Posted: 12 Aug. 2021 7 min. read

BFG: ABGABENERHÖHUNG PRO FINANZVERGEHEN FESTZUSETZEN

Überblick

Wird eine Selbstanzeige anlässlich von Prüfungshandlungen nach deren Anmeldung bzw sonstiger Bekanntgabe in Hinsicht auf vorsätzlich bzw grob fahrlässig begangener Finanzvergehen erstattet, muss zusätzlich zur Schadensgutmachung eine von der Abgabenbehörde bescheidmäßig festzusetzende Abgabenerhöhung entrichtet werden. Die Behörde hat die Abgabenerhöhung pro Finanzvergehen festzusetzen. Folgerichtig ist die Offenlegung derart zu gestalten, dass die Behörde in die Lage versetzt wird, pro Finanzvergehen eine Abgabenerhöhung berechnen zu können. Ist dies nicht der Fall, sind die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben, wodurch wiederum die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige wegfällt.

Sachverhalt

Ein Verband, seine Geschäftsführer sowie der steuerliche Vertreter legten anlässlich einer Prüfungshandlung Verkürzungen der Körperschaftsteuer sowie der Abzugsteuer für mehrere Jahre offen. Die geschuldeten Beträge wurden durch den Verband pro Jahr geschätzt und anschließend entrichtet. Im Nachgang zur Selbstanzeige setzte die Abgabenbehörde für die betreffenden Jahre die Abgabennachforderungen bescheidmäßig fest. Zudem erließ das FA einen Bescheid zur Festsetzung einer Abgabenerhöhung. Dieser „Sammelbescheid“ beinhaltete die Zeiträume, welche in Jahren angegeben waren, sowie die zu entrichteten Mehrbeträge (bestehend aus Körperschaft- sowie Abzugsteuer), welche pro Jahr berechnet wurden, die Summe aller Mehrbeträge und den auf Basis dieser Summe berechneten Abgabenerhöhungsbetrag. Der Verband brachte Beschwerde gegen den Bescheid ein, die dem BFG zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Entscheidung des BFG

Das BFG hielt fest, dass im Rahmen einer Selbstanzeige, welche sich auf mehrere Finanzvergehen bezieht, für jede einzelne strafbare Handlung die jeweilige Abgabenart und der jeweilige Zeitraum offenzulegen ist. Diese Voraussetzung resultiert daraus, dass zum einen die Abgabenbehörde in die Lage versetzt werden soll, rasch eine richtige Abgabenfestsetzung vorzunehmen. Zum anderen soll es der Behörde ermöglicht werden, jedes einzelne Finanzvergehen prüfen zu können, sodass pro Finanzvergehen eine Abgabenerhöhung festgesetzt werden kann.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer unter anderem einen Sachverhalt betreffend die Abzugsteuer offengelegt. Die Abzugssteuer ist eine Selbstberechnungsabgabe, welche monatsweise zu entrichten ist. Der Beschwerdeführer hat über mehrere Jahre hinweg die Abzugsteuer nicht in voller Höhe abgeführt, wodurch mehrere Finanzvergehen mit dem Tatzeitraum von jeweils einem Monat begangen wurden. Dementsprechend hätte der Verband die Verkürzungen der Abzugssteuer, anstelle geschätzter Jahresbeträge, in Form von geschätzten Monatsbeträgen offenzulegen gehabt.

Nach Ansicht des BFG ist somit der von der Abgabenbehörde erlassene Bescheid rechtswidrig, da die darin festgesetzten Abgabenerhöhungen nicht pro Finanzvergehen gesondert ausgewiesen wurden. Dies war jedoch aufgrund der unvollständigen Selbstanzeige des Beschwerdeführers auch nicht möglich. Die Behörde wurde nicht in die Lage versetzt, rasch richtige Abgabenfestsetzungen durchzuführen. Demzufolge wurden die inhaltlichen Anforderungen einer Selbstanzeige nicht erfüllt, wodurch bereits deswegen die Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung entfalten konnte. Der Beschwerde wurde daher stattgegeben und der Bescheid, mit der die Abgabenerhöhungen festgesetzt wurden, wurde aufgehoben.

Fazit

Bei einer Selbstanzeige, im Rahmen welcher mehrere Finanzvergehen angezeigt werden, ist es zur Erlangung der strafbefreienden Wirkung nicht ausreichend, Verkürzungen von Abgaben, welche monatsweise zu entrichten sind, mittels Jahresbeträgen offenzulegen. Vielmehr muss der Anzeiger eine Aufgliederung in die einzelnen Abgabenzeiträume vornehmen. Wird die Abgabenbehörde mangels Bekanntgabe der richtigen Tatzeiträume nicht in die Lage versetzt, rasch richtig die Abgaben sowie in weiterer Folge die Abgabenerhöhung festzusetzen, sind die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht erfüllt.


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Ihr Kontakt

Mag. Madeleine Grünsteidl, LL.B. (WU), LL.M. (NYU)

Mag. Madeleine Grünsteidl, LL.B. (WU), LL.M. (NYU)

Senior Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Madeleine Grünsteidl ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Verfahrens- und Finanzstrafrecht, in der Beratung von Privatpersonen (Private Clients) sowie Körperschaften und im internationalen Steuerrecht. Zudem ist sie spezialisiert auf Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Wirtschaftliche Eigentümer-Registergesetz. Sie ist regelmäßig als Fachautorin und Fachvortragende tätig.