Posted: 01 Apr. 2022 5 min. read

BFG: Agio ist Teil der Anschaffungskosten von Kapitalvermögen

Überblick

Bei Wirtschaftsgütern und Derivaten auf deren Erträge der besondere Steuersatz von 27,5 % anzuwenden ist, dürfen im außerbetrieblichen Bereich ­ im Gegensatz zu den betrieblichen Einkünften – Anschaffungsnebenkosten nicht angesetzt werden. Anschaffungsnebenkosten reduzieren im außerbetrieblichen Bereich daher weder den Veräußerungsgewinn, noch erhöhen sie einen Veräußerungsverlust. Was unter den Begriff der Anschaffungsnebenkosten fällt, ist auslegungsbedürftig und in der Praxis nicht immer eindeutig. Für das bei einem Erwerb von Anteilen gezahlte Aufgeld (Agio) hat das BFG in seiner Entscheidung vom 31.12.2021, RV/7100922/2016, nun klargestellt, dass dieses als Anschaffungskosten zu qualifizieren ist und sich demnach bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes oder -verlustes auswirkt.

Sachverhalt

Unter dem Begriff Agio wird die Differenz zwischen dem Ausgabepreis eines Wertpapiers und dem Nennwert verstanden, beispielsweise jener Betrag, der beim Erwerb von im Zuge einer Kapitalerhöhung neu ausgegebenen Geschäftsanteilen über dem Nominalwert des anteiligen Stammkapitals zu zahlen ist. Strittig war im gegenständlichen Fall, ob ein Agio unter den Anschaffungskostenbegriff fällt oder als Anschaffungsnebenkosten zu qualifizieren ist.

Der Beschwerdeführer machte in der Einkommensteuererklärung 2013 einen Veräußerungsverlust aus der Abtretung von Anteilen geltend. Bei der Berechnung des Veräußerungsverlust (Veräußerungserlös abzüglich Anschaffungskosten) wurde ein Agio bei den Anschaffungskosten berücksichtigt. Ein Veräußerungsverlust im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen kann unter Berücksichtigung einiger Einschränkungen mit Gewinnen aus Kapitalvermögen – beispielsweise Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien – verrechnet werden.

Das Finanzamt qualifizierte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2013 das Agio als Anschaffungsnebenkosten und reduzierte den Veräußerungsverlust entsprechend. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 wurde Beschwerde an das BFG erhoben.

Entscheidung des BFG

Das BFG gab der Beschwerde statt und argumentierte zum einen mit Verweis auf zahlreiche VwGH-Judikate, wonach der unternehmensrechtliche Anschaffungskostenbegriff für sämtliche steuerrechtliche Gewinnerermittlungsarten, also auch für die außerbetrieblichen Einkunftsarten, gilt. Unter Anschaffungskosten sind all jene Aufwendungen zu verstehen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Von dieser Definition ist inhaltlich nach Ansicht des BFG auch ein Agio erfasst.

Weiters argumentierte das BFG, dass die Qualifizierung eines Agios als Anschaffungskosten im engen Sinn auch deswegen anzuerkennen ist, da das Agio in Verbindung mit dem auf den Geschäftsanteil entfallenden Nennwert der eigentliche Kaufpreis ist, der für einen Anteil bezahlt wird. Durch die Vereinbarung eines Agios wird erreicht, dass bei Übernahme eines Gesellschaftsanteils ein dem wirtschaftlichen Wert des Anteils entsprechender angemessener Preis bezahlt wird. Der Nennwert der Stammeinlage allein stimmt oftmals nicht mit dem tatsächlichen Wert der Beteiligung überein.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Fazit

Das steuerliche Abzugsverbot, wonach im Privatvermögen Anschaffungsnebenkosten kein Bestandteil der Anschaffungskosten sind, ist eng und in Übereinstimmung mit den unternehmensrechtlichen Begriffsbestimmungen auszulegen. Nach Ansicht des BFG fällt ein für die Anschaffung von Anteilen geleistetes Agio nicht unter die Anschaffungsnebenkosten, sondern gehört zu den eigentlichen Anschaffungskosten. Vor dem Hintergrund, dass in der Praxis oftmals Agios in erheblicher Höhe zu leisten sind, ist die klarstellende Entscheidung des BFG ist zu begrüßen.


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Mag. Clemens Prinz, BSc (WU)

Mag. Clemens Prinz, BSc (WU)

Senior Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Clemens Prinz ist Steuerberater bei Deloitte Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Konzernsteuerrecht, M&A und Umgründungssteuerrecht.