Posted: 02 Feb. 2021 5 min. read

BMF VERÖFFENTLICHT INFORMATIONSSCHREIBEN ZUM EU-MELDEPFLICHTGESETZ

Mit dem EU-Meldepflichtgesetz (EU-MPfG) wurde in Österreich die EU-Richtlinie 2018/822 („DAC 6“) umgesetzt, die eine Pflicht zur Meldung bestimmter grenzüberschreitender Steuergestaltungen an die nationalen Finanzverwaltungen vorsieht. Das EU-MPfG ist am 1.7.2020 in Kraft getreten und hat in der Praxis zahlreiche Anwendungsfragen aufgeworfen. Abhilfe schafft nunmehr ein vom Bundesministerium für Finanzen im Oktober veröffentlichtes Informationsschreiben zur Anwendung des EU-MPfG (BMF-Info vom 21.10.2020, 2020-0.675.748), das Klarstellungen zu Begriffsdefinitionen und den einzelnen „Kennzeichen“ meldepflichtiger Gestaltungen sowie Regelungen zu den Meldefristen enthält. Im Folgenden wird auf einige ausgewählte Punkte des Informationsschreibens eingegangen.
 

Risiko der Steuervermeidung

Gemäß dem EU-MPfG sind tatbestandliche Gestaltungen (unbedingt meldepflichtige und bedingt meldepflichtige Gestaltungen) lediglich meldepflichtig, wenn ein Risiko der Steuervermeidung, der Umgehung des Gemeinsamen Meldestandards oder der Verhinderung der Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers vorliegt. Der österreichische Gesetzgeber hat dieses zusätzliche Prüfkriterium entgegen vieler anderer Mitgliedstaaten eingeführt, um eine Meldung unschädlicher bzw vom Gesetzgeber intendierter Gestaltungen zu vermeiden. Mangels Definition hat dieser zusätzliche Prüfschritt in der Praxis zu einigen Unklarheiten geführt. Die BMF-Information erläutert nunmehr, dass ein Risiko der Steuervermeidung vorliegt, wenn eine Gestaltung entwickelt wurde, um potenzielle Marktineffizienzen auszunutzen, um Steuersubstrat in Staaten mit vorteilhafteren Steuersystemen zu verlagern bzw um die Gesamtsteuerbelastung des Steuerpflichtigen zu verringern. Entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut, wonach die gesetzlich normierten Kennzeichen nicht automatisch ein Risiko der Steuervermeidung aufweisen, geht das BMF zudem in seinem Informationsschreiben davon aus, dass bei Vorliegen eines Kennzeichens grundsätzlich ein Risiko der Steuervermeidung besteht, solange keine abmildernden Faktoren dagegensprechen. Gesetzlich klar intendierte Steuervorteile weisen jedoch kein Risiko der Steuervermeidung auf. Als Beispiele ausdrücklich genannt sind das Erreichen von Mindestgrenzen iZm der Schachtelbeteiligung, der Bezug von steuerfreien Beteiligungserträgen, das Abwarten von gesetzlichen Fristen, das Errichten von Auslandsurkunden ohne Inlandsbezug sowie fremdfinanzierte Gewinnausschüttungen.
 

Klarstellungen zu ausgewählten meldepflichtigen Gestaltungen

  • Ein Zu- oder Wegzug einer natürlichen Person kann eine tatbestandliche Gestaltung  darstellen, wenn Bewertungsunterschiede vorliegen und die betreffenden Wirtschaftsgüter im Wegzugs-/Zuzugsstaat nicht der Steuerpflicht unterliegen. 
  • Eine meldepflichtige Befreiung von der Doppelbesteuerung in mehr als einem Staat ist gegeben, wenn die Besteuerung der Einkünfte aufgrund von Qualifikationskonflikten in beiden Staaten unterbleibt. Das BMF hält fest, dass „Doppelnichtbesteuerungsfälle“, die auf klar intendierten DBA-Bestimmungen beruhen, zu keiner Meldepflicht führen.
  • Dem BMF-Informationsschreiben zur Folge stellen unilaterale Advanced Pricing Agreements (APA) und Auskunftsbescheide keine meldepflichtigen Safe-Harbour-Regelungen dar.
  • Das BMF-Schreiben legt fest, dass Umgründungen in der Regel nicht unter „standardisierte“ Gestaltungen zu subsumieren sind. Eine Betrachtung des Einzelfalls sei jedoch notwendig.  
  • Die Übertragung einer Forderung im Wege einer Einlage bzw ein Forderungsverzicht im Konzern erfüllt grundsätzlich das Kennzeichen der Umwandlung von Einkünften, sofern steuerpflichtige Zinseinkünfte in steuerbefreite Dividenden umgewandelt werden. Das BMF hat klargestellt, dass neben einem Forderungsverzicht zur Sanierung einer Tochtergesellschaft auch Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenkapitalsituation idR keine Meldepflicht auslösen.
     

Klarstellungen zu Meldefristen und zur Intermediärseigenschaft

  • Die BMF-Info erläutert, dass im Falle einer maßgeschneiderten Gestaltung idR keine Meldepflicht gegeben sein wird, sofern die umsetzungsbereite Gestaltung vom Steuerpflichtigen nicht erworben wird, weil es in diesem Fall an einem relevanten Steuerpflichtigen mangelt.
  • Im Fall eines Hilfsintermediärs kann die Meldefrist nicht vor Beginn der Frist des Hauptintermediärs beginnen, da eine meldepflichtige Gestaltung frühestens ab dem Zeitpunkt einer abgeschlossenen Konzeption vorliegt. Ein noch nicht verwertbarer Entwurf löst noch keinen Beginn der Meldefrist aus.
  • Jahresabschlussprüfer erfüllen idR den Intermediärsbegriff nicht, da sie erst nach bereits erfolgter Umsetzung einer meldepflichtigen Gestaltung tätig werden.
     

Fazit

Das von Beratern und Steuerpflichtigen langersehnte Informationsschreiben des BMF liefert einige wichtige Informationen zur Auslegung des EU-Meldepflichtgesetzes, lässt jedoch zahlreiche Fragen (weiterhin) offen. Im Hinblick auf die weitreichenden Auswirkungen für Berater und Steuerpflichtige bleibt zu hoffen, dass umfangreichere Auslegungshilfen seitens der Finanzverwaltung folgen werden. 


Ihr Kontakt

Mag. Jacqueline Edelsbrunner

Mag. Jacqueline Edelsbrunner

Senior Assistant Tax | Deloitte Österreich

Jacqueline Edelsbrunner ist Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der steuerlichen Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Privatstiftungen, ausländischen Stiftungen/Trusts, Familienunternehmen sowie im Bereich der Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung. Sie ist weiters Autorin diverser Fachbeiträge im Steuerrecht.