Posted: 22 Nov. 2021 5 min. read

VWGH: BERECHNUNG DER RESTFRIST ANHAND DES DER ABWEISUNG ZUGRUNDELIEGENDEN (LETZTEN) FRISTVERLÄNGERUNGSANTRAGS

Überblick

Wie bereits in unserem Beitrag vom 2.10.2020 ausgeführt, hat der VwGH bereits im Jahr 2020 (5.3.2020, Ro 2019/15/0008) klargestellt, wie eine allfällige Restfrist bei einer Abweisung eines Fristverlängerungsantrages zu berechnen ist. Die Hemmung einer Fristverlängerungsantrags beginnt dabei ab dem Tag der Einbringung des Antrages und endet mit Ablauf jenes Tages, an dem die Entscheidung über das Fristverlängerungsansuchen zugestellt wurde. Der Tag der Antragstellung ist in die Berechnung der Restfrist miteinzubeziehen. In seinem jüngst ergangenen Erkenntnis (30.6.2021, Ra 2021/15/0019) hat der VwGH sich der Frage gewidmet, inwiefern eine noch offene Restfrist im Hinblick auf eine weitere (zweite) Fristverlängerung zu beurteilen ist.

Sachverhalt

Der Bf erhob Beschwerde gegen einen Einkommensteuerbescheid. Das Finanzamt gab der Beschwerde teilweise Folge und erließ eine Beschwerdevorentscheidung, welche dem Bf am 16.11.2017 zugestellt wurde. Am 14.12.2017 beantragte der Bf eine Fristverlängerung betreffend die Einbringung des Vorlageantrags (Anm.: die offene Restfrist zu diesem Zeitpunkt betrug fünf Tage). Dem Antrag wurde mit Bescheid vom 18.12.2017 stattgegeben und die Frist bis zum 31.1.2018 verlängert. Am 31.1.2018 beantragte der Bf erneut eine Fristverlängerung. Der neuerliche Antrag wurde mit am 12. 2.2018 zugestellten Bescheid abgewiesen. Der Bf brachte am 14.2.2018 den Vorlageantrag ein.

Entscheidung des VwGH

Zu klären war, ob die im Rahmen des ersten Fristverlängerungsantrages bestehende offene Restfrist von fünf Tagen durch die Stattgabe des Antrages und Setzung einer neuen Frist „konsumiert“ wurde, oder ob diese Restfrist dem Bf nach Abweisung des zweiten Fristverlängerungsantrages noch zustand. Der VwGH erläuterte vorab, dass das Konzept der Hemmung der Rechtsmittelfrist ein Schutz des Bf darstelle. Bei Abweisung eines Fristverlängerungsantrages stehe dem Bf nämlich die offene Restfrist zur Einbringung des Rechtsmittels zur Verfügung. Dieses Schutzbedürfnis sei jedoch bei Stattgabe eines Fristverlängerungsantrages nicht gegeben, da dem Bf in diesem Fall ohnehin seitens der Behörde schon eine längere Frist für die Einbringung gewährt werde. Die von der ersten Fristverlängerung verbliebene, offene Restfrist kann daher nicht im Zuge weiterer Fristverlängerungen herangezogen werden.

Im gegenständlichen Fall wurde durch die Stattgabe des ersten Fristverlängerungsantrages und Verlängerung der Frist bis 31.1.2018 die offene Restfrist von fünf Tagen „konsumiert“. Mit Stellung des zweiten Fristverlängerungsantrages am 31.1.2018 und somit am letzten Tag der (verlängerten) Frist, verblieb dem Bf nach Zustellung der Abweisung des zweiten Fristverlängerungsantrages nur mehr ein Tag als offene Restfrist. Der Bf hätte den Vorlageantrag somit spätestens am 13.2.2018 einbringen müssen. Die Einbringung am 14.2.2018 war daher nicht mehr fristgerecht.

Fazit

Der Fristverlängerungsantrag hemmt den Lauf der Rechtsmittelfrist ab dem Tag seiner Einbringung. Eine verbliebene offene Restfrist kann – sofern dem Fristverlängerungsantrag stattgegeben und eine neue Frist gesetzt wurde – nicht „vorgetragen“ werden und gilt als „konsumiert“. Offene Rechtsmittelfristen sind laut Entscheidung des VwGH daher immer hinsichtlich auf den der Abweisung zugrundeliegenden (letzten) Fristverlängerungsantrag zu berechnen. 


Anmeldung zum Erhalt von Informationen und Newslettern

Ihr Kontakt

Stefanie Jeegers

Stefanie Jeegers

Senior Assistant Steuerberatung

Stefanie Jeegers ist Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Abgabenverfahrensrecht und Rechtsmittelverfahren.