Posted: 18 May 2021 4 min. read

DIE ERRICHTUNG EINER E-LADESTATION IM WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT

Für Wohnungseigentümer wird es zukünftig  – dank einer jüngeren OGH-Entscheidung (5 Ob 173/19f) – einfacher, E-Ladeinfrastruktur für E-Autos in privaten Wohngebäuden (eine sogenannte „Wallbox“) zu installieren.

Rechtliche Ausgangslage

 Beabsichtigen Wohnungseigentümer iSd Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) ihren Stellplatz nachträglich mit einer E-Ladestation für ihr Elektrofahrzeug auszurüsten, so gehen damit auch zahlreiche (wohn-)rechtliche Fragestellungen einher. Einem Wohnungseigentümer steht grundsätzlich das Recht zu, an seinem Wohnungseigentumsobjekt Änderungen auf eigene Kosten vorzunehmen. Beschränkt wird dieses Recht dadurch, dass (i) eine Änderung weder eine Schädigung des Hauses noch (ii) eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer noch (iii) eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Wohnhauses oder von anderen Sachen zur Folge haben darf. Sofern von einer beabsichtigten Änderung auch allgemeine Teile des Hauses betroffen sind, kommt eine weitere Einschränkung hinzu: eine solche Änderung muss entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des änderungswilligen Wohnungseigentümers dienen.

Mit der Installation einer Wallbox gehen zumeist auch Eingriffe in die allgemeinen Teile eines Hauses einher, weil Verbindungsleitungen zwischen Zählerverteiler und Stellplatz im Allgemeinbereich der Liegenschaft verlegt werden müssen und somit uU Wanddurchbrüche notwendig sind. Die Änderung wird daher nach den o.a. strengen Voraussetzungen beurteilt.

Der Wohnungseigentümer muss folglich nachweisen, dass die Maßnahme keine Schädigung des Hauses zur Folge hat und keine schutzwürdigen Interessen anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden. Darüber hinaus muss die Änderung entweder der Übung des Verkehrs oder seinem wichtigen Interesse dienen. Diese letztgenannte zusätzliche Voraussetzung ist jedoch als erfüllt anzusehen, sofern es sich bei der Änderung um eine sogenannte „privilegierte Maßnahme“ handelt. Das Gesetz führt hierbei ua die Errichtung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Fernsprechleitungen, Beheizungsanlagen und ähnlichen Einrichtungen an.

Liegen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer beabsichtigten Änderung – wie einer Wallbox – vor, so darf der änderungswillige Wohnungseigentümer die Änderung trotzdem nicht einfach vornehmen. Vielmehr hat er die Zustimmung aller übrigen Mit- und Wohnungseigentümer einzuholen. Stimmen diese nicht zu, kann die fehlende Zustimmung eines oder mehrerer Wohnungseigentümer durch gerichtlichen Beschluss im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren ersetzt werden. Führt der Wohnungseigentümer die Änderung ohne Zustimmung aller durch, riskiert er von einem oder mehreren Wohnungseigentümern auf Beseitigung oder Unterlassung geklagt zu werden.

OGH-Entscheidung

Ausgangspunkt der OGH Entscheidung 5 Ob 173/19f war der Antrag eines Wohnungseigentümers, worin dieser begehrte, dass die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer die Montage einer 3,7 kW-Wallbox bzw – als Eventualbegehren – einer 22 kW Wallbox (ermöglicht dreiphasiges Laden), samt Verlegung der erforderlichen Kabelleitungen, zu dulden hätten. Der Antragsteller brachte ua vor, die gewählte Wallbox (mit 3,7 kW Leistung) wäre für den Betrieb in Tiefgaragen geeignet, weiters wären bei der im Haus vorhandenen Infrastruktur die Installation von circa zwanzig weiteren gleichartigen E-Ladestationen möglich. Es handle sich um ein privilegiertes Vorhaben und die Wallbox sei „nichts anderes als eine sichere Steckdose".

Der OGH kam zum Schluss, dass die Installation einer 3,7 kW-Ladestation als privilegierte Maßnahme iSd Errichtung einer Stromleitung anzusehen ist, da sie in dieser Ausführung im Wesentlichen einer bloßen Steckdose gleichgehalten werden kann und folglich den Erfordernissen der Haushaltsführung dient. Der Senat erkannte weiters, dass das Hauptbegehren zu keiner Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer führt. Dies va aus dem Grund, dass der Antragsteller die Deckung sämtlicher Kosten für die Errichtung der Ladestation zugesichert hat. Außerdem ist die Änderung als einfache bauliche Maßnahme einzustufen, die zu keiner Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung oder Schädigung des Hauses führt. Daraus folgt, dass für die Errichtung einer E-Ladestation mit einer Maximalleistung von 3,7 kW die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer nicht verweigert werden darf.

Anderes gilt jedoch für die Installation einer Wallbox mit 22 kW Ladeleistung. Dazu kam der OGH zu dem Ergebnis, dass eine solche Änderung nicht mehr den Erfordernissen üblicher Haushaltsführung in Bezug auf einen Kfz-Abstellplatz dient und somit keine privilegierte Maßnahme iSd WEG darstellt. Zumal ein kompletter Drehstromanschluss neu errichtet werden hätte müssen, ist diese Änderung nicht mehr als technisch einfach anzusehen. Die Verkehrsüblichkeit sowie das wichtige Interesse des änderungswilligen Wohnungseigentümers wurden verneint. Die 22 kW-Wallbox, durfte somit nicht errichtet werden.

Fazit

Für Eigentümer von E-Fahrzeugen und jene, die es noch werden wollen, sind die Ausführungen des OGH zur Errichtung von E-Ladestationen als Durchbruch im Wohnungseigentumsrecht anzusehen. Die Entscheidung sorgt va für eine gewisse Klarstellung und Rechtssicherheit unter den Wohnungseigentümern. Mit einer geplanten WEG-Novelle soll nun diese Rechtsprechung auch im Gesetz vollzogen werden. In dieser Novelle soll ein „Right to Plug“ gesetzlich verankert werden, welches den rechtlichen Rahmen hinsichtlich der Installation privater Elektroladeinfrastruktur in Wohnungseigentumsanlagen bildet. Das Ziel ist, dass Wohnungseigentümer künftig Änderungen an ihrem Eigentum leichter durchsetzen können.


Ihr Kontakt

Mag. Gabriele Etzl

Mag. Gabriele Etzl

Deloitte Legal | Jank Weiler Operenyi RA

Gabriele Etzl ist Partnerin bei Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte (JWO), dem österreichischen Mitglied des globalen Anwaltsnetzwerkes Deloitte Legal, und leitet die Praxisgruppe Real Estate. Zuvor war sie 14 Jahre lang Partnerin im Immobilienbereich einer der größten Anwaltskanzleien Österreichs. Sie ist Expertin für Immobilienrecht mit dem Schwerpunkt nationale und internationale Immobilientransaktionen, Immobilienfinanzierung, Immobilienrestrukturierung, gewerbliches und privates Miet- und Wohnrecht, Bauträgervertragsrecht, sowie öffentliches Immobilienrecht. Sie spricht fließend Deutsch und Englisch und verfügt über Grundkenntnisse der spanischen und französischen Sprache. Gabriele Etzl ist Lehrbeauftragte für Immobilienrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Wien und Autorin mehrerer immobilienbezogener Publikationen, insbesondere auch zu Immobilienrecht und Immobilienfinanzierungen in Österreich und CEE.

Kevin Nager, LL.M. (WU), M.A.

Kevin Nager, LL.M. (WU), M.A.

Deloitte Legal | Jank Weiler Operenyi RA

Kevin Nager ist Rechtsanwaltsanwärter bei Jank Weiler Operenyi RA | Deloitte Legal, der österreichischen Rechtsanwaltskanzlei im globalen Deloitte Legal Netzwerk. Seine Tätigkeitsschwerkpunkte liegen vor allem im Bereich Real Estate und Real Estate Finance.