Der EuGH (EuGH 20.1.2021, C-288/19) hat den Begriff „Vermietung eines Beförderungsmittels“in einem aktuellen Urteil näher definiert und bestimmt, dass dieser nur zutreffend ist, wenn Arbeitnehmerinnen bzw Arbeitnehmern gegen Zahlung eines Mietzinses ein zum Unternehmen gehöriges Fahrzeug überlassen wird, da hierdurch eine Dienstleistung gegen Entgelt begründet wird. Dagegen stellt die kostenfreie Überlassung eines Firmen-Kfz ohne Erhalt einer Gegenleistung keine Dienstleistung gegen Entgelt dar und unterliegt somit auch nicht der Umsatzsteuer.
Die Verwaltungsgesellschaft eines Investmentfonds mit Sitz in Luxemburg hat zwei Arbeitnehmern jeweils ein Fahrzeug zur dienstlichen als auch privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Arbeitnehmer üben ihre berufliche Tätigkeit in Luxemburg aus, haben ihren Wohnsitz allerdings in Deutschland. Während die Überlassung an einen der Mitarbeiter kostenfrei erfolgte, wurde beim anderen Mitarbeiter ein Teil dessen Jahresgehalts einbehalten. In Luxemburg unterlag die Gesellschaft nicht der Umsatzsteuer. Im Jahr 2014 erfolgte die umsatzsteuerliche Registrierung der Gesellschaft in Deutschland. Es wurden sonstige Leistungen hinsichtlich der Fahrzeugüberlassung gemeldet und vom deutschen Finanzamt in selber Höhe festgesetzt. Die Gesellschaft legte anschließend gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen Beschwerde ein, welche vom Finanzamt abgewiesen wurde. In einer darauffolgenden Klage gegen diesen Bescheid brachte die Gesellschaft vor, dass die Voraussetzungen für die Umsatzbesteuerung für die Überlassung der Fahrzeuge nicht vorlägen, da es sich – zumindest bei der Überlassung an einen der beiden Arbeitnehmer – nicht um Dienstleistungen gegen Entgelt handle und demnach Art 56 der MwSt-Syst-RL betreffend des Ortes der Vermietung eines Beförderungsmittels hierbei keine Anwendung finde. Das zuständige Finanzamt entschied das Verfahren auszusetzen und den EuGH mit der Vorabentscheidung zu betrauen.
Der EuGH hielt in seiner Entscheidung fest, dass der Begriff „Vermietung eines Beförderungsmittels“ des Art 56 der MwSt-SystRL grundsätzlich einen autonomen unionsrechtlichen Begriff darstellt, der einer einheitlichen Auslegung bedarf. Hierzu bedient sich der EuGH der ständigen Rechtsprechung betreffend die „Vermietung eines Grundstücks“, wonach der Grundstückseigentümer dem Mieter gegen Mietzinszahlung für eine vereinbarte Dauer das Recht überträgt, das Grundstück in Besitz zu nehmen und andere von diesem Recht auszuschließen. Diese Voraussetzungen sind laut EuGH ebenso auf die Vermietung eines Beförderungsmittels anzuwenden.
Voraussetzung ist, dass der zugrundeliegende Umsatz der Umsatzsteuer unterliegt. Da die Überlassung eines Firmen-Kfz gegen Entgelt als Dienstleistung anzusehen ist, unterliegt diese demnach grundsätzlich der Umsatzsteuer. Die im vorliegenden Fall kostenfreie Vermietung eines Beförderungsmittels ohne Vereinbarung einer Gegenleistung, stellt allerdings keine Dienstleistung gegen Entgelt dar und fällt daher nicht unter die Umsatzsteuerpflicht.
Es ist darauf hinzuweisen, dass bei Fehlen einer solchen Mietzinszahlung nicht bspw auf Basis einkommensteuerrechtlich ermittelter Sachbezüge ein quantifizierbarer geldwerter Vorteil zu unterstellen ist, der dann per se eine Umsatzsteuerpflicht nach sich zieht. Daher kann laut EuGH allein aufgrund des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses nicht automatisch auf das Vorliegen von Entgeltlichkeit geschlossen werden.
Wird Arbeitnehmerinnen bzw Arbeitnehmern gegen Zahlung eines Mietzinses ein zum Unternehmen gehöriges Fahrzeug überlassen, so begründet dies eine Dienstleistung gegen Entgelt, die umsatzsteuerpflichtig ist. Handelt es sich hingegen um eine kostenfreie Überlassung des Firmen-Kfz , so liegt keine umsatzsteuerpflichtige Vermietung eines Beförderungsmittels vor. Laut EuGH ist ein geldwerter Vorteil einem Mietzins nicht gleichzustellen. Es bleibt abzuwarten, ob die österreichische Finanzverwaltung durch das vorliegende EuGH Judikat von ihrer bisherigen Meinung abgeht, wonach Sachzuwendungen von Arbeitgeberinnen bzw Arbeitgebern , wie die Überlassung eines Firmen-KFZ für private Zwecke von Mitarbeiterinnen bzw Mitarbeitern regelmäßig als geldwerter Vorteil aus dem Dienstverhältnis und damit als tauschähnlicher Umsatz angesehen werden. Von einer Entgeltlichkeit kann laut Finanzverwaltung bereits dann ausgegangen werden, wenn das Fahrzeug für eine gewisse Dauer und nicht nur gelegentlich zur Privatnutzung überlassen wird. Weitere Differenzierungen werden hierbei regelmäßig nicht angestellt. Dies hat zur Konsequenz, dass bei Fahrzeugen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, der lohnsteuerliche Sachbezugswert (welcher aus Vereinfachungsgründen als Bemessungsgrundlage angesetzt werden kann) der Umsatzsteuer unterworfen wird. Der österreichischen Verwaltungsübung aber, nämlich von reiner Sachbezugsbesteuerung gleich auf Entgeltlichkeit zu schließen, hat der EuGH jedenfalls eine klare Absage erteilt.
Verena Gabler ist Partner im Bereich Steuerberatung und leitet die Tax Management Consulting Abteilung bei Deloitte Österreich. Die Umsatzsteuer-Spezialistin hat sich auf die Prozessberatung spezialisiert und unterstützt ihre Klienten bei der Entwicklung und Implementierung von Steuerkontrollsystemen. Dabei begleitet sie ihre Klienten bei der Analyse und Reduktion von steuerlich relevanten Risiken, der Optimierung von Prozessen und der Erhöhung des Automatisierungsgrades der Steuerfunktion durch den Einsatz von steuerrelevanter Software.