Posted: 26 Sep. 2022 7 min. read

VwGH: Aufteilung eines Entgelts nach der Differenzmethode

In seiner Entscheidung vom 24.1.2022, Ra 2021/13/0117, beschäftigte sich der VwGH mit der Frage, wie die Einkommensteuer zu ermitteln ist, wenn zeitgleich auf ein Veräußerungs- und Belastungsverbot und ein Fruchtgenussrecht verzichtet wird und dafür einen Pauschalbetrag bezahlt wird. Der Verzicht gegen Entgelt auf ein Fruchtgenussrecht im Privatvermögen unterliegt laut bisheriger Rechtsprechung des VwGH in den meisten Fällen nicht der Einkommensteuer. Jedoch wird ein entgeltlicher Verzicht auf ein Veräußerungs- und Belastungsverbot als einkommensteuerpflichtig gesehen.

 

Sachverhalt

 

Die Beschwerdeführerin und ihr Sohn haben im Jahr 2015 ein Pflichtteilsübereinkommen über einen Hälfteanteil einer Liegenschaft geschlossen, mit welchem der Sohn der Beschwerdeführerin an dem Hälfteanteil das lebenslange und unentgeltliche Fruchtgenussrecht und ein Veräußerungs- und Belastungsverbot eingeräumt hat. Die Beschwerdeführerin schenkte ihrem Enkel unter Vorbehalt eines lebenslangen unentgeltlichen Fruchtgenussrechts und Veräußerungs- und Belastungsverbots den anderen Hälfteanteil dieser Liegenschaft. Im Jahr 2019 verkauften der Sohn und der Enkel diese Liegenschaft an einen Dritten. Im Rahmen des Verkaufes verzichtete die Beschwerdeführerin auf das zu ihren Gunsten eingeräumte Fruchtgenussrecht und Veräußerungs- und Belastungsverbot gegen eine pauschale Abschlagszahlung in Höhe von EUR 500.000. Eine Aufgliederung des Entgelts auf die beiden Rechte erfolgte nicht. Das Finanzamt rechnete die Hälfte der Zahlung in Höhe von EUR 250.000 dem Verzicht auf das Veräußerungs- und Belastungsverbot zu und schrieb darauf Einkommensteuer vor. Der Verzicht auf das Veräußerungs- und Belastungsverbot stelle einen nach § 29 Z 3 EStG steuerpflichtigen Vorgang dar (Einkünfte aus Leistungen). Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Beschwerde und wandte ein, dass das Veräußerungs- und Belastungsverbot lediglich der Absicherung des Fruchtgenussrechts gedient habe und der Ansatz von EUR 250.000 willkürlich sei.

 

Entscheidung des BFG

 

Für die Ermittlung des Entgelts für das Veräußerungs- und Belastungsverbot stellte das BFG fest, dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 2015 bis 2019 aus der Liegenschaft Einnahmen von insgesamt ca EUR 170.000 und weitere Einkünfte von rund EUR 87.150 erzielt habe und sich damals in ihren 84. bis 88. Lebensjahren befand. Aus diesen Daten errechnete das BFG den Wert des Fruchtgenussrechts und des Veräußerungs- und Belastungsverbots und ordnete dem Veräußerungs- und Belastungsverbot einen Wert in Höhe von rund EUR 96.400 zu. Die Einkünfte aus dem Verzicht auf das Veräußerungs- und Belastungsverbot seien daher mit rund EUR 96.400 festzusetzen. Die Beschwerdeführerin erhob gegen das Erkenntnis Revision.

 

Entscheidung des VwGH

 

Einleitend führt der VwGH aus, dass die Aufteilung eines einheitlichen Entgelts für verschiedene Wirtschaftsgüter (Fruchtgenussrecht, Veräußerungs- und Belastungsverbot) nach streng objektiven Maßstäben zu erfolgen hat. Hierzu ist der Verkehrswert beider Wirtschaftsgüter zu ermitteln und das Entgelt im Verhältnis dieser Werte aufzuteilen. Zu den ermittelten Werten stellte der VwGH fest, dass entgegen der Ansicht des BFG nur der Wert des Fruchtgenussrechts durch die Ermittlung des Ertragswertes ermittelt wurde. Eine allgemeine abstrakte Bewertung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes scheide mangels Vergleichbarkeit aus, weshalb der vermögenswerte Vorteil bzw Nachteil des Berechtigten des Veräußerungs- und Belastungsverbots heranzuziehen ist. Ausgehend vom vermögenswerten Vorteil des Berechtigten ergibt sich das Entgelt der Revisionswerberin für den Verzicht auf das Veräußerungs- und Belastungsverbot mit der Differenz aus dem gesamten Entgelt in Höhe von EUR 500.000 und dem nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Wert des Fruchtgenussrechts in Höhe von rund EUR 100.000. Daher mit etwa EUR 400.000. Die Revisionswerberin ist durch die Zurechnung des Betrages von rund EUR 96.400 zum Verzicht auf das Veräußerung- und Belastungsverbot somit nicht beschwert und die Revision war zurückzuweisen.

 

Fazit

 

Im Gegensatz zum entgeltlichen Verzicht auf ein Veräußerungs- und Belastungsverbot führt der entgeltliche Verzicht auf ein Fruchtgenussrecht grundsätzlich nicht zu sonstigen Einkünften aus Leistungen. Wird ein einheitliches Entgelt für verschiedene Rechtsgüter vereinbart, erfolgt eine Aufteilung nach objektiven Maßstäben. In der gegenständlichen Konstellation entschied sich der VwGH für die Differenzmethode, bei welcher der Verkehrswert eines Rechtsgutes ermittelt wird und dem anderen Rechtsgut ein Entgelt in Höhe der Differenz zwischen dem Gesamtpreis und dem ermittelten Verkehrswert des einen Rechtsgutes zugeordnet wird.

 

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Mag. Johanna Kloner

Mag. Johanna Kloner

Senior Steuerberatung | Deloitte Österreich

Mag. Johanna Kloner ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien und ist auf die Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Familienunternehmen, Privatstiftungen sowie der Beratung im Bereich Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung spezialisiert. Sie ist weiters Autorin diverser Fachbeiträge. 

Gergana Winkler

Gergana Winkler

Associate Steuerberatung | Deloitte Österreich

Gergana Winkler ist als Associate in der Steuerberatung bei Deloitte Wien tätig. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Privatstiftungen, Familienunternehmen und im Bereich der Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung.