Ein*e Dritte*r haftet, wenn er*sie eine gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßende Zahlung einer Gesellschaft entgegennimmt und dabei zumindest billigend in Kauf nimmt, dass dadurch dieser Gesellschaft ein endgültiger Vermögensschaden entsteht (OGH 6 Ob 61/21w).
Eine GmbH gewährte der Kommanditistin einer GmbH & Co KG ein Darlehen. In weiterer Folge zahlte jedoch die GmbH & Co KG (statt der Kommanditistin) das Darlehen an die GmbH zurück. Die Kommanditistin war sowohl zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung als auch zum Zeitpunkt der Darlehensrückzahlung buchmäßig überschuldet. Überdies leitete die GmbH den Betrag unmittelbar weiter, sodass die GmbH & Co KG den Betrag, den sie für ihre Kommanditistin zurückgezahlt hatte, weder von der Kommanditistin noch von der GmbH zurückerlangen konnte.
Die buchmäßige Überschuldung der Kommanditistin sowie die Mittelherkunft waren den handelnden Personen bewusst. Die GmbH & Co KG begehrte daher (i) vom Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH, (ii) der darlehensgewährenden GmbH und (iii) deren Geschäftsführerin Schadenersatz.
Das Verbot der Einlagenrückgewähr besagt, dass grundsätzlich jede über die gesetzliche Gewinnausschüttung hinausgehende Zuwendung einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter*innen, die nicht in einem drittvergleichsfähigen Leistungsaustausch erfolgt, unzulässig ist. Die Vorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr sind auf Kommanditgesellschaften analog anwendbar, wenn keine natürliche Person unbeschränkt haftende*r Gesellschafter*in ist. Trägt, wie in diesem Fall, die GmbH & Co KG die Verbindlichkeiten ihrer Kommanditistin, liegt daher ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vor.
Adressat*innen des Einlagenrückgewährverbots sind grundsätzlich die Gesellschaft (hier: die GmbH & Co KG) und ihre Gesellschafter*innen (hier: die Komplementär-GmbH und die Kommanditistin). Die Geschäftsführung des dritten Vertragspartners (hier: der darlehensgewährenden GmbH) ist daher nicht unmittelbare Adressatin des Verbots der Einlagenrückgewähr. In bestimmten Konstellationen (Kollusion und grobe Fahrlässigkeit) können jedoch auch Dritte Adressat*innen des Verbots der Einlagenrückgewähr sein. Die Rückzahlungspflicht besteht dann allerdings nur gegen den*der jeweiligen Empfänger*in der Leistung (hier: die darlehensgewährende GmbH), nicht aber dessen handelndes Organ. Rückersatz kann von der Geschäftsführerin der darlehensgewährenden GmbH daher nur im Wege des allgemeinen Schadenersatzrechts, etwa wie hier wegen sittenwidriger Schadenzufügung, erlangt werden.
Die Geschäftsführerin der darlehensgewährenden GmbH nahm die gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßende Rückzahlung des Darlehens durch die GmbH & Co KG (statt durch die Kommanditistin, die das Darlehen erhalten hatte) entgegen. Der GmbH & Co KG entstand ein Schaden, da sie weder von der Kommanditistin (buchmäßig überschuldet) noch von der darlehensgewährenden GmbH (sie leitete den Betrag unmittelbar weiter) Rückersatz verlangen konnte. Aufgrund der Tatsache, dass der Geschäftsführerin der darlehensgewährenden GmbH sowohl die Überschuldung der Kommanditistin als auch die Mittelherkunft bewusst waren, leitete der OGH die persönliche Haftung der Geschäftsführerin der GmbH infolge sittenwidriger Schadenzufügung ab.
Der OGH bestätigte, dass das Verbot der Einlagenrückgewähr auf die GmbH & Co KG, bei der keine natürliche Person unbeschränkt haftende*r Gesellschafter*in ist, analog anzuwenden ist. Neu hierbei ist, dass eine dritte Person schadenersatzpflichtig wird, wenn sie eine gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßende Zahlung einer Gesellschaft entgegennimmt und dabei zumindest billigend in Kauf nimmt, dass der Gesellschaft dadurch ein endgültiger Vermögensschaden entsteht.
Um eine persönliche Haftung zu verhindern, sollte daher auch bei der Entgegennahme von Zahlungen das Verbot der Einlagenrückgewähr beachtet werden – insbesondere dann, wenn die Mittelherkunft und die Vermögenslage bekannt sind.
Yvonne Gutsohn ist Rechtsanwältin bei Jank Weiler Operenyi RA | Deloitte Legal und Mitglied der Praxisgruppen Corporate/M&A und Private Clients. Ihre Tätigkeitssschwerpunkte liegen in den Bereichen Gesellschaftsrecht und M&A, insbesondere in der Beratung von Mandanten bei komplexen nationalen und multinationalen M&A-Transaktionen, Joint Ventures und allen Facetten des Gesellschaftsrechts und der Corporate Governance.