Mit „Cloud Computing“ werden ohnehin bereits bestehenden Herausforderungen bei der Ermittlung eines fremdüblichen Preises für viele konzerninterne Transaktionen in der heutigen globalen Wirtschaft noch herausfordernder.
Der Begriff „Cloud Computing“ umschreibt die Speicherung von Daten in einem Rechenzentrum sowie Bereitstellung von Programmen und Software, die nicht auf den Computern der Nutzer:in installiert sind. In diesem Bereich können die folgenden Leistungen angeboten werden:
Zu den Schwierigkeiten, mit denen multinationale Unternehmen bei der Ermittlung des fremdüblichen Preises für Cloud Computing Leistungen konfrontiert sind, gehört in erster Linie die Abgrenzung, ob es sich hierbei um die zur Verfügungstellung von immateriellen Werten, die Erbringung von Dienstleistungen oder um integrierte Vorgänge, welche Elemente beider Transaktionsarten aufweisen, handelt.
Daher empfiehlt sich zunächst die jeweiligen Werttreiber zu identifizieren und den Transaktionsparteien zuzuordnen. Basierend auf einer umfassenden Funktions- und Risikoanalyse kann dann in weiterer Folge die am besten geeignete Verrechnungspreismethode ausgewählt und angewendet werden.
Für Dienstleistungselemente ist im nächsten Schritt zu beurteilen, ob es sich dabei um low value adding services iSd OECD Verrechnungspreisrichtlinien handelt, wofür vereinfachte Methoden zur Bepreisung und Dokumentation vorgesehen sind oder doch eher um high value adding services, welche wohl typischerweise eine höhere Vergütung verlangen. Auch hier kann eine Aufteilung erforderlich sein, sofern Transaktionen Elemente beider Arten von Dienstleistungen enthalten.
Für die Verwendung von zur Verfügung gestellten immateriellen Werten, wie zB Software Applikationen hingegen ist zu analysieren, ob diese etwa mittels Lizenzzahlungen zu vergüten sind.
Zusätzlich zu den Verrechnungspreisaspekten des Cloud Computing ist auch die Behandlung solcher Leistungen aus Sicht des internationalen Steuerrechts und vor allem hinsichtlich der Pflicht zur Einbehaltung von Quellensteuer herausfordernd.
Aus DBA-rechtlicher Sicht könnten die Vergütungen iZm „Software as a Service“ bzw. „Cloud-Computing“ entweder Art 7 OECD MA (Unternehmensgewinne) oder Art 12 OECD MA (Lizenzgebühren) zugeordnet werden. Laut OECD Musterkommentar wird die Übertragung von umfassenden Urheberrechten bzw. Teilrechten an der Software zur wirtschaftliche Weiterverwertung, Weiterentwicklung und Vervielfältigung zu einer Einordnung als Lizenzgebühr iSd Art 12 OECD MA führen. Der Transfer einer Kopie des urheberrechtlich geschützten Programms für Zwecke der Nutzung der angebotenen Funktionalitäten auf der eigenen Festplatte ohne Einräumung eines Werknutzungsrechts bewirkt hingegen nach Ansicht der OECD die Qualifikation der Umsätze als gewerbliche Einkünfte iSd Art 7 OECD MA, wofür keine Quellensteuern anfallen sollten.
In der Regel werden sowohl beim einmaligen Herunterladen von Software gegen Einmalzahlung als auch bei Software-Abonnementdiensten und der Nutzung von Online-Datenbanken gegen ein regelmäßiges, zB monatliches Entgelt keine gewerblichen Immaterialgüterrechte übertragen bzw deren Verwertung gestattet. Dem:der Nutzer:in bzw Erwerber:in wird nur das Recht eingeräumt, die Software oder Inhalte zeitlich (un-) begrenzt und bestimmungsgemäß zu nutzen, die gewerbliche Verwertung oder Vervielfältigung wird hingegen nicht gestattet. Einkünfte in diesem Zusammenhang – hierunter lassen sich üblicherweise Einkünfte aus Cloud Computing subsummieren – sind daher nach Ansicht der OECD abkommensrechtlich als Unternehmensgewinne und nicht als Lizenzgebühren zu qualifizieren und unterliegen daher keiner Quellenbesteuerung.
Eine beträchtliche Anzahl an ausländischen Finanzverwaltungen beurteilt Sachverhalte in Zusammenhang mit Cloud Computing allerdings nicht im Einklang mit dem OECD Musterkommentar und lehnt eine Qualifikation der Einkünfte als Unternehmensgewinne iSd Art 7 OECD MA bzw des jeweiligen DBA ab und qualifiziert die Einkünfte als Lizenzeinkünfte. Dies kann insbesondere bei unterschiedlicher Interpretation der beteiligten Finanzverwaltungen zur Doppelbesteuerung führen, da in einem Land Quellensteuern einbehalten werden, welche im anderen Land nicht als anrechenbar angesehen werden.
Vor kurzem hat die österreichische Finanzverwaltung das EAS 3436 veröffentlicht, aus welchem ebenfalls hervorgeht, dass die unterschiedliche Qualifizierung der Einkünfte aufgrund abweichender Interpretationen von DBAs zu Besteuerungskonflikten führen kann, die nicht ohne weiteres auf nationaler Ebene zu lösen sind. Im Fall einer abweichenden Interpretation im Quellenstaat würde daher die österreichische Finanzverwaltung nicht automatisch von der eigenen Interpretation abweichen und diese Quellensteuern anrechnen, um einen Besteuerungskonflikt zu vermeiden. Ein derartiger Besteuerungskonflikt wäre daher wohl nur im Zuge eines Verständigungsverfahrens zu lösen.
Die Herausforderungen aus Verrechnungspreissicht lassen sich anhand sorgfältiger Analyse und sachgerechter Abgrenzung der Transaktion auf Ebene des Dienstleistungserbringers bewältigen. Die Behandlung der Quellensteuerthematik erfordert jedoch meistens Abstimmung und Beurteilung des Sachverhalts aus lokaler Perspektive. Im Hinblick auf das internationale Steuerrecht kann zusätzlich die Begründung von Dienstleistungsbetriebstätten bzw Serverbetriebstätte je nach Gestaltung des Geschäftsmodels im Einzelfall noch zusätzliche Komplexität in den Sachverhalt bringen.
Sabina Panekova ist in der Steuerberatung im Transfer Pricing Team bei Deloitte Wien beschäftigt. Als Teil des Verrechnungspreis Teams unterstützt sie in der Beratung von multinational agierenden Unternehmen. Ihre Tätigkeiten umfassen die Erstellung von Verrechnungspreisdokumentationen und der Beantwortung verrechnungspreisspezifischer Fragestellungen.
Daniel Gloser ist seit 2017 Berufsanwärter in der Steuerberatung bei Deloitte. Als Teil des Verrechnungspreis Teams unterstützt er in der Beratung von multinational agierenden österreichischen Unternehmen und österreichischen Geschäftseinheiten ausländischer Unternehmensgruppen. Der Tätigkeitsumfang reicht hierbei von der Erstellung über die Dokumentation bis hin zur Verteidigung von Verrechnungspreissystemen in Außenprüfungen.