Posted: 21 Apr. 2022 5 min. read

Aktueller Stand der EU-Sanktionen gegen Russland sowie Erleichterungen bei der Lieferung von Hilfsgütern in die Ukraine

Überblick

Die EU hat aufgrund des Angriffs Russlands auf die Ukraine verschiedene Sanktionsmaßnahmen beschlossen, die teilweise auch den Warenverkehr zwischen der EU und Russland betreffen. Anfang April hat die EU das 5. Sanktionspaket erlassen.

Exportverbote

Im Zuge der Einnahme der Krim durch Russland hat die EU 2014 einige Sanktionen verfügt, die mit dem erneuten Angriff sukzessive erweitert wurden. Bereits seit 2014 gilt ein Militärgüterembargo, wonach sowohl der Export von Militärgütern nach Russland als auch der Import von Militärgütern aus Russland verboten ist. Weiters ist der Export jeglicher Waren genehmigungspflichtig, sofern der Ausführer weiß, dass die Waren in Russland militärisch verwendet werden. Auch der Export von diversen Technologie-Gütern und Gütern, welche zur Ölförderung oder Raffination verwendet werden, ist verboten. Weiters wurde die Ausfuhr von Luxusgütern nach Russland verboten. Generell gilt das Exportverbot für Luxusgüter, deren Wert EUR 300 pro Stück übersteigt. Als Luxusgüter gelten beispielweise folgende Waren: Kaviar, Champagner, Mäntel, Perlen, Diamanten, Silberbestecke, diverse Elektrogeräte, Fahrzeuge im Wert von mehr als EUR 50.000 pro Stück, Uhren und Musikinstrumente.

Importverbote

Auch einfuhrseitig hat die EU Importverbote für diverse Güter erlassen. Seit Mitte März 2022 ist die Einfuhr von gelisteten Eisen- und Stahlerzeugnissen sowie Holz in die EU untersagt. Verboten ist weiters unter anderem die Einfuhr von Kohle und anderen festen fossilen Brennstoffen, Düngemitteln, Zement, Silber, Meeresfrüchten, Spirituosen sowie Kaviar. Für Verträge, die vor dem 9.4.2022 abgeschlossen wurden, gilt dieses Verbot bis zum 10.7.2022 (bei Kohle bis zum 10.8.2022) nicht.

Am 4.5.2022 hat die EU-Kommission das 6. Sanktionspaket gegen Russland vorgestellt, welches ein Ölembargo beinhaltet. Für russische Rohölimporte gibt es eine Übergangsfrist von sechs Monaten, für russische raffinierte Erzeugnisse gibt es eine Übergangsfrist bis Jahresende. Ob es für manche EU-Länder wie Ungarn oder die Slowakei längere Übergangsfristen gibt steht noch nicht fest.

Beschränkungen im Gütertransport

In Russland niedergelassene Verkehrsunternehmen dürfen in der EU keine Beförderungsleistungen mehr erbringen. Ausnahmen hiervon gibt es nur, sofern der Transport mit dem Kauf oder der Einfuhr von Erdgas, Erdöl sowie diversen Metallen verbunden ist.

Entzug der WTO Meistbegünstigungsklausel

Mitglieder der WTO dürfen nicht zwischen ihren Handelspartnern diskriminieren. Gewährt die EU beispielsweise einem Land einen niedrigeren Zollsatz für eine Ware, muss dieser niedrigere Zollsatz auch für alle anderen WTO Mitgliedsländer gelten. Dies ist als Meistbegünstigung (most favoured nation - MFN clause) bekannt. Die EU hat in Zusammenarbeit mit den G7 Ländern und einigen anderen Ländern (Albanien, Australien, Island, Südkorea, Moldawien, Montenegro, Neuseeland, Nordmazedonien und Norwegen) beschlossen, Russland ab dem 15.3.2022 nicht mehr den Status der Meistbegünstigung zu gewähren. Für Importe aus Russland in die EU fällt somit ein höherer Zollsatz an, was die Wettbewerbssituation für Russland schwächt. Wie hoch die Zollsätze sind und welche Waren hiervon betroffen sein werden, hat die EU noch nicht beschlossen. Als Richtwert kann hier unter Umständen Kanada herangezogen werden. Kanada hat angekündigt, auf alle Importe aus Russland einen Zollsatz von 35 % anzuwenden.

Vereinfachung bei der Lieferung von Hilfsgütern in die Ukraine

Zollrechtlich gibt es grundsätzlich keine Erleichterungen bei der Ausfuhr von Hilfsgütern: Exporte die einen Wert von EUR 1.000 oder 1.000 kg nicht überschreiten, können bei der Ausgangszollstelle (Zollstelle, bei der die Waren die EU verlässt) mündlich zur Ausfuhr angemeldet werden. Alle Exporte mit einem Wert von über EUR 1.000 oder 1.000 kg müssen elektronisch vorab beim Zoll angemeldet werden. Für Hilfslieferungen in die Ukraine hat die EU allerdings Vereinfachungen beschlossen: nicht kommerzielle Hilfslieferungen auch über EUR 1.000/1.000 kg können direkt an der Ausgangszollstelle (zB Flughafen Wien) mündlich zur Ausfuhr angemeldet werden. Eine Aufstellung über die Waren der Hilfslieferungen ist vorzulegen.

Fazit

Es obliegt dem Unternehmen, die Betroffenheit von Sanktionen zu überprüfen und einzuhalten. Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen mit Russland haben, sollten deshalb regelmäßig den aktuellen Stand der EU-Sanktionen gegen Russland überprüfen. Durch die volatile Situation ist es schwierig, Einschätzungen über weitere Sanktionsmaßnahmen zu treffen. Aufgrund der unverminderten Angriffe Russlands schließt die EU weitere Sanktionsmaßnahmen, wie zB im Energiebereich, nicht aus. Zusätzlich zum Ölembargo wird auch ein Gasembargo diskutiert. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickelt.

 

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Barbara Anzinger

Barbara Anzinger

Senior Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Barbara Anzinger ist Senior Managerin im Bereich Indirect Tax/Global Trade Advisory bei Deloitte in Wien. Als Zollrechtsexpertin verfügt sie über mehrjährige Erfahrung bei der Beratung von vorwiegend nationalen Unternehmen mit grenzüberschreitenden Handelsaktivitäten sowie multinationale Unternehmensgruppen. Ihre fachlichen Schwerpunkte liegen im europäischen Zollrecht, auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern sowie der Intervention in Betriebsprüfungs- und Rechtsmittelverfahren.

Mag. Christian Bürgler

Mag. Christian Bürgler

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Mag. Christian Bürgler ist Partner in der Steuerberatung bei Deloitte in Wien. Als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer berät er Privatstiftungen und Unternehmen im Bereich indirekte Steuern (Umsatzsteuer, Zollrecht) sowie M&A auf internationaler und nationaler Ebene.