Posted: 13 Sep. 2022 4 min. read

Einführung einer Umsatzsteuerverzinsung in der BAO

Überblick

 

Mit 19.7.2022 wurde das Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Bisher sah die Bundesabgabenordnung (BAO) keine eigenständige Verzinsungsregelung für den Bereich der Umsatzsteuer vor. Um unionsrechtlichen Vorgaben zu entsprechen, werden nunmehr in der BAO Umsatzsteuerzinsen gutgeschrieben oder angelastet. Diese sollen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz liegen.

 

Anlassfall

 

Im Urteil vom 12.5.2021 (Rs C-844/19, TechnoRent International) hat der EuGH ausgesprochen, dass eine Verzinsung von Umsatzsteuerforderungen vor allem unter dem Aspekt der Wahrung des unionsrechtlichen Grundsatzes der steuerlichen Neutralität geboten ist. Das nationale Recht sei derartig anzuwenden, dass kein dem Unionsrecht widersprechendes Ergebnis erzielt wird. Mit der Neuregelung des § 205c BAO schafft das AbgÄG 2022 nunmehr die Umsetzung der EuGH-Judikatur. Dadurch soll eine neue, nur für die Umsatzsteuer geltende Verzinsungsregelung geschaffen werden, die den im EuGH-Urteil postulierten Voraussetzungen entspricht.

 

Umsatzsteuerzinsen

 

Die neuen Regelungen sehen vor, dass Gutschriften ab dem 91. Tag nach Einlangen einer Umsatzsteuervoranmeldung bis zur Verbuchung des Überschusses auf dem Abgabenkonto bzw wegen einer Abgabenfestsetzung (bei Geltendmachung des Überschusses) bis zur Bekanntgabe des Bescheides bzw Erkenntnisses zu verzinsen sind. Im Falle von Gutschriften aufgrund einer Abgabenfestsetzung infolge einer Umsatzsteuerjahreserklärung (bei Geltendmachung des Überschusses) sind diese ab dem 91. Tag nach Einlangen der Jahreserklärung bis zur Bekanntgabe des Bescheides bzw Erkenntnisses zu verzinsen. Voraussetzung ist jedoch immer, dass in der entsprechenden Voranmeldung oder Jahreserklärung die betreffende Gutschrift auch geltend gemacht wurde.

 

Im Falle von Nachforderungen besteht ebenso eine Verzinsung ab dem 91. Tag nach Fälligkeit bis zum Einlangen der Voranmeldung. Bei Nachforderungen aufgrund einer Abgabenfestsetzung beginnt auch hier die Verzinsung mit dem 91. Tag nach der Fälligkeit der Vorauszahlung bis zur Bekanntgabe des Bescheides bzw Erkenntnisses.

 

Nachforderungen, welche aus dem Umsatzsteuerjahresbescheid resultieren, sind ebenfalls zu verzinsen, wobei hier stets an den 1.10. des Folgejahres angeknüpft wird. Ebenso sind Unterschiedsbeträge infolge einer nachträglichen Bescheidänderung (bspw einer Aufhebung gemäß § 299 BAO, einer Wiederaufnahme nach § 303 BAO oder auch einer Beschwerdeerledigung) ab 1.10. des Folgejahres zu verzinsen.

 

Die Umsatzsteuerzinsen betragen pro Jahr 2 % über dem Basiszinssatz. Umsatzsteuerzinsen, die den Betrag von EUR 50 nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Mit Mitteilung des BMF vom 26.7.2022, 2022-0.532.959, BMF-AV Nr. 97/2022 wurde der aktuelle Basiszinssatz iHv -0,12 % p.a. bekanntgegeben, weshalb der aktuelle Zinssatz (wirksam ab 27.7.2022) 1,88 % beträgt.

 

Die Umsatzsteuerverzinsung soll gemäß § 323 Abs 75 BAO grundsätzlich mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten, wobei die Neuregelung im Falle von Gutschriften aus Voranmeldungen oder eines Festsetzungsbescheides auf alle offenen Verfahren anzuwenden sein soll. Bei Nachforderungen sollen die Neuregelungen erstmals auf jene Fälle anzuwenden sein, in welchen der Fälligkeitstag nach dem Inkrafttreten der Bestimmung liegt. Bei Nachforderungen aufgrund eines Umsatzsteuerjahresbescheides sind diese erstmalig für Bescheide betreffend das Jahr 2022 anzuwenden.

 

Fazit

 

Es ist durchaus begrüßenswert, dass nunmehr eine eigenständige Verzinsungsregelung geschaffen und damit die bisherige Regelungslücke im Bereich der Umsatzsteuer geschlossen wurde. Aufgrund der unterschiedlichen Verzinsungsregelungen, die sowohl für Gutschriften als auch für Nachforderungen gelten, sind die neuen Bestimmungen jedoch im Detail zu beachten. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass sich die Neuregelung des § 205c BAO nunmehr auch zulasten des Abgabepflichtigen auswirken kann, zumal ebenso eine Verzinsung von Umsatzsteuernachzahlungen (zugunsten der Finanzverwaltung) vorgesehen ist. 

 

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Mag. Robert Rzeszut

Mag. Robert Rzeszut

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Mag. Robert Rzeszut ist Steuerberater und Partner im Bereich Tax Litigation bei Deloitte Österreich in Wien. Er ist Experte für Abgaben-Verfahrensrecht und führt insbesondere komplizierte und umfangreiche Beschwerden und Revisionen an die Verwaltungsgerichte, an Höchstgerichte sowie internationale Verständigungsverfahren. Als zertifizierter Finanzstrafrechtsexperte ist er überdies auf Selbstanzeigen und finanzstrafrechtliche Verteidigung spezialisiert.Als stv. Leiter der Arbeitsgruppe Verfahrensrecht im Fachsenat für Steuer- und Sozialrecht der Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (KSW) ist Mag. Rzeszut bestens mit akteullen Entwicklungen in seinen Spezialgebieten betraut. Darüber hinaus ist Mag. Rzeszut Herausgeber des KSW-Leitfadens für Betriebsprüfungen sowie des großen „Stoll“-Kommentars zur Bundesabgabenordnung (BAO). Weiters ist Mag. Rzeszut Autor zahlreicher Fachpublikationen im Steuerrecht und als Fachvortragender tätig. Als solcher leitet er den renommierten Lehrgang zum Verfahrensrecht auf der Akademie der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen.

Victoria Turpin, LL.M. (Maastricht)

Victoria Turpin, LL.M. (Maastricht)

Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Victoria Turpin ist Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Abgabenverfahrensrecht, Rechtsmittelverfahren und Finanzstrafrecht.