Posted: 01 Sep. 2022 7 min. read

BFG zur Zulässigkeit einer horizontalen Unternehmensgruppe

Überblick

 

Das BFG hat in seinem kürzlich ergangenen Erkenntnis vom 31.3.2022 (RV/7104573/2020) ausgesprochen, dass eine Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG entgegen bisheriger Rechtslage auch zwischen inländischen Tochtergesellschaften mit einer ausländischen Muttergesellschaft (ohne inländische Zweigniederlassung) zulässig ist. Ein horizontaler Ergebnisausgleich zwischen den (inländischen) Schwestergesellschaften wird innerhalb der Unternehmensgruppe damit auch ermöglicht.

 

Relevante Rechtsnorm

 

Gemäß § 9 Abs 3 KStG können Gruppenträger auch beschränkt steuerpflichtige (ausländische) Gesellschaften sein, wenn sie mit inländischen Rechtsformen vergleichbar sind und wenn sie mit einer Zweigniederlassung im Firmenbuch eingetragen sind und die Beteiligung an den Gruppenmitgliedern der Zweigniederlassung zuzurechnen ist.

 

Sachverhalt 

 

Im vorliegenden Fall beantragte die deutsche Muttergesellschaft („M-GmbH“) die Bildung einer Unternehmensgruppe gemäß § 9 KStG als Gruppenträgerin mit den beiden österreichischen Tochtergesellschaften („T1-GmbH“ (100%) und „T2-GmbH“ (99,8%)), als Gruppenmitglieder.

 

Das zuständige Finanzamt wies den Antrag auf Gruppenbildung jedoch mangels inländischer eingetragener Zweigniederlassung der M-GmbH ab. Die M-GmbH sah darin einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit und brachte eine Beschwerde ein. Darin wurde ausgeführt, dass nicht eine Ergebniszurechnung in Deutschland erfolgen sollte. Vielmehr sollte die T2-GmbH die Funktion als Gruppenträger übernehmen und so einen Ausgleich der steuerlichen Ergebnisse der beiden inländischen Tochtergesellschaften ermöglichen. Das Finanzamt wies die Beschwerde jedoch als unbegründet ab. Der Behörde zufolge sei die bisherige EuGH-Rsp zur Schwesterngruppe mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar und weiters sei eine horizontale Ergebniszurechnung gesetzlich nicht vorgesehen, sodass hier keine Ungleichbehandlung vorliege und ein rein inländischer Sachverhalt dementsprechend nicht anders behandelt werden würde. 

 

Entscheidung des BFG

 

Das BFG beschäftigte sich mit der Frage, ob das vorgesehene Erfordernis einer inländischen Zweigniederlassung gegen die unionsrechtlich gewährte Niederlassungsfreiheit verstößt. Mit Verweis auf vom EuGH zu ähnlichen Fällen ergangenen Entscheidungen (bspw EuGH 14.5.2020, C-749/18) hat das BFG erkannt, dass das in § 9 Abs 3 KStG statuierte Kriterium der inländischen Zweigniederlassung eine ungerechtfertigte Unterscheidung zwischen gebietsansässigen und -fremden Muttergesellschaften bewirkt. Die gesetzliche Einschränkung stellt damit eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit dar und hat in weiterer Folge für die Herstellung eines unionrechtskonformen Zustandes unangewendet zu bleiben.

 

Das BFG hat den unionsrechtlichen Entscheidungen des EuGH folgend im vorliegenden Fall damit erstmals auch bestätigt, dass ein horizontaler Ergebnisausgleich zwischen Tochtergesellschaften zuzuerkennen ist. Somit wird ein horizontaler Ergebnisausgleich zwischen Schwestergesellschaften in Österreich ermöglicht, obwohl die inländische Rechtsordnung einen solchen (noch) nicht kennt. Aus praktischen Gründen und um DBA-rechtliche Probleme zu vermeiden, ist allerdings eine inländische Gesellschaft zu bestimmen, die die steuerliche Funktion des Gruppenträgers übernimmt. Mangels entsprechender höchstgerichtlicher Judikatur wurde die ordentliche Revision an den VwGH zugelassen. Zwischenzeitig wurde auch bereits Amtsbeschwerde erhoben.

 

Fazit

 

Das BFG stellt mit dem ergangenen Erkenntnis fest, dass die Bildung einer Unternehmensgruppe gemäߧ 9 KStG auch mit einer ausländischen Muttergesellschaft und inländischen Tochtergesellschaften zulässig ist, wenn die Mutter keine Zweigniederlassung im Inland hat. Auch in einer solchen Konstellation ist daher ein horizontaler Ergebnisausgleich der inländischen Tochtergesellschaften möglich. Wie der VwGH in dieser Sache final entscheidet, bleibt abzuwarten.

 

 

 

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Christoph Tikale LL.B. (WU)

Christoph Tikale LL.B. (WU)

Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Christoph Tikale ist als Consultant bei Deloitte Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der steuerlichen Beratung von nationalen und internationalen Unternehmen und Konzernen in den Bereichen Tax Compliance, Tax Structuring und M&A mit Fokus auf Tax Due Diligence und steuerliche Restrukturierung.

Claudia Milisits, LL.M. (WU)

Claudia Milisits, LL.M. (WU)

Senior Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Claudia Milisits ist Senior Manager bei Deloitte in Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Beratung von nationalen und internationalen Unternehmensgruppen und Konzernen in den Bereichen Tax Compliance, Tax Structuring und M&A mit Fokus auf Tax Due Diligence und steuerliche Restrukturierung.