Posted: 11 Jan. 2021 6 min. read

EINKÜNFTEZURECHNUNG LIECHTENSTEINISCHE STIFTUNG

Für die steuerliche Behandlung liechtensteinischer Stiftungen in Österreich ist entscheidend, ob das Stiftungsvermögen und die Einkünfte daraus für steuerliche Zwecke direkt den Begünstigten zugeordnet werden (transparente Stiftung) oder aber der Stiftung selbst zuzurechnen sind (intransparente Stiftung). Mit Erkenntnis vom 26.3.2020 (RV/5100852/2018) hat das Bundesfinanzgericht (BFG) erstmals die steuerliche Intransparenz einer liechtensteinischen Familienstiftung bestätigt und von der Zurechnung der Einkünfte an die Begünstigten abgesehen.
 

Sachverhalt

Das Finanzamt hat nach Durchführung einer Außenprüfung die steuerliche Transparenz einer liechtensteinischen Familienstiftung festgestellt und die erzielten Einkünfte aufgrund ihrer Stellung als Begünstigte der Stiftung je zur Hälfte der Beschwerdeführerin sowie deren Schwester zugerechnet. Begründet wurde dies vom Finanzamt ua damit, dass die Beschwerdeführerin sogenannte Begünstigungsberechtigte iSd liechtensteinischen Rechts sei und sie dadurch einen klagbaren rechtlich gesicherten Anspruch auf das gesamte Stiftungsvermögen besitzen würde. Abgeleitet wurde die Stellung der Beschwerdeführerin als Begünstigungsberechtigte aus dem dem Finanzamt vorgelegten Beistatut der Stiftung. Darüber hinaus hat das Finanzamt der Beschwerdeführerin weitgehende positive Gestaltungsrechte in der Familienstiftung unterstellt, die nach Ansicht des Finanzamtes letztendlich durch weitere, nicht offengelegte Beistatuten, darauf basierende Reglements oder Mandatsverträge eingeräumt sein müssten. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Feststellungen des Finanzamtes Beschwerde erhoben mit der Begründung, dass die Feststellungen entgegen den Beweisergebnissen getroffen wurden.
 

Die Entscheidung des BFG

Die vom Finanzamt getroffenen Feststellungen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Begünstigungsberechtigte iSd des liechtensteinische Rechts handle, teilte das BFG nicht. Das BFG verweist in seiner Begründung auf liechtensteinische höchstgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Begünstigungsberechtigung einen auf den Statuten oder Beistatuten gründenden, der Höhe nach und zeitlich bestimmten klagbaren Rechtsanspruch auf einen Vorteil aus dem Stiftungsvermögen oder dessen Erträgnissen voraussetzt, der dem Stiftungsrat keine Auswahlmöglichkeit und kein Ermessen überlässt. Die im Beistatut der gegenständlichen Familienstiftung enthaltene Formulierung, dass jemand „Erstbegünstigter am gesamten Ertrag und Vermögen sowie an einem allfälligen Liquidationserlös der Familienstiftung auf Lebenszeit ohne Einschränkung ist“, führt zu keiner Begünstigungsberechtigung, sondern räumt lediglich einen Ermessenspielraum ein. Demnach liegt die Entscheidung über Zuwendungen an Begünstigte im Ermessen des Stiftungsrates.

Die vom Finanzamt vertretene Ansicht der faktischen Einflussnahme der Beschwerdeführerin auf den Stiftungsrat, teilte das BFG ebenfalls nicht. Die Beweiswürdigung des Finanzamtes betreffend das Vorliegen eines Mandatsvertrages bzw Reglements, die die Einflussnahme der Beschwerdeführerin legitimieren, wurde nach Ansicht des BFG auf reine Vermutungen gestützt und war demnach rechtswidrig. Es sei nicht zulässig, aus der Nichtvorlage von Stiftungsratsprotokollen oder anderen Unterlagen auf das Vorliegen eines (konkludenten) Mandatsvertrages zu schließen bzw die Beweisergebnisse, die das Finanzamt zum Stifter getroffen hatte, der bis zu seinem Ableben Erstbegünstigter der Familienstiftung war, auf die Erbengeneration (Beschwerdeführerin und deren Schwester) zu übertragen.

Im Ergebnis hat somit das BFG die Rechtsauffassung des Finanzamtes nicht geteilt und von der Zurechnung der Einkünfte der Stiftung zur Beschwerdeführerin abgesehen.
 

Conclusio

Die Qualifikation einer ausländischen Stiftung als transparent oder intransparent hat weitreichende steuerliche Folgen für die Begünstigten. Das Finanzamt hat sich bei der Beurteilung der steuerlichen Behandlung als transparente bzw intransparente Stiftung lediglich auf Vermutungen gestützt und erstmals die Stellung der Begünstigten als Begünstigungsberichtigte iSd liechtensteinischen Rechtes als Beurteilungskriterium herangezogen. Das BFG hat dieser, auf bloße Vermutungen stützenden Beweislage eine Abfuhr erteilt. Eine Amtsrevision ist aktuell beim VwGH anhängig. Es bleibt abzuwarten, wie der VwGH den Sachverhalt beurteilen wird und ob dieser auch Stellung zum Beurteilungskriterium der Begünstigungsberechtigung im Sinne des liechtensteinischen Rechtes nehmen wird. 


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Dr. Christian Wilplinger

Dr. Christian Wilplinger

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Christian Wilplinger ist Partner in der Steuerberatung bei Deloitte in Wien. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der nationalen und internationalen steuerlichen Beratung von Familienunternehmen, Private Clients/High Net Worth Individuals und Stiftungen/Trusts. Sein Fokus liegt dabei auf Umgründungs- und Transaktionsberatung, Vermögensnachfolge, internationales Steuerrecht, Kapitalertrags- und Immobilienbesteuerung sowie dem Wirtschaftlichen Eigentümer Registergesetz („WiEReG“). Er betreut weiters eine Vielzahl an Klienten im Immobilienbereich vom privaten Vermieter bis zum internationalen Immobilienkonzern. Christian Wilplinger ist Vortragender u.a. an der Universität Wien und Autor zahlreicher Bücher und Beiträge zum Steuerrecht.