Posted: 27 Oct. 2021 6 min. read

DIE ÖSTERREICHISCHEN VERRECHNUNGSPREISRICHTLINIEN 2021

Überblick

Am 7.10.2021 veröffentlichte die österreichische Finanzverwaltung die mit Spannung erwarteten Verrechnungspreisrichtlinien 2021 (VPR 2021). Die VPR 2021 dienen als Auslegungsbehelf zum internationalen Fremdvergleichsgrundsatz und sollen dessen einheitliche Anwendung sicherstellen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Einarbeitung der aktuellen OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2017 (OECD-VPL 2017), welche um Besonderheiten des österreichischen Abgabenrechts ergänzt wurden. Die VPR 2021 sind daher nicht nur für die Finanzverwaltung von Bedeutung, sondern trotz fehlender Rechtsverbindlichkeit auch in der betrieblichen Praxis ein wichtiges Nachschlagewerk. Im Rahmen unserer Artikelserie zu den neuen VPR 2021 werden wir einen tieferen Einblick in die wesentlichen erfolgten Änderungen geben. Vorweg soll bereits hier ein kurzer Überblick über bedeutende Neuerungen in den VPR 2021 gegeben werden.

Hintergrund

Im Jahr 2010 veröffentlichte die Finanzverwaltung erstmalig die österreichischen VPR 2010, welche auf den damaligen OECD-VPL 2010 basierten. Seitdem wurden die OECD-VPL insbesondere mit dem Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) Projekt der OECD umfassend geändert und in 2017 in ihrer aktuellen Version neu veröffentlicht. Dementsprechend bestand der Bedarf, die österreichischen VPR zu überarbeiten, um diesen internationalen Entwicklungen Rechnung zu tragen.

Die neuen VPR 2021 folgen in ihrem grundlegenden Aufbau weitgehend den VPR 2010, wobei jedoch stellenweise umfassende Ergänzungen vorgenommen wurden. Zusätzlich wurden die für Verrechnungspreiszwecke wichtigsten Informationen und EAS (Express Answer Services) der österreichischen Finanzverwaltung eingearbeitet.

Die Neuerungen im Überblick

Wesentliche Anpassungen im Vergleich zur Vorgängerversion finden sich in den VPR 2021 im Bereich

  • der fünf Vergleichbarkeitsfaktoren (insb Einbeziehung des Konzepts der Risikokontrolle in die Funktionsanalyse; Ausführungen zur fremdüblichen Berücksichtigung von Standortvorteile und Konzernsynergien und zur Vornahme von year-end adjustments);
  • der Auswahl und Anwendung der geeignetsten Verrechnungspreismethode (insb im Hinblick auf die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode);
  • der konzerninternen Dienstleistungen (insb bzgl des fremdüblichen Gewinnaufschlags auf Dienstleistungen mit Routinecharakter; Möglichkeit der vereinfachten Verrechnung von Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung nach dem low value adding intra-group services- Ansatz [LVAIGS-Ansatz der OECD-VPL 2017]);
  • der Finanztransaktionen (Nachschärfungen und Anpassungen an die OECD-VPL 2017 in den Bereichen Darlehensgewährung, Cash-Pooling, Garantien und Captive Insurance);
  • der immateriellen Werte (insb Implementierung des DEMPE-Konzepts der OECD-VPL 2017 und eines Ansatzes zur Bewertung von Hard-to-value intangibles [HTVI-Ansatz der OECD-VPL 2017]);
  • der Kostenverteilungsverträge (primär Bewertung der Beiträge der Teilnehmer zu Marktpreisen; in eingeschränkten Fällen ist eine reine Kostenverrechnung weiterhin möglich);
  • der Betriebsstätten (Änderungen zur Entstehung und Gewinnzurechnung zu Bau- und Montagebetriebsstätten sowie Vertreterbetriebsstätten);
  • der Dokumentationspflichten (insb für Geschäftseinheiten, welche nicht die Schwellenwerte des VPDG überschreiten).

Fazit und Ausblick

Mit den vorgenommenen Überarbeitungen wurden die österreichischen VPR auf den aktuellen Stand der OECD-VPL 2017 gebracht. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung die VPR regelmäßiger überarbeiten wird und nicht wie zuvor ein Jahrzehnt mit einem Update auf sich warten lässt. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aktuell rasanten Entwicklungen im internationalen Steuerrecht, die auch umfangreiche Änderungen im Bereich der Verrechnungspreise erwarten lassen. 


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Dr. Florian Navisotschnigg, BSc (WU)

Dr. Florian Navisotschnigg, BSc (WU)

Senior Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Florian Navisotschnigg ist in der Steuerberatung im Transfer Pricing Team bei Deloitte Wien beschäftigt. Dabei berät er multinationale Unternehmen bei verrechnungspreisspezifischen Fragestellungen.