-Gesetz regelt, dass die Bestimmungen des Epidemiegesetzes betreffend die Schließung von Betriebsstätten nicht zur Anwendung kommen. Im Übrigen bleiben die Bestimmungen des Epidemiegesetzes allerdings unberührt. So regelt das Epidemiegesetz, dass natürlichen und juristischen Personen wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbs entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten ist, wenn und soweit sie ein Unternehmen betreiben, das in seinem Betrieb eingeschränkt wird. Der Anspruch ist binnen 6 Wochen ab Aufhebung der behördlichen Maßnahmen (bei sonstigem Erlöschen) bei der Bezirksverwaltungsbehörde geltend zu machen. Unklar ist nach wie vor (Stand Anfang April 2020), wie die Regelungen des Epidemiegesetzes und des COVID-19-Gesetzes zusammenhängen. Vorsichtshalber sollte daher erwogen werden, den Antrag binnen der gesetzlichen Frist zu stellen.
Gabriele Etzl ist Partnerin bei Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte (JWO), dem österreichischen Mitglied des globalen Anwaltsnetzwerkes Deloitte Legal, und leitet die Praxisgruppe Real Estate. Zuvor war sie 14 Jahre lang Partnerin im Immobilienbereich einer der größten Anwaltskanzleien Österreichs. Sie ist Expertin für Immobilienrecht mit dem Schwerpunkt nationale und internationale Immobilientransaktionen, Immobilienfinanzierung, Immobilienrestrukturierung, gewerbliches und privates Miet- und Wohnrecht, Bauträgervertragsrecht, sowie öffentliches Immobilienrecht. Sie spricht fließend Deutsch und Englisch und verfügt über Grundkenntnisse der spanischen und französischen Sprache. Gabriele Etzl ist Lehrbeauftragte für Immobilienrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Wien und Autorin mehrerer immobilienbezogener Publikationen, insbesondere auch zu Immobilienrecht und Immobilienfinanzierungen in Österreich und CEE.