Im vorliegenden Fall zahlte eine österreichische GmbH an ihre Alleingesellschafterin, eine slowakische „komanditná spoločnost“ (k.s.), Gewinnausschüttungen iFv Sach- und Barausschüttungen. Die slowakische k.s. ist rechtlich mit einer österreichischen GmbH & Co KG vergleichbar. Diese war zwar mit einer Betriebsstätte in der Slowakei gewerblich tätig, jedoch bestand nach Ansicht des VwGH kein hinreichender funktionaler Zusammenhang zwischen der Beteiligung an der österreichischem GmbH und der slowakischen Betriebsstätte. Entsprechend waren Gewinnausschüttungen der österreichischen GmbH nicht der slowakischen Gesellschaft sondern unmittelbar deren Gesellschafterin, einer in Österreich ansässigen natürlichen Person, steuerlich zuzurechnen und unterlagen bei dieser der Einkommensbesteuerung. Dies unbenommen der Frage, ob die slowakische Gesellschaft als EU-Gesellschaft iSd Mutter-Tochter-Richtlinie gilt. Erträge aus den seitens der österreichischen GmbH der slowakischen Gesellschaft als Sachausschüttung zugewendeten Wertpapieren waren ebenfalls direkt der österreichischen Gesellschafterin zuzurechnen.
Eine in Österreich ansässige natürliche Person A war mit 94% am Stammkapital der in Österreich ansässigen X GmbH beteiligt. A war zudem alleinige Kommanditistin und alleinige Gesellschafterin einer Komplementärgesellschaft, der islowakischen k.s. (S KG), die rechtlich mit einer österreichischen GmbH & Co KG vergleichbar ist. A brachte im Jahr 2007 ihren 94%-Anteil in die S KG ein. Die verbleibenden Geschäftsanteile an der X GmbH (6%) erwarb die S KG im Jahr 2013. In den Jahren 2009 bis 2015 nahm die X GmbH Gewinnausschüttungen an die S KG in dreistelliger Millionenhöhe vor. Zudem erfolgte im Jahr 2015 seitens der X GmbH eine Sachausschüttung an die S KG in Form von Wertpapieren. Die Wertpapiere wurden in weiterer Folge seitens der S KG an die A veräußert. In der Slowakei wurde die S KG einer Körperschaft gleich besteuert, weshalb Erträge aus den Wertpapieren auf Ebene der S KG der lokalen Körperschaftsteuer unterlagen.
Im streitgegenständlichen Verfahren wurden sowohl die seitens der S KG vereinnahmten Beteiligungserträge als auch die Erträge aus den seitens der S KG gehaltenen Wertpapiere der Gesellschafterin A durch das Finanzamt direkt zugerechnet und bei dieser der Einkommensteuer unterzogen. Das BFG folgte der Rechtsansicht des Finanzamts und verneinte somit sowohl den seitens A vorgebrachten Abkommensschutz nach Maßgabe des einschlägig anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens als auch einen abschirmenden Effekt der S KG gefolge der Anwendbarkeit der EU Mutter-Tochter-Richtline. Die Verweigerung der Zuordnung zur slowakischen Betriebsstätte untermauerte das BFG damit, dass die Tätigkeit der X GmbH sich auf das Halten von Beteiligungen beschränke, wohingegen der Unternehmensschwerpunkt der S KG in Immobilienerwerben und der Consultingtätigkeit bestand. Ein hinreichender funktionaler Zusammenhang zwischen der X GmbH und der betrieblichen Tätigkeit der S KG könne somit nicht hergestellt werden.
Die Gesellschafterin A erhob Revision. Der VwGH wies die Revision mit Erkenntnis vom 15.10.2020, Ro 2019/13/0007 als unbegründet ab und führte folgende Gründe an:
Der VwGH bestätigte somit grundsätzlich die Anwendbarkeit der EU Mutter-Tochter-Richtlinie für Gewinnausschüttungen an eine slowakische k.s., auch wenn diese bei Vornahme eines Rechtsformvergleichs einer Personengesellschaft vergleichbar ist. Insoweit steht die EU Mutter-Tochter-Richtlinie bzw stehen die nationale Bestimmungen des § 94 Z 2 EStG einem Quellensteuerabzug entgegen. Die der Revisionswerberin im Veranlagungsweg vorgeschriebene Einkommensteuer gilt jedoch nicht als unzulässige Quellensteuer im Sinne der EU Mutter-Tochter-Richtlinie. Aus österreichischer ertragsteuerlicher Sicht qualifiziert die slowakische k.s. weiterhin als Personengesellschaft, weshalb eine Besteuerung der Einkünfte der Personengesellschaft grundsätzlich auf Ebene der Gesellschafterin erfolgt. Im Verfahren konnte die Zugehörigkeit der Einkunftsquelle zu einer gewerblichen Betriebsstätte der ausländischen Personengesellschaft nach Ansicht des VwGH nicht hinreichend dargelegt werden. Der VwGH verneinte daher das Vorliegen eines Abkommensschutzes nach Maßgabe des Doppelbesteuerungsabkommens. Für die Praxis empfiehlt sich weiterhin die sorgfältige Prüfung bestehender (hybrider) Beteiligungsstrukturen insb im Hinblick auf die Zugehörigkeit der zugeordneten Wirtschaftsgüter und Einkunftsquellen.
Veronika John ist seit Juli 2019 Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Ihre Hauptätigkeit bezieht sich auf die steuerliche Complianceberatung von nationalen und internationalen Klienten. Vorwiegend betreut sie österreichische Unternehmen im Finanzsektor in den Bereichen Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer.