Posted: 24 May 2021 7 min. read

WOHNZWECK FÜHRT JEDENFALLS ZUR GEBÜHRENFREIHEIT

In der Entscheidung (VwGH 18.8.2020, Ra 2020/16/0077) setzte sich der VwGH mit der Frage auseinander, ob ein für Geschäftszwecke abgeschlossener schriftlicher Mietvertrag von der Begünstigung für Bestandverträge zu Wohnzecken erfasst sein kann. Während sich die Gebühr für befristete Bestandverträge grundsätzlich höchstens vom achtzehnfachen Jahreswert bemisst, war bei Bestandverträgen für Gebäude, die überwiegend Wohnzwecken dienen, bis 2017 eine Begrenzung mit dem dreifachen Jahreswert anwendbar. Wir haben die wichtigsten Eckpunkte der VwGH Judikatur für Sie zusammengefasst.

Sachverhalt

Der Bestandgeber ließ eine Generalsanierung eines Gebäudes samt Zu- und Umbau sowie einen DG-Ausbau durchführen, mit dem Ziel eine Seniorenresidenz zu schaffen. Im Anschluss vermietete der Bestandgeber die Seniorenresidenz samt sonstiger selbständiger Räume (zB Restaurant, Arztpraxis) an den Bestandnehmer. Dieser betrieb das Seniorenheim ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken. Die Residenz diente überwiegend der Unterbringung der Residenzbewohner zu Wohnzwecken. Das Restaurant sollte laut Mietvertrag primär den Residenzbewohnern dienen.

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, die Seniorenresidenz sei zwar den Residenzbewohnern zu Wohnzwecken vermietet worden, seitens des Mieters (Betreiber der Seniorenresidenz) liege aber kein Wohn-, sondern ein Geschäftszweck vor. Die Begünstigung für Wohnzwecken dienende Gebäude samt mitvermieteten Nebenräumen (zB Restaurants) sei daher nicht anwendbar.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Meinung der belangten Behörde vertrat der VwGH die Ansicht, dass sich aus dem Gesetzeswortlaut „Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen“ nicht ergibt, dass das Bestandsobjekt unmittelbar dem Mieter (Heimbetreiber) für Wohnzwecke dienen muss. Legt man die Norm nach dem Wortlaut aus, so sei Gegenstand der Begünstigung lediglich ein Vertrag über die Miete von Wohnräumen. Ausschlaggebend sei allein, dass das Gebäude überwiegend Wohnzwecken dient. Es handle sich also nicht um eine persönliche, sondern um eine sachliche Begünstigung. Ob nun der erste Mieter (Heimbetreiber) das Gebäude selbst für Wohnzwecke nutzt oder in Erwerbsabsicht für Wohnzwecke an Heimbewohner untervermietet, macht demzufolge keinen Unterschied.

Ziel dieser Begünstigung ist die Entlastung des Mieters, welcher den Vertrag über die Miete des Wohnraums abschließt. Würde man der Ansicht des Finanzamts folgen, nach der die Begünstigung hier nicht anwendbar sei, dann müsste letztlich der Wohnungsmieter diese Kosten tragen, was dem Sinn und Zweck der Norm zuwiderlaufen würde.

Der VwGH kam daher zu dem Schluss, dass die Begünstigung für Wohnzwecke trotz Vorliegen der Erwerbsabsicht des Mieters (Heimbetreibers) im vorliegenden Fall zur Anwendung komme. Für die Berechnung der Bestandvertragsgebühr war daher der dreifache Jahreswert anzusetzen.

Fazit

Aus der rechtlichen Beurteilung folgt, dass auf Bestandverträge die Begünstigung für Wohnzwecke auch dann Anwendung findet, wenn beim Vertragsabschluss bereits feststeht, dass diese Gebäude(-teile) letztlich überwiegend Wohnzwecken dienen sollen. Die Begünstigung verlangt gerade nicht, dass das Wohnbedürfnis des unmittelbaren Mieters (Heimbetreibers) selbst befriedigt werden muss. Die Erwerbsabsicht des Mieters bzw Untervermieters schadet der Begünstigung daher nicht.  

Während der gegenständliche Fall nach der alten Rechtslage zu beurteilen war, nimmt die aktuelle Rechtslage Bestandverträge für Wohnzwecke, die ab dem 11.11.2017 abgeschlossen wurden, ausdrücklich von der Gebührenpflicht aus. Umso wichtiger ist daher das gegenständliche Erkenntnis des VwGH einzuschätzen, da gleichartige Bestandverträge die überwiegend Wohnzwecken dienen und nach dem 11.11.2017 geschlossen werden zur Gänze von Gebühren befreit sind.


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Mag. Stefan Laschan

Mag. Stefan Laschan

Assistant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Stefan Laschan ist in der Steuerberatung bei Deloitte Wien beschäftigt. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich Privatpersonen (Private Clients) und Privatstiftungen.