Posted: 19 Apr. 2021 7 min. read

BINDET DAS KONKURRENZVERBOT DES ANGG AUCH DRITTE?

Das Konkurrenzverbot des Angestelltengesetztes (AngG) normiert, dass Angestellte ohne Bewilligung des Dienstgebers bzw der Dienstgeberin weder ein selbständiges kaufmännisches Unternehmen betreiben noch in demselben Geschäftszweig für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte machen dürfen. Bei einem Verstoß gegen das Konkurrenzverbot kann Ersatz des verursachten Schadens gefordert werden oder stattdessen verlangt werden, dass die von den Angestellten gemachten Geschäfte als für Rechnung des Dienstgebers bzw der Dienstgeberin geschlossen gelten. Bezüglich der für fremde Rechnung geschlossenen Geschäfte kann der Dienstgeber bzw die Dienstgeberin die Herausgabe der hierfür bezogenen Vergütung oder Abtretung des Anspruches auf Vergütung begehren.

In der Entscheidung vom 7.4.2020 zu 4 Ob 234/19v beschäftigte sich der OGH mit der Frage, ob Ersatzansprüche wegen Verstößen gegen das Konkurrenzverbot auch gegen eine von Angestellten gegründete GmbH bestehen.

Sachverhalt

Die Klägerin und die Beklagte waren in der Güterbeförderung tätig. Beide Streitteile wurden in der Rechtsform einer GmbH betrieben. Die Klägerin behauptete, der Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten habe, als er gleichzeitig auch Prokurist der Klägerin gewesen sei, vor Beendigung seines Dienstverhältnisses zur Klägerin zahlreiche Geschäfte der Klägerin ohne ihr Einverständnis über die beklagte GmbH abgewickelt und so gegen das Konkurrenzverbot verstoßen. Aus diesem Grund machte die Klägerin Ansprüche gegen die Beklagte nach dem AngG geltend.

Entscheidung des OGH

Das AngG enthält das Verbot, ohne Bewilligung des Dienstgebers bzw der Dienstgeberin ein selbstständiges kaufmännisches Unternehmen zu betreiben oder in demselben Geschäftszweig für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte zu machen. Das Gesetz enthält damit zwei verschiedene Tatbestände: Während das Wettbewerbsverbot vor unerwünschter Konkurrenz durch Arbeitnehmerinnen bzw Arbeitnehmer im eigenen Geschäftszweig schützen soll, zielt das Verbot des Betriebs eines selbstständigen kaufmännischen Unternehmens vor allem darauf ab, die volle Arbeitskraft von Angestellten und die uneingeschränkte Vertretung der Interessen des Betriebs zu sichern.

Was die Sanktionen für Angestellte bei Verletzung des gesetzlichen Konkurrenzverbots betrifft, kommt eine Entlassung in Betracht. Daneben sieht das AngG auch die eingangs erwähnten schadenersatzrechtlichen Ansprüche der Dienstgeberin gegen die Angestellten vor. Ansprüche des Dienstgebers bzw der Dienstgeberin gegen Dritte sind den Bestimmungen des AngG – auf die sich die Klägerin im vorliegenden Fall allein gestützt hat – nicht zu entnehmen.

Bei einer Kapitalgesellschaft wie der GmbH muss klar zwischen der juristischen Person und deren Gesellschafter und Organen unterschieden werden. Juristische Person und Gesellschafter sind verschiedene Rechtssubjekte und daher auseinanderzuhalten. Die Rechtsansicht, bei Gründung einer GmbH trete diese gewissermaßen in die Position der Angestellten ein und sei dann an das Konkurrenzverbot gebunden, findet im AngG keine Deckung. Der Arbeitsvertrag wurde zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten, der gleichzeitig Prokurist im Unternehmen der Klägerin war, geschlossen. Es ist aber bereits aus dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung im AngG abzuleiten, dass das Konkurrenzverbot die Angestellten, nicht aber Dritte bindet. Zu den Voraussetzungen für eine mögliche Ausnahme von diesem Grundsatz, wie bspw das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts oder von Kollusion, hat die Klägerin kein Vorbringen erstattet. Der OGH hat sich daraufhin mit dieser Frage nicht auseinandergesetzt.

Fazit

Der OGH hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass das Konkurrenzverbot nach dem AngG nur die konkreten Angestellten, nicht aber Dritte, wie im Anlassfall eine von einem Angestellten gegründete GmbH, bindet. Ansprüche aufgrund eines Verstoßes gegen das Konkurrenzverbot des AngG können sohin nur gegen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer persönlich geltend gemacht werden.

Unsere Arbeitsrechtsexperten von Deloitte Legal beraten Sie gerne zu allen rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit Konkurrenz- und Wettbewerbsverboten.


Ihr Kontakt

Dr. Stefan Zischka

Dr. Stefan Zischka

Deloitte Legal | Jank Weiler Operenyi RA

Stefan Zischka ist Partner und leitet den Fachbereich Arbeitsrecht bei Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte (JWO), dem österreichischen Mitglied des globalen Anwaltsnetzwerkes Deloitte Legal. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen die Bereiche Arbeits- und Sozialrecht sowie Zivilprozessrecht (Litigation). Im Jahr 2017 schloss er sich JWO als Partner an. Vor JWO war Stefan Zischka als Rechtsanwalt in einer der größten Rechtsanwaltkanzleien Österreichs (CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte) und als Legal Counsel in der Erste Bank tätig.