Posted: 18 Nov. 2021 7 min. read

ÖSTERREICHISCHE VERRECHNUNGSPREISRICHTLINIEN 2021 TEIL 3: – KONZERNINTERNER LEISTUNGSVERKEHR

Als Teil unserer Artikelserie zu den neuen österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien (VPR 2021) soll dieser Artikel näher auf wichtige Änderungen im Bereich des konzerninternen Leistungsverkehrs – insbesondere auf die Themen konzerninterner Dienstleistungen und Kostenverteilungsverträge – eingehen.
 

Konzerninterne Dienstleistungen – „Neuer“ Gewinnaufschlag auf Routinedienstleistungen und Einführung des LVAIGS-Ansatzes

In den VPR 2010 war noch vorgesehen, dass bei Routinedienstleistungen – ohne Vorliegen einer Datenbankstudie – ein fremdüblicher Bruttogewinnaufschlag zwischen 5 - 15% als Orientierungshilfe herangezogen werden kann. Laut den neuen VPR 2021 ist es nun nicht zu beanstanden, wenn bei Routinedienstleistungen, in Übereinstimmung mit den Aussagen des EU Joint Transfer Pricing Forums, ein Nettogewinnaufschlag zwischen 3% und 10% (häufig 5%) herangezogen wird. Zu beachten ist, dass es sich hierbei allerdings nicht um eine Bandbreite handelt, innerhalb derer jeder Wert als fremdüblich angesehen wird. Stattdessen muss im Einzelfall anhand von Erfahrungswerten von Vergleichsbetrieben beurteilt werden, ob der gewählte Gewinnaufschlag an der Ober- oder Untergrenze anzusiedeln ist. Für vor dem 1.1.2022 erbrachte Dienstleistungen mit Routinecharakter kann weiterhin ein Bruttogewinnaufschlag zwischen 5% und 15% herangezogen werden. Ein Nettogewinnaufschlag entspricht dem tatsächlichen Reingewinn eines Dienstleisters aus einer Transaktion, daher werden in die Kostenbasis alle Kosten des Dienstleisters eingerechnet. Die Kostenbasis enthält somit auch angemessene Teile der Vertriebs- und Verwaltungskosten. Im Gegensatz dazu müssen mit Bruttogewinnaufschlägen noch Verwaltungs- und Vertriebskosten gedeckt werden. Es werden daher nur direkt zurechenbare Kosten der Leistungserbringung in die Kostenbasis eingerechnet.

Für Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung wurde darüber hinaus die Möglichkeit einer vereinfachten Verrechnung nach dem aus den OECD-VPL 2017 bekannten „Low Value-Adding Intra-Group Services“-Ansatz (LVAIGS-Ansatz) übernommen. Im Rahmen des LVAIGS-Ansatzes ist es möglich, die Überprüfung, ob der Empfänger der Dienstleistung einen Vorteil aus der Nutzung der Dienstleistung erzielt anhand der einzelnen Dienstleistungskategorien anstatt – wie üblicherweise gefordert – für jede einzelne Dienstleistungsverrechnung durchzuführen (vereinfachter „Benefits Test“). Weiters ist für jede Dienstleistungskategorie ein Kostenpool zu erstellen, der die direkten und indirekten Kosten sowie einen geeigneten Anteil an den allgemeinen Verwaltungskosten umfasst. Diese hängen mit der jeweiligen Kategorie von Dienstleistungen zusammen. Der Kostenpool sollte weiters nur Dienstleistungen umfassen, die an mehr als nur eine Gesellschaft erbracht werden. Auf die so ermittelten Kostenbasis – ausgenommen Durchlaufkosten – kommt ein fixer Nettokostenaufschlag in Höhe von 5% zur Anwendung.

Folgende Tätigkeiten kommen für den LVAIGS-Ansatz bspw in Frage:

  • Rechnungswesen und Revision
  • HR
  • IT
  • Steuerliche und rechtliche Beratung im Konzern
  • Allgemeine Verwaltungs- und Bürodienstleistungen.

Folgende Tätigkeiten kommen für den LVAIGS-Ansatz bspw nicht in Frage:

  • Dienstleistungen, die das Kerngeschäft des Konzerns betreffen
  • Forschungs- und Entwicklungsleistungen
  • Fertigungs- und Produktionsdienstleistungen, einschließlich zugehöriger Einkaufsaktivitäten
  • Verkaufs-, Marketing- und Vertriebstätigkeiten
  • Managementleistungen.

Kostenverteilungsverträge – Neuerungen bei Teilnahme und Verrechnung

Kostenverteilungsverträge (KVV) sind vertragliche Vereinbarungen zwischen verbundenen Unternehmen zur Teilung der Beiträge und Risiken im Zusammenhang mit der gemeinsamen Entwicklung, Produktion oder Beschaffung von immateriellen Werten, materiellen Wirtschaftsgütern (Entwicklungs-KVV) oder Dienstleistungen (Dienstleistungs-KVV), wobei erwartet wird, dass die betreffenden immateriellen Werte, materiellen Wirtschaftsgüter oder Dienstleistungen Vorteile für alle KVV-Teilnehmer entstehen lassen. Die von den KVV-Teilnehmern angestrebte Vergütung besteht somit ganz oder teilweise in den wechselseitigen und anteiligen Vorteilen, die sie aus der Bündelung ihrer Ressourcen und Fertigkeiten erwarten.

Die VPR 2021 stellen klar, dass Teilnehmer an einem KVV nur Unternehmen sein können, die einen Vorteil aus den KVV-Tätigkeiten zu erwarten haben und denen eine Beteiligung am Ergebnis des KVV zusteht. Darüber hinaus muss ein Unternehmen in der Lage sein, die Kontrolle über die mit dem KVV verbundenen Risiken auszuüben und über die finanziellen Möglichkeiten verfügen, diese Risiken zu tragen. Demgegenüber kann ein Unternehmen, welches lediglich finanzielle Mittel bereitstellt, nicht Mitglied eines KVV sein.

Die von den KVV-Teilnehmern bezogenen Leistungen müssen von den KVV-Teilnehmern (wechselseitig) selbst erbracht werden. Darüber hinaus können sie Leistungen auch von einem außerhalb des KVV stehenden Unternehmen zukaufen. Handelt es sich bei dem außerhalb des KVV stehenden Unternehmen um ein verbundenes Unternehmen, so ist dieses fremdvergleichskonform zu vergüten. Ein reiner „Nachfragepool“, bei dem die Pool- Teilnehmer selbst keine Beiträge leisten und nur gemeinsam eine Leistung von einem Poolfremden Unternehmen beziehen, erfüllt hingegen nicht die Kriterien eines KVV.

Eine wesentliche Änderung findet sich auch in Bezug auf die Bewertung der Beiträge in einem KVV. Diese hat nunmehr grundsätzlich zu Marktpreisen zu erfolgen und nicht – wie bisher – nur auf Kostenbasis. Eine reine Kostenverrechnung ist nur mehr dann zulässig, wenn die Differenz zwischen Marktwert und Kosten des Beitrages vergleichsweise unerheblich ist, wie dies bpsw bei Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung der Fall sein wird.

Werden hingegen von einem KVV-Teilnehmer bereits existierende (immaterielle) Wirtschaftsgüter beigetragen, so sind diese jedenfalls mit dem Wert im Zeitpunkt des Beitrags anzusetzen, sodass eine Ermittlung auf Kostenbasis keine verlässliche Grundlage für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bietet. Da der Wert des relativen Anteils jedes KVV-Teilnehmers an den Beiträgen seinem Anteil an den erwarteten Vorteilen entsprechen muss, können Ausgleichszahlungen erforderlich sein, um diese Übereinstimmung zu erzielen. Die Beiträge und die erwarteten Vorteile sind immer über die Gesamtlaufzeit des KVV (allenfalls auch Wirtschaftsjahr übergreifend) zu betrachten.

Finanztransaktionen

Im Zuge der Aktualisierung der VPR wurde das gesamte Kapitel der Finanztransaktionen überarbeitet und an die Richtlinien für Finanztransaktionen der OECD angepasst. Daher dürfen wir für weitere Details zum Thema Finanztransaktionen auf unsere Artikelserie zu diesem Thema verweisen.

Conclusio

Die Änderungen in den neuen VPR 2021 in Bezug auf den konzerninternen Leistungsverkehr sind eine wünschenswerte und wichtige Angleichung an die OECD-VPL 2017. Es bleibt abzuwarten, wie sich Konzepte, zum Beispiel der LVAIGS-Ansatz, in der Praxis in Betriebsprüfungen bewähren werden. Klar ist allerdings, dass die Anforderungen an eine Verrechnungspreisanalyse konzerninterner Leistungsbeziehungen deutlich gestiegen sind. Damit einhergehend ergeben sich deutlich gesteigerte Dokumentationsanforderungen für den Steuerpflichtigen. Die Umstellung auf das Marktwertkonzept bei Kostenverteilungsverträgen wird deren Anwendung in der Praxis für die gemeinsame Entwicklung von immateriellen Werten deutlich erschweren, da nunmehr bei Eintritt, Austritt oder Änderung der Nutzenerwartung der KVV-Teilnehmer komplexe Bewertungsüberlegungen notwendig sind.


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Mag. Karin Andorfer

Mag. Karin Andorfer

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Karin Andorfer ist Partnerin in der Steuerberatung bei Deloitte in Wien. Sie ist Steuerberaterin und betreut zahlreiche nationale und internationale Klienten in verschiedenen Branchen. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen insbesondere in den Bereichen der nationalen und internationalen Steuerberatung sowie im Bereich Transfer Pricing / Verrechnungspreise.