Posted: 23 Sep. 2021 7 min. read

DEUTSCHLAND: OPTION ZUR BESTEUERUNG ALS KÖRPERSCHAFT FÜR PERSONENGESELLSCHAFTEN („CHECK-THE-BOX“)

Der deutsche Gesetzgeber hat kürzlich das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) verabschiedet. Zentrales Element des KöMoG ist die Einführung einer optionalen Körperschaftbesteuerung für Personengesellschaften. Auf Antrag können diese zukünftig dazu optieren, entgegen der sonst vorgesehenen transparenten Besteuerung, als eigenes Körperschaftsteuersubjekt behandelt zu werden. Ziel der Regelung ist die Schaffung von Rechtsformneutralität sowie die Erhöhung der Standortattraktivität. Besonders im deutschen Mittelstand und bei Familienunternehmen erfreut sich die Gesellschaftsform der Personengesellschaft in Deutschland großer Beliebtheit. Anwendbar ist das neue Optionsmodell ab dem 1.1.2022, wobei der entsprechende Antrag auf Körperschaftbesteuerung spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu stellen ist, für das die Option wirken soll.

Antragsberechtigung

Antragsberechtigt sind nur ‚Personenhandelsgesellschaften‘ (Offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften inklusive GmbH & Co. KG) und ‚Partnerschaftsgesellschaften‘ (vereinfacht ausgedrückt: ‚Freiberufler OGs‘). Einzelunternehmen, Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) und Investmentfonds iSd deutschen Investmentsteuergesetzes sind hingegen nicht optionsberechtigt. Ebenso nicht optionsberechtigt sind "Gesellschaften, die nach Ausübung der Option in dem Staat, in dem sich ihre Geschäftsleitung befindet, keiner der deutschen unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht vergleichbaren Steuerpflicht unterliegen". Letztere Bestimmung soll vermeiden, dass mittels Option zur Körperschaftbesteuerung hybride Gesellschaften geschaffen werden.

Voraussetzung für die Antragstellung ist ein einstimmiger Beschluss aller Gesellschafter der Personengesellschaft, es sei denn der Gesellschaftsvertrag enthält für diese Frage eine abweichende Mehrheitsklausel. Das Gesetz sieht allerdings als Mindesterfordernis eine ¾-Mehrheit der abgegebenen Stimmen vor. Wurde ein entsprechender Antrag auf steuerliche Behandlung als Körperschaft beim hierfür zuständigen Finanzamt eingebracht, so erstreckt sich die Wirkung des Antrags auf die ganze Personengesellschaft und damit auf alle Gesellschafter. Eine nur partielle Optionsausübung, d.h. für einzelne Gesellschafter, ist nicht möglich.

Rechtsfolgen

Folge der Optionsausübung ist, dass die Personengesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter demnach wie die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt werden. Diese Fiktion wirkt auch für Zwecke des deutschen Abgabenverfahrensrechts. Mit Wirksamkeit der Optionsausübung unterliegt die Personengesellschaft daher selbst der Körperschaftsteuer, wobei sich auch die Gewerbesteuerpflicht nach den Regelungen für Kapitalgesellschaften richtet. Die optierte Personengesellschaft wird demnach steuerlich wie eine Körperschaft als intransparent behandelt, dh das sog. Trennungsprinzip kommt zur Anwendung. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Behandlung der Gewinnanteile. Gewinne der Personengesellschaft können nunmehr bis zur tatsächlichen Entnahme thesauriert werden. Die Optionsausübung hat zudem erhebliche Auswirkungen auf Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Keine Auswirkungen hat die Option auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Umsatzsteuer. Ebenfalls nicht berührt durch die Option wird die zivilrechtliche Einordnung der Gesellschaft als Personengesellschaft.

Der optionsbedingte Wechsel in die Behandlung als Körperschaft wird als Formwechsel der optierenden Gesellschaft fingiert. Der Übergang zur Besteuerung als Körperschaft wird demnach, vereinfacht ausgedrückt, als Einbringung der Mitunternehmeranteile an der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft behandelt. Da dies grundsätzlich nach deutschem Ertragssteuerrecht zur Gewinnrealisierung führt, erfordert ein steuerneutraler Übergang zur Körperschaftsbesteuerung das Erfüllen der Anwendungsvoraussetzungen und Bedingungen des deutschen Umwandlungssteuerrechts, was einen entsprechend hohen Grad an Komplexität mit sich bringt.

Möglichkeit zur Rückkehr zur transparenten Besteuerung

Die Gesellschafter sind, auch wenn der Optionsantrag grundsätzlich unwiderruflich ist, nicht dauerhaft an die Option zur Körperschaftsteuer gebunden. Es steht ihnen offen, eine Rückoption zur Behandlung als Personengesellschaft auszuüben. Darüber hinaus kann es unter bestimmten Umständen auch zu einer gesetzlich vorgesehenen Rückkehr in die Personengesellschaftsbesteuerung kommen. Zu beachten ist dabei wieder, dass – soll dieser Vorgang weitgehend steuerneutral erfolgen – die einschlägigen Regelungen des deutschen Umwandlungssteuerrechts zum Formwechsel zu beachten sind.

Fazit: Auswirkungen auf Österreich

Die Einführung der Optionsmöglichkeit zur Besteuerung als Körperschaft für Personengesellschaften in Deutschland stellt einen ertragsteuerlichen Paradigmenwechsel dar und schafft weitgehend Rechtsformneutralität. Zugleich sind die Regelungen äußert komplex. Aus österreichischer Perspektive ist zu beachten, dass es im Fall optierter deutschen Personengesellschaften zukünftig auf Grund der abweichenden Beurteilung der Steuersubjektivität zu Zurechnungs- und Qualifikationskonflikten im Verhältnis zwischen Deutschland und Österreich kommen kann. Aus österreichischer ertragsteuerlicher Perspektive bleibt die deutschen Personengesellschaft, auch wenn sie nach deutschem Recht als Körperschaft behandelt wird, transparent. Um eine möglicherweise daraus resultierende Doppelbesteuerung zu vermeiden, sollten derartige Fallkonstellation daher vorab analysiert werden.


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Dr. Daniel Blum, LLM. (NYU), BSc

Dr. Daniel Blum, LLM. (NYU), BSc

Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Daniel Blum ist Manager im Bereich Tax bei Deloitte Wien sowie Universitätslektor an der Wirtschaftsuniversität Wien. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit liegen in den Bereichen Konzernsteuerrecht, Quellensteuern und internationales Steuerrecht. Daniel Blum ist zudem regelmäßig als Fachautor und Fachvortragender tätig.