Posted: 02 Nov. 2021 6 min. read

EAS 3433: GESCHÄFTSFÜHRERVERGÜTUNGEN BEI FERNGESCHÄFTSFÜHRUNG

Überblick

Die EAS-Rechtsauskunft des BMF vom 2.7.2021 beschäftigt sich mit der Thematik der Besteuerung von Geschäftsführervergütungen bei Ferngeschäftsführung. Wird ein in Österreich ansässiger (Allein-) Geschäftsführer einer GmbH mit Sitz in Deutschland überwiegend in Österreich tätig („Ferngeschäftsführung“), so kommt nach Ansicht des BMF die Sonderregelung des Art 16 Abs 2 des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich-Deutschland („DBA AT-DE“) für die Bestimmung des Besteuerungsrechts von Geschäftsführervergütungen zur Anwendung. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Gesellschaft abkommensrechtlich in Deutschland steuerlich ansässig ist.

Rechtliche Grundlage

Art 16 Abs 2 DBA AT-DE bestimmt, dass Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer oder als Vorstandsmitglied einer Gesellschaft bezieht, die in dem anderen Vertragsstaat ansässig ist, in jenem Staat besteuert werden dürfen, in dem die Gesellschaft abkommensrechtlich steuerlich ansässig ist. Die Regelung erweitert die Vorgabe des OECD‑MA 2017, indem die Sitzstaatbesteuerung auch für Bezüge aus geschäftsleitenden Aktivitäten zur Anwendung gelangt und nicht nur für Bezüge aus Aktivitäten vergleichbar einer Position im Aufsichts- und Verwaltungsrat gilt. Voraussetzung für die Anwendung der Norm ist dem Wortlaut der Bestimmung nach, dass die steuerliche Ansässigkeit von Geschäftsführer und Gesellschaft nicht im selben Vertragsstaat gelegen ist. Ist die gegenständliche Sonderregelung nicht anwendbar, so sind andere Abkommensnormen heranzuziehen. Für die in Deutschland errichtete Gesellschaft wird also als Vorfrage zu prüfen sein, ob sich – unabhängig von dem in Österreich ansässigen (Allein-) Geschäftsführer – die geschäftliche Leitung der Gesellschaft in Deutschland befindet. Prüfungsmaßstab ist dabei abkommensrechtlich der „Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung“.

Verständigungsvereinbarung

Die Auslegung des BMF ergibt sich unseres Erachtens unmittelbar aus dem Abkommenswortlaut, womit diese Vorfrage jeweils nach Maßgabe des konkreten Sachverhalts im Einzelfall zu prüfen sein wird. Die vorliegende Anfragebeantwortung hat aber vor dem Hintergrund einer bislang bestehenden Verwaltungsvereinbarung zwischen Deutschland und Österreich zur Besteuerung von Geschäftsführervergütungen bei Ferngeschäftsführung durchaus praktische Relevanz:

Im Rahmen der Verständigung vom 1.6.1994 zum DBA AT-DE 1954 wurde vereinfachend festgehalten, dass – solange dies mit anderweitigen OECD-einheitlichen Regelungen vereinbar ist – der Ort der „Arbeitsausübung“ (dh Geschäftsleitung) als dort gelegen gilt, wo die Weisungen der geschäftsführenden Organe zugehen. Im Ergebnis wird dies regelmäßig zur Besteuerung am Sitzstaat der Gesellschaft führen. Der Vereinbarung nach würde in diesem Fall (mit Ausnahme von Briefkastengesellschaften) selbiges auch für die Beurteilung der Frage des „Wohnsitzes“ der Gesellschaft iSd Abkommens gelten. An dieser Auslegung wurde vordergründig auch im Zuge von Konsultationsgesprächen zwischen Österreich und Deutschland zum DBA AT-DE 2000 vom 27.3.2006 festgehalten. Ergänzend wurde jedoch ausgeführt, dass im Falle der Ferngeschäftsführung eines Einzelgeschäftsführers zu prüfen ist, in welchem Vertragsstaat sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Im Rahmen eines Sammelerlasses vom 17.6.2021 wurde die bezeichnete Vereinbarung nunmehr als „nicht mehr erforderlich“ aufgehoben.

Fazit

Die Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Sonderregelung des Art 16 Abs 2 DBA AT-DE im Falle der Ferngeschäftsführung durch ein Mitglied der Geschäftsführung/des Vorstandes ist nicht zuletzt die abkommensrechtliche Ansässigkeit der Gesellschaft im Sitzstaat. Als Maßstab gilt der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung der Gesellschaft iSd Abkommens und hierbei nicht zuletzt die seitens der OECD entwickelten einschlägigen Auslegungsprinzipien. Ist die genannte Norm nicht anwendbar, so ist die vertragliche/faktische Gestaltung der Geschäftsführervereinbarung zu prüfen. Die abkommensrechtliche Zuweisung des Besteuerungsrechtes erfolgt dann beispielweise für Bezüge aus unselbständiger Arbeit (weisungsgebunden) bzw für Bezüge aus selbständiger Arbeit/gewerblicher Aktivität.


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Sandra Rusnak, LL.M. (WU)

Sandra Rusnak, LL.M. (WU)

Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Sandra Rusnak ist in der Steuerberatung bei Deloitte Wien beschäftigt. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im internationalen Steuerrecht und der Konzernsteuerberatung.