Posted: 20 Jul. 2021 5 min. read

VWGH: MISSGLÜCKTES DREIECKSGESCHÄFT - VORLAGEANTRAG AN EUGH

Hintergrund

Im Jahr 2014 erwarb die beschwerdeführende ö GmbH (mittlerer Unternehmer; Erwerber) Fahrzeuge von einem UK-Lieferanten und veräußerte diese im Rahmen eines Reihengeschäftes an ihren tschechischen Abnehmer (Empfänger). Dabei traten alle Beteiligten unter der UID-Nummer ihres Sitzstaates auf. Die Fahrzeuge wurden im Auftrag der ö GmbH unmittelbar von Großbritannien in die Tschechische Republik transportiert. Streitgegenständlich sind die Merkmale auf den ausgestellten Netto-Rechnungen der ö GmbH, denn diese wiesen die UID-Nummern der beiden Unternehmen auf und verwiesen ebenso auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts, nicht aber auf den Übergang der Steuerschuld auf den letzten Abnehmer. Dieser Hinweis wurde in nachträglichen Berichtigungsnoten ergänzt, jedoch konnte die Zustellung der Berichtigungen an den tschechischen Abnehmer nicht nachgewiesen werden. Der Abnehmer hat für die gegenständlichen Fahrzeuglieferungen in Tschechien weder Umsatzsteuer erklärt noch abgeführt.

Da die Rechnungen ohne Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld ausgestellt wurden, liegt laut Finanzamt ein nachträglich nicht sanierbares „missglücktes Dreiecksgeschäft“ vor. Folglich seien die Vereinfachungsregelungen für Dreiecksgeschäfte nicht anwendbar. Die Beurteilung der Umsatzgeschäfte habe anhand der Bestimmungen für Reihengeschäfte zu erfolgen. Durch die Verwendung der österreichischen UID-Nummer ging das Finanzamt daher von einem ig Erwerb der
ö GmbH in Österreich aus und setzte Umsatzsteuer fest. Da der Erwerb nicht im Bestimmungsland (CZ) besteuert wurde, steht dem Unternehmer aus dem sog. „fiktiven“ ig Erwerb in Österreich auch kein Vorsteuerabzug zu.

Das (möglicherweise) missglückte Reihengeschäft

Im vorliegenden Streitfall ist die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung aufgrund eines fehlenden Rechnungsmerkmals – dem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld – versagt worden. Das BFG hat die erhobene Beschwerde abgewiesen und leitet aus der EuGH-Rechtsprechung ab, dass eine ordnungsgemäße Rechnungslegung als materielle und sohin zwingende Voraussetzung für den Übergang der Steuerschuld anzusehen ist und die Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte im gegenständlichen Fall keine Anwendung findet.

Die Literatur verweist allerdings auf Beispiele die durchaus eine gegenteilige Argumentation stützen. Hiervon ausgehend könnte der Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld ebenso als formelles Kriterium angesehen werden. Sofern der EuGH dieser Sichtweise folgt, könnte der EuGH trotz der mangelhaften Rechnung kein missglücktes Dreiecksgeschäft im Streitfall erkennen. Demnach würde ein Rechnungsmangel - wie im gegenständlichen Sachverhalt - nicht grundsätzlich zu einer Versagung der Anwendung der Vereinfachungsregelung bei Dreiecksgeschäften führen.

Gegen das Erkenntnis erhob die ö GmbH die ordentlichen Revision an den VwGH.

Weiterer Verfahrensgang

Der VwGH hat nun dem EuGH die Frage zur Klärung der Auslegung der – äußerst praxisrelevanten – Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte vorgelegt. Dieser hat nun darüber aufzuklären, ob ein Rechnungsmangel zur Versagung der Anwendung der Vereinfachungsregelung bei Dreiecksgeschäften führt bzw. ob und in welcher Form eine Rechnungskorrektur erfolgen kann.


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Mag. Jutta Schmidt

Mag. Jutta Schmidt

Senior Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Jutta Schmidt ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien. Sie ist als Senior Managerin im Indirect Tax & Global Trade Advisory Team tätig. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Umsatzsteuerrecht, der USt-Compliance sowie der umsatzsteuerlichen Sonderberatung von nationalen und multinationalen Unternehmen.