Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern steht kein Pendlerpauschale (und kein Pendlereuro) zu, wenn ein arbeitgebereigenes Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt wird. Mit Erkenntnis vom 21.10.2020, Ro 2019/15/0185 entschied der VwGH, dass auch ein von Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern geleisteter Kostenbeitrag in Höhe des vollen Sachbezugswertes daran nichts ändert und hob damit eine zuvor ergangene gegenteilige Entscheidung des BFG auf.
Dem Dienstnehmer wurde vom Dienstgeber für die Wegstrecke vom Wohnort zur Arbeitsstätte ein arbeitgebereigenes Kfz zur Verfügung gestellt. Zudem war ein Kostenbeitragsmodell vereinbart, wonach „die Höhe des aus lohnsteuerrechtlicher Sicht anzusetzenden Sachbezuges als monatliche Zahlung (Privatanteil) durch Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer zu leisten ist“. Dementsprechend entrichtete der Dienstnehmer in diesem Fall monatliche Kostenbeiträge in Höhe von EUR 394,35 (dies entspricht 1,5 % der vom Dienstgeber aufgewendeten Anschaffungskosten für den Dienstwagen). Eine Besteuerung des Sachbezugs unterblieb.
Vom Arbeitgeber waren nach der Vereinbarung ua folgende Kosten zu tragen: An- und Abmeldung, Wartung laut Serviceplan, Verschleißreparaturen, Ersatzteile und Bereifung, § 57a-Begutachtungen (Pickerl), Kraftstoff mittels vom Dienstgeber beigestellten Tankkarten (in Ausnahmefällen auch ohne Tankkarte), Parken und Garagieren im dienstlichen Zusammenhang, Haftpflicht-, Vollkasko- und Rechtsschutzversicherung, Jahresvignette sowie bestimmte Mautgebühren und Reinigungskosten. Die Kosten für den Dienstnehmer iZm dem Dienstwagen beschränkten sich abgesehen von dem monatlichen Kostenbeitrag auf einen allenfalls zu leistenden Selbstbehalt im Schadensfall, private Parkgebühren, Mautgebühren bei Privatfahrten sowie die Kosten für die laufende Reinigung. Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2016 gewährte das Finanzamt dem Dienstnehmer das geltend gemachte Pendlerpauschale und den Pendlereuro nicht, weil für die Wegstrecke vom Wohnort zur Arbeitsstätte ein arbeitgebereigenes Kfz zur Verfügung gestanden sei.
Gegen den Bescheid des Finanzamts brachte der Dienstnehmer Beschwerde ein und führte begründend aus, dass er für die Privatnutzung des Dienstwagens einen monatlichen Kostenbeitrag in Höhe des nach der Sachbezugswerteverordnung anzusetzenden Sachbezugs geleistet habe, sodass ein Sachbezugswert von EUR 0 vorliege. Die Nichtberücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros würde im konkreten Fall zudem das Gleichheitsgebot verletzen. Das BFG gab der Beschwerde unter Bezugnahme auf Judikatur aus Deutschland und gleichheitsrechtliche Überlegungen statt. Begründend führte es dazu aus, dass nach den Urteilen des deutschen Bundesfinanzhofes (BFH) vom 30. 11. 2016, VI R 49/14 und VI R 2/15, der Vorteil des Arbeitnehmers, der ein arbeitgebereigenes Kfz zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt erhalte, die insgesamt entstandenen Kfz-Aufwendungen (Gesamtkosten) umfasse. Daran anknüpfend gehe das BFG davon aus, dass der Verordnungsgeber bei der Festlegung der Kfz-Sachbezugswerte die Gesamtkosten der Kfz-Nutzung iSd BFH-Judikatur berücksichtigt habe, wobei die durchschnittlichen Kosten- und Nutzungsverhältnisse in Österreich zugrunde gelegt worden seien. Da dem Arbeitnehmer folglich aufgrund des von ihm zu leistenden Kostenbeitrages gar kein entgeltlicher Vorteil zufließe und ihm dadurch, trotz Dienstwagens, Kosten für die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte erwachsen, die mit jenen von Dienstnehmern ohne Dienstwagen vergleichbar seien, erfordere die verfassungskonforme Auslegung der Sachbezugsverordnung die Gewährung von Pendlerpauschale und Pendlereuro. Das BFG erklärte aber die ordentliche Revision an den VwGH für zulässig, da Rechtsprechung des VwGH zur vorliegenden Rechtssache fehle. Das Finanzamt erhob Revision.
Wird Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern ein arbeitgebereigenes Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, so entfällt der Anspruch auf Pendlerpauschale (und Pendlereuro). Im Erkenntnis führte der VwGH aus, dass eine verfassungskonforme Interpretation - wie auch jede andere - ihre Grenze im eindeutigen Wortlaut des Gesetzes findet. Wenn nun in der Bestimmung zum Entfall des Anspruches auf Pendlerpauschale von der Zurverfügungstellung eines arbeitgebereigenen Kfz die Rede ist, die folglich diesen Anspruch auf Pendlerpauschale ausschließt, so kann das Zutreffen dieses Ausschlussgrundes nach dem äußersten Wortsinn nicht schon dann verneint werden, wenn der Arbeitnehmer einen Kostenbeitrag (in Höhe des lohnsteuerlichen Sachbezuges) leistet.
Daran anknüpfend fährt der VwGH weiter fort, dass der zugrundeliegende Hauptgedanke der Rechtsnorm vom Bestehen eines im Dienstverhältnis gelegenen Vorteils ausgeht. Dementsprechend könne die erforderliche Zurverfügungstellung eines arbeitgebereigenen Kfz erst dann verneint werden, wenn die Überlassung des Kfz zu Bedingungen erfolgt, wie sie auch ohne Vorliegen eines Dienstverhältnisses üblich wären. Dieser Umstand könne wiederum erst erreicht werden, wenn für die Überlassung des arbeitgebereigenen Kfz zur Privatnutzung eine fremdübliche Miete verlangt wird. Dadurch könnte ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis in ausreichendem Umfang ausgeschlossen und der Anspruch auf Pendlerpauschale (und Pendlereuro) gewahrt bleiben.
Hinsichtlich der Einwände betreffend die Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes verwies der VwGH – einem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes (E 110/2016 vom 9.6.2016) über die Rechtfertigung der angeführten gesetzlichen Regelung entsprechend - darauf, dass der an den Anschaffungskosten anknüpfende Sachbezugswert nicht auch die laufenden Kosten für den Betrieb des Kfz abdecke. Folglich ist davon auszugehen, dass jenen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern, denen für den Arbeitsweg ein arbeitgebereigenes Kfz zur Verfügung steht, geringere Aufwendungen erwachsen, da die laufenden Kosten für den Betrieb idR vom Arbeitgeber getragen werden. Da der Sachbezugswert somit nicht die laufenden Kosten für den Betrieb des Fahrzeuges abdeckt, kann, trotz Kostenbeitrages in Höhe des Sachbezugswertes, keine völlige Gleichstellung mit jenen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern erreicht werden, denen dieser Vorteil aus dem Dienstverhältnis nicht zukommt.
Die Zurverfügungstellung eines arbeitgebereigenen Kfz und der daran anknüpfende Vorteil aus dem Dienstverhältnis wird durch einen Kostenbeitrag von Dienstnehmerinnen und Dienstnehmerin in der Höhe des vollen Sachbezugswertes per se nicht ausgeschlossen. Vielmehr verhindert erst die Bezahlung einer marktüblichen Fahrzeugmiete, die bei bekannten Leihwagenfirmen für einen Leihwagen zu bezahlen wäre, den Entfall des Pendlerpauschales (und des Pendlereuros).
Viktoria Schlögl, Steuerberaterin und diplomierte Personalverrechnerin, ist als Senior Manager bei Deloitte beschäftigt. Sie ist Teamleiterin des BPS Payroll Project & Contract Personnel-Teams und betreut regelmäßig Projekte zu unterschiedlichen Fragestellungen des Arbeits-, Sozialversicherungs- und Lohnsteuerrechts.