Am 22.2.2021 hat die Regierung den Entwurf der Restrukturierungsordnung (ReO) veröffentlicht. Damit soll – in Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie (EU) 2019/1023 – ein neues Restrukturierungsverfahren zur Abwendung drohender Insolvenzen eingeführt werden. Die Restrukturierungsordnung und begleitende Anpassungen in anderen Gesetzen (zB Insolvenzordnung) sollen am 17.7.2021 in Kraft treten.
Das neue Restrukturierungsverfahren soll es Schuldnern ermöglichen, eine Kürzung und Stundung von Verbindlichkeiten auch gegen den Willen einzelner Gläubiger zu erreichen. Es steht nach dem Gesetzesentwurf grundsätzlich allen Schuldnern, die ein Unternehmen betreiben, also auch Einzelunternehmern offen. Ausgenommen sind Unternehmen des Versicherungs- und Finanzsektors. Die Einleitung des Verfahrens setzt die „wahrscheinliche Insolvenz“ des Schuldners voraus. Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn die Zahlungsunfähigkeit droht oder die Eigenmittelquote 8% unterschreitet und die fiktive Schuldentilgungsdauer 15 Jahre übersteigt.
Der Schuldner hat die Einleitung des Restrukturierungsverfahrens beim Landesgericht zu beantragen, in dessen Sprengel er sein Unternehmen betreibt (betreibt er das Unternehmen in Wien, ist der Antrag an das Handelsgericht Wien zu richten). Bereits mit dem Antrag oder binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist von höchstens 60 Tagen muss der Schuldner einen detaillierten Sanierungsplan vorlegen, der ua die folgenden Informationen zu enthalten hat:
Über den Restrukturierungsplan ist in einer Gerichtsverhandlung (Tagsatzung) abzustimmen. Er gilt als angenommen, wenn in jeder Gläubigerklasse die Mehrheit der anwesenden betroffenen Gläubiger zustimmt und wenn die Summe der Forderungen der zustimmenden Gläubiger in jeder Klasse zumindest 75% der Gesamtsumme der Forderungen der betroffenen anwesenden Gläubiger beträgt.
Der angenommene Restrukturierungsplan bedarf der Bestätigung durch das Gericht. Diese Bestätigung setzt ua die Gleichbehandlung aller Gläubiger innerhalb einer Klasse (oder, wenn keine Klassen gebildet wurden, aller betroffenen Gläubiger) voraus. Auf Antrag des Schuldners kann das Gericht einem Restrukturierungsplan unter bestimmten Voraussetzungen auch dann die Bestätigung erteilen, wenn er nicht in jeder Gläubigerklasse angenommen worden ist („klassenübergreifender Cram-down“).
Sind nur Finanzgläubiger (Gläubiger von Forderungen mit Finanzierungscharakter) betroffen, kann das Gericht einem Restrukturierungsplan auch dann die Bestätigung erteilen, wenn eine Kapitalmehrheit von mindestens 75% der betroffenen Gläubiger in jeder Gläubigerklasse – nachweislich – außergerichtlich zugestimmt hat.
Der Entwurf der Restrukturierungsordnung ist zu begrüßen, zumal er einen klaren Rechtsrahmen für Restrukturierungen außerhalb der Insolvenz – auch gegen den Willen einzelner Gläubiger – vorsieht. Das neue Restrukturierungsverfahren sollte dazu beitragen, dass Schuldner notwendige Restrukturierungsmaßnahmen rechtzeitig in Angriff nehmen.
Bernhard Köck ist Counsel bei Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte (JWO), dem österreichischen Mitglied des globalen Anwaltsnetzwerkes Deloitte Legal, und konzentriert sich auf die wirtschaftsbezogene Konfliktlösung (Commercial Litigation). Köck vertritt neben namhaften Mandanten aus dem Finanzsektor vor allem mittelständische Unternehmen in komplexen nationalen und internationalen Auseinandersetzungen. Die von ihm betreuten streitigen Verfahren berühren sämtliche Bereiche des Wirtschaftsrechts, insbesondere das Bankvertragsrecht, das Schadenersatz- und Gewährleistungsrecht, das Gesellschaftsrecht, das Vertriebsrecht und das Kartellrecht. Regelmäßig vertritt Köck Unternehmen auch (als Gläubiger) in Insolvenzen.